Flonheim (Rheinland-Pfalz)

RheinhessenDatei:Verbandsgemeinden in AZ.svg Das derzeit ca. 2.800 Einwohner zählende Flonheim ist heute ein Teil der Verbandsgemeinde Alzey-Land - etwa zehn Kilometer nordwestlich von Alzey gelegen (Ausschnitt aus hist. Karte von 1905 ohne Eintrag von Flonheim, aus: wikipedia.org, gemeinfrei und Kartenskizze 'Landkreis Alzey-Worms', Hagar 2009, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0).

 

In der zur Kurpfalz gehörenden Ortschaft Flonheim wurden erstmalig im Jahre 1507 jüdische Einwohner erwähnt; in der Folgezeit hielten sich nur vereinzelt jüdische Familien in Flonheim auf; diese standen unter dem Schutz der Grafen von Salm.

Ab dem 18.Jahrhundert kann dann von einer kleinen Gemeinde gesprochen werden, die gegen Mitte des 19.Jahrhunderts mit immerhin mehr als 150 Angehörigen ihren numerischen Höhepunkt erreichte. Die Judenschaft verfügte seit den 1780er Jahren über eine Synagoge in der Langgasse/Ecke Drehergasse. In dieser Zeit hatte sich die wirtschaftliche Situation der Gemeindeangehörigen deutlich gebessert. Die seit dem 18.Jahrhundert im nahen Wendelsheim lebenden jüdischen Familien zählten bis um 1850 zur Flonheimer Gemeinde; danach schlossen sie sich mit den Familien aus Erbes-Büdesheim zusammen und bildeten eine eigene Gemeinde. Erbes-Büdesheim gehörte ursprünglich auch zur Flonheimer Gemeinde; ebenfalls waren die auch die wenigen jüdischen Bewohner von Bornheim und Uffhofen ihr angeschlossen. Jüdisches Leben endete in Bornheim bereits um 1865; in Uffhofen lebten dagegen bis Ende der 1920er Jahre noch einzelne Bewohner jüdischen Glaubens.

Für die religiöse Unterweisung der jüdischen Kinder stand ein seitens der Gemeinde angestellter Lehrer zur Verfügung, der auch als Vorbeter und Schächter fungierte.

http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20127/Flonheim%20Israelit%2008061892.jpg   

Anzeigen aus der Zeitschrift „Der Israelit“ vom 8.Juni 1892 und vom 16.Mai 1904

Auch ein eigenes, kleines Friedhofsareal stand seit ca. 1830 den verstorbenen Juden aus Flonheim im Gewann „Am Rothenpfad“ zur Verfügung; vermutlich hatte es zuvor bereits einen Begräbnisplatz gegeben, der ortsnäher lag.

Anm. Zudem gab es je einen Friedhof in Uffhofen und in Bornheim; letzterer war aber nach 1865 nicht mehr benutzt worden.

Die Kultusgemeinde Flonheim unterstand dem Rabbinat Alzey.

Juden in Flonheim:

    --- 1804/05 .....................  50 Juden,

    --- 1824 ........................  94   “  ,

    --- 1830 ........................ 103   “  ,

    --- 1851 .................... ca. 150   “  ,

    --- 1861 ........................ 110   “  (ca. 6% d. Bevölk.),

    --- 1880 ........................  80   “  ,

    --- 1900 ........................  49   “  ,

    --- 1905 ........................  59   “  (ca. 3% d. Bevölk.),

    --- 1910 ........................  65   “  ,

    --- 1933 ........................  51   “  (in 12 Familien),

    --- 1940 ........................  keine.

Angaben aus: Paul Arnsberg, Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn, Bd. 1, S.180

und                 Stefan Fischbach/Ingrid Westerhoff, Synagogen. Rheinland-Pfalz und Saarland, S. 150

 

Die um 1930 in Flonheim lebenden jüdischen Bewohner bestritten ihren Lebenserwerb vom Vieh- und Pferdehandel und vom Einzelhandel - es gab allein drei Metzger. Während der NS-Zeit emigrierten ca. 25 Personen in die USA, andere zogen in andere Städte, meist nach Mainz; gegen Kriegsbeginn lebten bereits keine Juden mehr am Ort.

http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20385/Flonheim%20KK%20MZ%20Althof%20Alfred.jpg http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20385/Flonheim%20KK%20MZ%20Althof%20Margot.jpg

J-Kennkarten von zwei Kindern, die in Flonheim gebürtig waren (ausgestellt 1939 in Mainz)

Bereits 1936 (!) wurde die Inneneinrichtung der hiesigen Synagoge durch Brandstiftung zerstört, Ritualien „verschwanden“. Eine provisorisch ersetzte Einrichtung wurde während des Novemberpogroms verwüstet; das Gebäude blieb aber erhalten. Es wurde nach Kriegsende an einen Bauern verkauft, der es für landwirtschaftliche Zwecke nutzte.

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden ..." wurden nachweislich 27 gebürtige bzw. längere Zeit in Flonheim wohnhaft gewesene jüdische Bürger Opfer der „Endlösung(namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/flonheim_synagoge.htm).

http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20127/Flonheim%20Synagoge%20111.jpg 

Ehem. Synagogengebäude wenige Jahre vor dem Abbruch (Aufn. um 1975, aus: alemannia-judaica.de)

Vom einstigen Synagogengebäude sind heute keine nennenswerten baulichen Überreste - außer dem Eingangsportal - mehr vorhanden; es wurde um 1980 abgetragen. Ein Hinweis auf das einstige jüdische Gotteshaus fehlt. 70 Jahre nach dem Novemberpogrom wurde im Hof des Gemeindehauses von Flonheim ein Denkmal zur Erinnerung an die jüdischen Bewohner, die in der Zeit der NS-Diktatur verfolgt, vertrieben, deportiert und ermordet wurden, eingeweiht. Auf einem metallenen Obelisk sind auch namentlich die NS-Opfer aufgeführt.

Der am südlichen Ortsrand inmitten von Weinbergen liegende jüdische Friedhof mit seinen ca. 60 Grabsteinen ist heute das einzige bauliche Relikt der jüdischen Kultusgemeinde von Flonheim.

http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%2059/Flonheim%20Friedhof%20108.jpghttp://www.alemannia-judaica.de/images/Images%2059/Flonheim%20Friedhof%20107.jpg

Eingangspforte und Ansicht des jüdischen Friedhofs in Flonheim (Aufn. J. Hahn, 2003)

 

 

In Uffhofen – die wenigen jüdischen Familien waren im 19.Jahrhundert der Flonheimer Gemeinde angehörend – ist heute noch das oberhalb der Ortschaft liegende ca. 500 m² große Begräbnisgelände inmitten der Weinberge (am Wendelsheimer Weg) existent, auf dem sieben Grabsteine - alle Angehörige der Familie Althoff - stehen.

Friedhof in Uffhofen (Aufn. aus: juedische-friedhoefe.info)

 

 

 

Die wenigen jüdischen Familien in Wendelsheim – die ersten sollen hier im 18.Jahrhundert ansässig gewesen sein – gehörten bis ca. 1850/1860 zur Flonheimer Synagogengemeinde; danach waren sie der Gemeinde von Erbes-Büdesheim zugehörig. In den 1920er Jahren lebten in Wendelsheim kaum noch zehn jüdische Bewohner. Seit der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts bestand am „Judenpfad“ an der Schlossgasse ein jüdischer Friedhof, auf dem heute nur noch wenige Grabsteine vorhanden sind.

http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%2059/Wendelsheim%20Friedhof%20101.jpghttp://www.alemannia-judaica.de/images/Images%2059/Wendelsheim%20Friedhof%20106.jpg Zwei Grabsteine (Aufn. J. Hahn, 2005)

vgl. dazu auch:  Wöllstein (Rheinland-Pfalz)

 

 

In Bornheim sind seit dem 16.Jahrhundert nur einzelne Juden nachgewiesen; erstmals wurde 1548 ein jüdischer Einwohner, Lemle zu Bornheim, am Ort genannt, der damals zwölf Gulden für seinen „Schutz“ zu bezahlen hatte; zwei Jahre später wurde er aus dem Amt Alzey ausgewiesen. Eine eigene Gemeinde gab es hier zu keiner Zeit; doch soll am Ort ein kleiner Friedhof bestanden haben. 1864 verstarb der letzte jüdische Bewohner des Dorfes. 

 

 

 

Weitere Informationen:

Paul Arnsberg, Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn, Societäts-Verlag, Frankfurt/M. 1971, Bd. 1, S. 180/181

Dieter Hoffmann, “ ... wir sind doch Deutsche” . Zu Geschichte und Schicksal der Landjuden in Rheinhessen, Hrg. Stadt Alzey, Alzey 1992, S. 41 u.a.

E.Elbert/Friedrich Gebhard/u.a., Flonheim und Uffhofen - Geschichte und Gegenwart im Wiesbachtal, Alzey 2001, S. 223 f.

Flonheim mit Uffhofen und Bornheim, in: alemannia-judaica.de (mit einigen Bild- u. Textdokumenten zur jüdischen Ortshistorie)

Der jüdische Friedhof Uffhofen, in: alemannia-judaica.de (mit diversen Aufnahmen)

Stefan Fischbach/Ingrid Westerhoff (Bearb.), “ ... und dies ist die Pforte des Himmels “. Synagogen. Rheinland-Pfalz Saarland, Hrg. Landesamt für Denkmalpflege, Mainz 2005, S. 150 - 152

Jüdischer Friedhof in Wendelsheim, in: alemannia-judaica.de (mit einigen Aufnahmen)