Friedeck-Mistek (Mähren)

500px-Landsberger-8-1.jpgDatei:Map CZ - district Frydek-Mistek.PNG – WikipediaDie nahe der Grenze zu Polen liegende Doppelstadt Friedeck-Mystek - ca. 20 Kilometer südlich von Mährisch Ostrau (Moravska Ostrawa) gelegen - ist das heutige tschech. Frýdek-Místek. Gebildet wurde die Doppelstadt 1943 durch die Fusion vom schlesischen Frýdku (dt. Friedecký) und mährischen Místku (dt. Friedberg); derzeit besitzt die Stadt etwa 57.000 Bewohner (Ausschnitt aus hist. Landkarten, aus: wikipedia.org, PD-alt-100  und  aus: wikitree.com  und  Kartenskizze 'Tschechien' mit Distrikt Frýdek-Místek farbig markiert, aus: wikipedia.org, gemeinfrei).

 

Erstmalige Erwähnung eines Juden ist hier im Jahre 1632 datiert. In den später zur Doppelkommune zusammengeschlossenen Städten Friedeck-Mistek siedelten sich seit der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts jüdische Familien an.

1863 wurde der Israelitische Kultusverein gegründet, der seinen Sitz in Mistek hatte und in dem Angehörige beider Städte vertreten waren. Die Vereinigung der beiden unabhängigen israelitischen Einzelgemeinden war 1890 vollzogen worden, nachdem beide jeweils mehr als 200 Angehörige zählten. Mit der Industrialisierung der Region waren auch jüdische Unternehmer in der Stadt aktiv geworden, die die hier entstehende Textilindustrie voranbrachten.

Mitte der 1860er Jahre gab es einen ersten gemeinsam genutzten Synagogenbau, der 1896 durch einen Neubau (oder Umbau ?) abgelöst wurde.

Synagoge u. jüdische Schule (Postkarte um 1910, aus: wikipedia.org, CCO)

Zu den gemeindlichen Einrichtungen zählte auch eine um 1865 ins Leben gerufene jüdische Schule, die unmittelbar neben dem Gotteshaus erbaut worden war.

                                      Jüdische Schule (Aufn. um 1940, aus: wikipedia.org, CCO)

Der Friedhof in Friedeck-Mistek wurde im Jahre 1882 - mit einem Tor im Jugendstil versehen - angelegt. Die letzten Begräbnisse fanden hier Anfang der 1950er Jahre statt.

Juden in Friedeck-Mistek:

          --- 1890 ............................   262 Juden,*      *   in Friedeck

             ............................   227   “  ,**     **  in Mistek

    --- 1930 ............................   468   “  ,

             ........................ ca. 1.000   “  ,***    *** im Distrikt

    --- 1940 ........................ ca.   300   “  .

Angaben aus: The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust (Vol. 1), S. 406

http://static0.akpool.de/images/cards/102/1020819.jpg Stadtansicht (hist. Postkarte um 1935/1940)

 

Der jüdischen Doppelgemeinde gehörten in den 1930er Jahren ca. 470 Personen an (im Distrikt waren es fast 1.000), die nach dem „Münchener Abkommen“ unter den hier stark vertretenen tschechischen Faschisten zu leiden hatten: es kam - trotz Einschreitens der Polizei - zu antisemitischen Demonstrationen und dem Boykott jüdischer Geschäfte. Nach der deutschen Okkupation fand auch hier die jüdische Gemeinde ein gewaltsames Ende. Am 16.Juni 1939 berichtete die in Reichenberg erscheinende „Die Zeit“:

Judentempel eingeäschert

Friedeck: In der letzten Nacht brach aus bisher unbekannter Ursache im Friedecker Tempel ein Feuer aus, das bald das ganze Gebäude umfasste. Das Innere und ein Teil des Gebäudes selbst sind den Flammen zum Opfer gefallen.

Angehörige der Gemeinde Friedeck-Mistek gehörten auch zu denjenigen, die - gemeinsam mit Ostrauer Juden - im Herbst 1939 nach Nisko deportiert worden waren.

[vgl. Mährisch-Ostrau (Mähren)]

Etwa 280 jüdische Bewohner wurden Mitte September 1942 ins Ghetto Theresienstadt verbracht; von hier wurden die meisten ins Vernichtungslager Treblinka abtransportiert und hier ermordet.


Jüdischer Friedhof Mistek - monumentale Grabstätten (Aufn. Daniel Baranek, 2011, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0)

Der jüdische Friedhof, der im Laufe der Jahrzehnte verwahrloste und von der Vegetation überwucherte, wurde 1999 und 2003 im Rahmen der „Aktion Sühnezeichen Friedensdienste“ wieder ins Bewusstsein der Gegenwart gebracht. Das ehemalige Taharahaus wird heute als Gebetsraum von den Adventisten genutzt.

 

 

 

In der Kleinstadt Jablunkau (tsch. Jablunkov, derzeit ca. 5.500 Einw.), unweit der polnischen Grenze in den Beskiden gelegen, ist erste jüdische Ansässigkeit in der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts nachweisbar. Eine Gemeinde bildete sich erst um 1900; diese setzte sich auch aus Angehörigen umliegender kleiner Ortschaften zusammen und zählte um 1900 ca. 200 Personen; um 1930 waren es nur noch ca. 60 Gemeindeangehörige. Zu den gemeindlichen Einrichtungen gehörte ein Friedhof, der um 1910 angelegt worden war. Wenige Grabsteine erinnern noch heute an das kleine jüdische Begräbnisareal.

  2019 Jewish cemetery Jablunkov.jpgJüdischer Friedhof in Jablunkov (Aufn. Q., 2019, aus: commons.wikimedia.org, CCO)

 

 

 

Weitere Informationen:

Jaromír Polášek, Ve stínu frýdecké synagogy, in: "Židé a Morava", 1997, S. 46 - 59

Jaromír Polášek, Frýdecká synagoga a její zánik v roce 1939, in: "Židé a Morava", 1998, S. 116 – 117

Jaromir Polášek, Im Schatten der Synagoge: Die Geschichte der Juden in Fýdecko-Místek. Didaktisches Material für die Primar- und Sekundarschulen, Mistek Beskiden Museum, 2000

The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust (Vol. 1), New York University Press, Washington Square, New York 2001, S. 406

Jiřina Polášková/Jaromír Polášek, Židovský hřbitov ve Frýdku, in: "Židé a Morava", Kroměříž 2005

Daniel Baranek, Die Geburt der jüdischen Religionsgemeinschaft und Frydek Mistek, in: Juden in Mähren XVII,Kroměříž Museum Kroměřížsko, 2011