Diepenau (Niedersachsen)

Lage Orte Kreis Nienburg Niedersachsen.png Karte SG Uchte-Diepenau.svg Der Flecken Diepenau mit derzeit ca. 4.000 Einwohnern liegt im Süden des Landkreises Nienburg an der Landesgrenze zu Nordrhein-Westfalen (Kreis Minden-Lübbecke) - wenige Kilometer nördlich von Minden; Diepenau gehört mit seinen fünf Ortsteilen zur Samtgemeinde Uchte (hist. Karte der 'Landdrostei Hannover', aus: wikiwand.com/de/Landdrostei_Hannover  und  Kartenskizzen 'Samtgemeinde Uchte/Krs. Nienburg', K. 2015, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 4.0).

 

In der Ortschaft Diepenau lassen sich zwei jüdische Familien in den 1780er Jahren nachweisen; im Nachbarort Lavelsloh waren zur gleichen Zeit drei Familien mosaischen Glaubens ansässig. Ihren schmalen Lebensunterhalt bestritten sie vom Schlachtgewerbe und Kleinhandel, zudem betrieben sie eine kleine Landwirtschaft.

In den 1840er Jahren wurde der Synagogenbezirk Diepenau gegründet, dem neben Lavelsloh auch die Ortschaften Uchte, Stüriede und Warmsen angegliedert waren. Innerhalb der Gemeinde kam es immer wieder zu „Zank, Zwietracht, Haß, Neid, Intrigen und Ränken aller Art“, die das Gemeindeleben erheblich beeinträchtigten. Gottesdienstliche Zusammenkünfte fanden bis Anfang der 1840er Jahre in einem Hause in Lavelsloh statt; als sich dieses als baufällig erwies, wechselte man kurzzeitig in ein Gebäude nach Diepenau. Wenige Jahre später erwarb die kleine Gemeinde ein Gartengrundstück, und nach dem Vorliegen einer Baugenehmigung seitens der Landdrostei erbaute man hier ein Synagogengebäude, dessen Einweihung vom Landrabbiner Meyer vorgenommen wurde. Die Finanzierung des Baues belastete die Gemeindeangehörigen stark, zumal durch den Wegzug mehrerer Familien die Verschuldung nicht abgebaut werden konnte.

Der Besuch der Synagoge in Diepenau entsprach nicht den Erwartungen des Gemeindevorstandes, da die Juden Uchtes und Warmsens den weiten Weg nach Diepenau scheuten und deshalb den Betsaal in Uchte aufsuchten.

Zeitweilig hatte die kleine Gemeinde – wenn es finanziell möglich war - auch einen Lehrer angestellt, der den wenigen Kindern Religionsunterricht erteilte; zudem übte er auch das Amt des Schächters aus.

Auf einem kleinen Begräbnisgelände in Lavelsloh wurden seit Ende des 18./Beginn des 19.Jahrhunderts verstorbene Gemeindemitglieder beerdigt; für die angeschlossenen Orte Uchte und Warmsen stand ein eigener Friedhof in Hamme zur Verfügung.

Juden in Diepenau:

    --- 1846 .......................   7 jüdische Familien,*        * mit Lavelsloh

    --- 1852 .......................  82 Juden,*

    --- 1863 .......................  17 jüdische Familien,**       ** incl. Uchte u. Warmsen

    --- 1896 .......................   3     “       “    ,***      *** in Lavelsloh

    --- 1913 .......................   2     “       “    ,

    --- 1925 .......................   8 Juden (davon 7 in Laversloh),

    --- 1932 .......................   4   " .

Angaben aus: N.Kratachwill-Gertich (Bearb.), Diepenau, in: H. Obenaus (Hrg.), Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen .., Bd. 1. S. 464

 

Auf Grund der sinkenden Zahl der Gemeindeangehörigen und der weiterhin bestehenden Verschuldung der Gemeinde versuchte man in den 1890er Jahren das inzwischen baufällig gewordene Synagogengebäude zu verkaufen - vermutlich ohne Erfolg (?).

Um 1910 wohnten nur noch zwei Familien mosaischen Glaubens in Lavelsloh. Im August 1938 verließen mit der Familie Samenfeld die letzten jüdischen Bewohner den Ort.

Den Deportationen in der NS-Zeit fielen auch einzelne Angehörige der ehemaligen jüdischen Gemeinde Diepenau zum Opfer.

Auf dem jüdischen Friedhof in Lavelsloh - die letzte Beerdigung fand hier 1937 statt, zwei Jahre später wurde das Areal von den NS-Behörden geschlossen - sind noch ca. 30, zumeist schlicht gestaltete Grabsteine erhalten.

Jüdischer Friedhof Lavelsloh (Aufn. U. Knufinke, 2013, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 4.0)

 

 

In Uchte lebten um 1810 fünf jüdische Familien, die seit den 1830er Jahren auch über einen Betsaal verfügten. Gemeinsam mit den Juden aus Warmsen nutzten sie ein Friedhofsgelände in Hammer Dresch (Uchte). Seit 1882 besaßen die Juden Uchtes den Status einer Synagogengemeinde, der auch die jüdischen Bewohner in Warmsen, Meierhof und Stüriede angeschlossen wurden. Kurzzeitig bestand eine winzige Religionsschule.

In den 1920er Jahren gehörten der kleinen Gemeinde acht Familien mit ca. 30 Personen an. Ende der 1930er Jahre hatten die allermeisten jüdischen Bewohner ihren Wohnort verlassen.

Heute findet man auf dem versteckt liegenden Begräbnisareal (an der Hannoverschen Straße Richtung Stolzenau) noch ca. 30 - 35 Grabsteine, die aus der Zeit zwischen ca. 1850 und 1933 datieren; zudem befinden sich auf dem Gelände acht Steine, die hier begrabenen sowjetischen Kriegsgefangenen gewidmet sind. Jüngst wurde eine Informationstafel erstellt, die Auskunft zum Friedhof gibt.

Jüdischer Friedhof UchteJüdischer Friedhof Uchte (Aufn. aus: mittelweser-tourismus.de)

2015 wurden für Angehörige dreier, früher in Uchte lebender jüdischer Familien (Meyer, Scheurenberg u. Simon) insgesamt elf sog. „Stolpersteine“ verlegt; die messingfarbenen Gedenkquader befinden sich am Färberplatz, in der Mühlen- und Brinkstraße.

HIER WOHNTE

HERMANN MEYER

JG. 1873

„SCHUTZHAFT“ 1938

BUCHENWALD

DEPORTIERT 1942

THERESIENSTADT

ERMORDET 10.12.1943

HIER WOHNTE

EMMA MEYER

JG. 1878

DEPORTIERT 1942

THERESIENSTADT

ERMORDET 23.11.1942

HIER WOHNTE

ALFRED MEYER

JG. 1906

DEPORTIERT 1941

RIGA

1944 STUTTHOF

1944 BUCHENWALD

ERMORDET 21.08.1944

Aufn. aus: stolpersteine-guide.de

 

 

 

Weitere Informationen:

Samtgemeinde Uchte (Hrg.), 900 Jahre Warmsen – Eine Gemeinde in Wort und Bild, in: Schriftenreihe der Samtgemeinde Uchte 5, Warmsen 1996, S. 283 ff.

Nancy Kratochwill-Gertich (Bearb.), Diepenau, in: H. Obenaus (Hrg.), Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen und Bremen, Wallstein-Verlag, Göttingen 2005, Band 1, S. 464 – 468 

Nancy Kratochwill-Gertich (Bearb.), Uchte, in: H. Obenaus (Hrg.), Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen und Bremen, Wallstein-Verlag, Göttingen 2005, Band 2, S. 1482 – 1486

Ulrich Knufinke, Stätten jüdischer Kultur und Geschichte in den Landkreisen Diepholz und Nienburg, hrg. vom Landschaftsverband Weser-Hunte e.V, Nienburg 2012, S. 41 (Diepenau) und S. 57 (Uchte)

Elf Stolpersteine für Uchte, in: „Die Harke – Nienburger Zeitung von 1871“ vom 28.8.2015

Niedersächsisches Amt für Denkmalpflege (Red.), Jüdischer Friedhof Lavelsloh, online abrufbar unter: denkmalatlas.niedersachsen.de

Dörte Steenken-Krüger (Bearb.), Stolpersteine Uchte (mit Biografien der ehem. jüdischen Bewohner), in: stolpersteine-uchte.de (2015/2016)

Dörte Steenken-Krüger (Bearb.), Der jüdische Friedhof in Uchte, in: stolpersteine-uchte.de