Eubigheim (Baden-Württemberg)

Datei:Ahorn im Main-Tauber-Kreis.png (Unter)Eubigheim ist heute ein Teil der Samtgemeinde Ahorn im Main-Tauber-Kreis - wenige Kilometer westlich von Bad Mergentheim gelegen (Kartenskizze 'Main-Tauber-Kreis', F. Paul 2009, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0).

 

Wenige Jahrzehnte nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges lassen sich erstmals urkundliche Hinweise auf jüdisches Leben in Untereubigheim finden; eine Judengasse am Ort wurde bereits 1686 erwähnt. Die jüdischen Familien standen unter dem Schutz der adligen Herren von Rüdt, die ihnen gegen Zahlung eines Schutzgeldes und eines Wohnzinses Ansässigkeit und Obdach boten. Die Zahl der Gemeindeangehörigen blieb stets klein und erreichte zu keiner Zeit mehr als 100 Personen.

Gottesdienstliche Zusammenkünfte fanden lange Zeit in privaten Beträumen statt; um 1850 richtete die religiös-orthodox eingestellte Eubigheimer Kultusgemeinde in einem Haus in der Meisenstraße eine Synagoge - mit einer Frauenempore - ein; im Kellerraum war das rituelle Bad untergebracht. Im Synagogengebäude fand auch die kleine jüdische Religionsschule Platz.

                            Ehem. Synagogengebäude (Aufn. J. Hahn, um 1985)

   http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20198/Eubigheim%20Israelit%2030091902.jpg

Anzeigen aus der Zeitschrift „Der Israelit“ vom 9.6.1884 und vom 30.9.1902

Verstorbene Gemeindeangehörige wurden zunächst auf dem jüdischen Verbandsfriedhof in Bödigheim beerdigt; gegen Mitte des 19.Jahrhunderts stand dann ein eigenes Friedhofsgelände am Ortsrand Untereubigheims (im Gewann Vierzehnmorgen) zur Verfügung.

                                                       Alte Grabmale (Aufn. J. Hahn, um 1985)

Eubigheim gehörte seit 1827 zum Rabbinatsbezirk Merchingen.

Juden in (Unter)Eubigheim:

         --- 1722 ............................   4 jüdische Familien,

--- um 1750 .........................   8     “       “    ,

    --- 1808 ............................  53 Juden,

    --- 1825 ............................  58   “   (ca. 10% d. Bevölk.),

    --- 1843 ............................  67   “  ,

    --- 1875 ............................  76   “   (ca. 12% d. Bevölk.),

    --- 1885 ............................  93   “   (ca. 15% d. Bevölk.),

    --- 1900 ............................  54   “  ,

    --- 1925 ............................  34   “  ,

    --- 1933 ............................  28   “  ,

    --- 1938 (Dez.) .....................   2   “  ,

    --- 1939 (März) .....................   keine.

Angaben aus: Heimatbuch der Gemeinde Eubigheim, S. 174

und                 Die Juden in Tauberfranken 1933 - 1945 Quellen und didaktische Hinweise für die Hand des Lehrers, S. 19

 

Um 1850/1860 wanderten einige jüdische Familien nach Nordamerika ab; doch angesichts des Kinderreichtums der Familien stieg die Zahl der in Eubigheim lebenden Juden weiter an und erreichte in den 1880er Jahren ihren Höchststand; danach setzte aber ein steter Rückgang ein; viele Juden wanderten in deutsche Großstädte, nach Frankfurt/M. und Mannheim, ab.

Zu Beginn der NS-Zeit zählte die Eubigheimer Judenschaft nicht einmal mehr 30 Angehörige; damals gab es am Ort mehrere Viehhandlungen, ein Gasthaus und ein Handelsgeschäft mit landwirtschaftlichen Maschinen im jüdischen Besitz. Trotz antijüdischer Hetze blieben die Wirtschaftskontakte mit den Bauern der Region zunächst noch bestehen; doch ab 1935 wurde ihre wirtschaftliche Lage immer prekärer, sodass die allermeisten jüdischen Bewohner - auch auf Druck des NSDAP-Ortsgruppenleiters und des Bürgermeisters - das Dorf verließen; die meisten emigrierten in die USA. Damit war das Ende der Eubigheimer jüdischen Gemeinde besiegelt. Das Synagogengebäude war im Sommer 1938 an einen Landwirt verkauft, die Ritualien zuvor in die Synagoge nach Bödigheim gebracht worden; die sonstige Inneneinrichtung soll von Gemeindemitgliedern vor dem Verlassen des Dorfes verbrannt worden sein. Während des Novemberpogroms blieben Beschädigungen an jüdischem Eigentum aus, da zu diesem Zeitpunkt nur noch sehr wenige Bewohner im Dorfe lebten; ein jüdisches Ehepaar soll misshandelt und ihre Wohnungseinrichtung demoliert worden sein. Im Februar 1939 verließ das letzte jüdische Ehepaar sein Heimatdorf Eubigheim.

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des „Gedenkbuches – Opfer der Verfolgung der Juden ...wurden fünf aus Eubigheim stammende Juden Opfer der „Endlösung(namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/eubigheim_synagoge.htm).

 

Das ehemalige Synagogengebäude befindet sich heute in einem sehr guten baulichen Zustand; es dient seit Jahrzehnten Wohnzwecken.

                ehem. Synagogengebäude (Aufn. J. Hahn, 2003)

Auf dem ca. 400 m² großen jüdischen Friedhofsgelände in Untereubigheim sind heute noch ca. 40 Grabsteine vorhanden; der älteste datiert aus dem Jahre 1880.

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jüdischer Friedhof in Untereubigheim (Aufn. G. 2019, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 4.0)

http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%2032/Eubigheim%20Friedhof%20157.jpg  http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%2032/Eubigheim%20Friedhof%20158.jpg

Grabstein mit reicher Ornamentik und ein Kindergrab (Aufn. J. Hahn, 2003)

 

 

Weitere Informationen:

F.Hundsnurscher/G.Taddey, Die jüdischen Gemeinden in Baden - Denkmale, Geschichte, Schicksale, Hrg. Archivdirektion Stuttgart, Kohlhammer Verlag, Stuttgart 1968, S. 83/84

Willy Wertheimer, Zwischen zwei Welten. Der Förster von Brooklyn. Lebenserinnerungen des ehemaligen jüdischen Lehrers in Eubigheim und Buchen in Baden, Eigenverlag, 2.Aufl., 1980

Franz Gehrig, Eubigheim - Ortschronik aus dem Bauland, Eubigheim 1978, S. 175 - 179 (“Die Juden”)

Die Juden in Tauberfranken 1933 - 1945. Quellen und didaktische Hinweise für die Hand des Lehrers, Hrg. Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg, 1984

Joachim Hahn, Erinnerungen und Zeugnisse jüdischer Geschichte in Baden-Württemberg, Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1988, S. 330/331

Eubigheim, in: alemannia-judaica.de (mit einigen Dokumenten zur jüdischen Ortshistorie)

Joachim Hahn/Jürgen Krüger, “Hier ist nichts anderes als Gottes Haus ...” Synagogen in Baden-Württemberg, Teilband 2: Orte und Einrichtungen, Konrad Theiss Verlag GmbH, Stuttgart 2007, S. 9/10