Hirzenach (Rheinland-Pfalz)

Datei:Landkreis mayen.jpgDatei:Verbandsgemeinden in SIM.svg Die bis 1975 eigenständige kleine linksrheinische Kommune Hirzenach ist heute einer von zehn Ortsbezirken der verbandsfreien Stadt Boppard - etwa sechs Kilometer rheinaufwärts Boppards gelegen (Ausschnitt aus hist. Karte mit Boppard am rechten unteren Kartenrand, aus: wikipedia.org, gemeinfrei und Kartenskizze 'Rhein-Hunsrück-Kreis', Hagar 2009, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0).

Hirzenach 1833.jpg

Blick auf Hirzenach um 1835 (Abb. aus: commons.wikimedia.org, gemeinfrei)

 

Im Dorf Hirzenach gab es eine kleine israelitische Gemeinde, die in der Zeit ihres Bestehens aber nie mehr als 50 Angehörige aufweisen konnte. Ein allererster Hinweis auf einen Juden im Dorf stammt aus der zweiten Hälfte des 16.Jahrhunderts, als für Ober-Hirzenach ein jüdischer Glasermeister namentlich genannt ist. Eine Gemeinde bildete sich aber erst gegen Ende des 18./zu Beginn des 19.Jahrhunderts heraus.

Ab Mitte der 1850er Jahre besaß die Hirzenacher Judenschaft eine neue „stattliche“ Synagoge, die einen älteren Betsaal ablöste, der dem Bau der Rheintalbahn hatte weichen müssen. Das an der Hauptstraße (heute Rheinstraße) gelegene Gebäude wurde bis ins Jahr 1908 genutzt.   

Ob die kleine Gemeinde einen eigenen Lehrer/Vorbeter beschäftigte, ist nicht bekannt.

Verstorbene wurden auf dem Friedhof - zwischen Hirzenach und Holzfeld gelegen - begraben; dieses Areal war von zwei Hirzenacher Familien (Benedikt und Feist) erworben und um 1900 als Eigentum der jüdischen Gemeinde übertragen worden.

Juden in Hirzenach:

--- 1808 .......................  47 Juden,

--- 1827 .......................  50   “  ,

--- 1848 .......................  40   “  (in 10 Familien),

--- 1854 .......................  31   “  ,

--- 1930 .......................   2 jüdische Familien.

Angaben aus: Stefan Fischbach/Ingrid Westerhoff, „... und dies ist die Pforte des Himmels“. Synagogen. Rheinland-Pfalz und Saarland, S. 125

 

Durch Aus- und Abwanderung verringerte sich die Zahl der Gemeindemitglieder nach 1850 stetig. Auf Grund ihrer zurückgehenden Zahl wurde die Hirzenacher Kultusgemeinde spätestens Ende der 1880er Jahre als Filiale der Synagogengemeinde Oberwesel zugewiesen. Bis wenige Jahre vor dem Ersten Weltkrieg wurden in der Hirzenacher Synagoge Gottesdienste abgehalten; danach konnte die Gemeinde keinen Minjan mehr aufbringen. Das Synagogengebäude stand in der Folgezeit leer. 1930 wurde im "Israelitischen Familienblatt Hamburg" über den Zustand des Gebäudes berichtet: " ... Die zerfallende, fensterlose Synagoge, vor der inzwischen ein Baum wild wächst und auf deren Vorhof kniehoch Gras wuchert, ist vor einem Vierteljahr für 1.500 Reichsmark auf Abbruch verkauft worden ...". Fünf Jahre später berichtete die Zeitschrift „Der Israelit“ (Juni 1935) in einem kurzen Artikel:

                         https://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20193/Hirzenach%20Israelit%2020061935.jpg

Um 1930 lebten nur noch zwei jüdische Familien im Dorf.

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des „Gedenkbuches – Opfer der Verfolgung der Juden ...“ sind nachweislich zehn gebürtige Juden Hirzenachs  Opfer der „Endlösung“ geworden (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/hirzenach_synagoge.htm).

 

Der in der Gemarkung „Untern Budbach“ in Holzfeld versteckt mitten im Wald liegende jüdische Friedhof weist heute 15 Grabsteine auf.

Hirzenacher jüdischer Friedhof   -   halbversunkener Grabstein (Aufn. Romke Hoekstra, 2014, aus: wikimedia.org, CC BY-SA 4.0)

 

 

Weitere Informationen:

Karl-Josef Burkard/Hildburg-Helene Thill, Unter den Juden - Achthundert Jahre Juden in Boppard, Hrg. Geschichtsverein für Mittelrhein und Vorderhunsrück, Dausner-Verlag, Boppard 1996, S. 181 - 200

Christof Pies, Jüdisches Leben am Rhein - Hunsrück-Kreis, in: 100 Jahre Hunsrücker Geschichtsverein e.V. 1901 - 2001, No. 116 (Sondernummer), Jg. 41/2001, S. 380 – 395

Doris Spormann/Willi Wagner, Zur Geschichte der Juden in St. Goar, Werlau und Hirzenach, in: Jüdisches Leben im Rhein-Hunsrück-Kreis, Hrg. Hunsrücker Geschichtsverein, 2003

Christof Pies, Jüdisches Leben im Rhein-Hunsrück-Kreis, in: "Schriftenreihe des Hunsrücker Geschichtsvereins e.V.", No. 40/2003, S. 119 f.

Hirzenach, in: alemannia-judaica.de

Stefan Fischbach/Ingrid Westerhoff, „... und dies ist die Pforte des Himmels“. Synagogen. Rheinland-Pfalz und Saarland, Hrg. Landesamt für Denkmalpflege, Mainz 2005, S. 125/126

Franz Josef Knöchel, Jüdischer Friedhof zwischen Hirzenach und Holzfeld, online abrufbar unter: kuladig.de