Kusel (Rheinland-Pfalz)

Jüdische Gemeinde - Konken (Rheinland-Pfalz) Datei:Verbandsgemeinden in KUS.svg  Kusel (bis 1865 Cusel) ist mit derzeit ca. 5.500 Einwohnern eine kleine Kreisstadt im Nordpfälzer Bergland nordwestlich von Kaiserslautern (Ausschnitt aus hist. Karte, aus: europe1900.eu und Kartenskizze 'Landkreis Kusel', Hagar 2010, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0).

 

Zu welchem Zeitpunkt sich die ersten jüdischen Familien in Kusel niederließen, ist nicht bekannt. Dass sich aber bereits gegen Ende des 11.Jahrhunderts Juden im Ort aufgehalten bzw. hier gewohnt haben, geht aus der 1581 ausgefertigten Abschrift eines wesentlich älteren Memorbuches hervor. Als sicher gilt, dass sich jüdische Bewohner in Kusel während der Pestjahre gelebt haben.

In der nachreformatorischen Zeit unterbanden die regierenden Herzöge als strenge Lutheraner jede Ansiedlung von Juden; diese judenfeindliche Haltung milderte sich ab, als die Obrigkeit zum reformierten Glauben übertrat; doch blieb grundsätzlich eine gewisse Judenfeindschaft bestehen. Weitere schriftliche Belege über in Kusel ansässige Juden stammen erst wieder aus dem ausgehenden 18.Jahrhundert.Die jüdischen Familien, die sich im 18.Jahrhundert in der Region aufhielten, lebten in bescheidenen, wenn nicht ärmlichen Verhältnissen; sie waren kleine Handwerker und Handelsleute, die über die Dörfer zogen und dort ihre Geschäfte machten. Im 19.Jahrhundert nahm die Zahl der Kuseler Juden zu und erreichte um 1900 etwa 20 Familien; das lag allgemein am Wachstum der Kuseler Bevölkerung infolge der industriellen Entwicklung. Eine Reihe von Einzelhandelsgeschäften wurde von Juden gegründet; diese bestanden dann meist bis in die 1930er Jahre.

Ein eigener Synagogenbau existierte in Kusel zu keiner Zeit; es gab lediglich einen Betsaal in einem Gebäude im Ziegelgässchen, in dem an Feiertagen Gottesdienste abgehalten wurden. Um 1900 wurde ein Synagogenneubau geplant; allerdings konnte der Bau seitens der Gemeinde aber nicht finanziert werden, so dass man davon Abstand nehmen musste.

Religiös-rituelle Besorgungen nahm ein von der Gemeinde beauftragter Lehrer wahr.

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 Anzeigen in der Zeitschrift „Der Israelit“ vom 2.Sept.1915 und in der „Zeitschrift des Centralvereins“ vom 6.März 1924

Die verstorbenen Juden aus Kusel wurden auf dem jüdischen Friedhof bei Thallichtenberg beerdigt. Die dem Leichenzug angehörenden Frauen durften den Leichnam nur bis zur Diedelkopfer Brücke begleiten; denn nach jüdischem Ritus sollten Frauen bei Beerdigungen kein fließendes Wasser überqueren. Der ältere Teil des jüdischen Friedhofes wurde 1725 angelegt, ein neuerer Teil 1845. Auf dem Areal wurden auch Juden aus Altenglan, Baumholder, Haupersweiler, Herchweiler, Konken und Ulmet beerdigt. Der älteste der noch ca. 140 vorhandenen Grabsteine datiert aus dem Jahre 1747.

Friedhof in Thallichtenberg (Aufn. P. 2020, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 4.0)

Zur jüdischen Gemeinde gehörten 1854 auch die wenigen in Altenglau und Diedelkopf wohnenden jüdischen Personen, später dann auch die aus Eßweiler und Konken.   

Die Gemeinde zählte zum Bezirksrabbinat Kaiserslautern.

Juden in Kusel:

         --- 1776 ..........................  2 jüdische Familien,

    --- 1827 .......................... 13 Juden,

    --- 1848 .......................... 30   “ (in 7 Familien),

    --- um 1875 ....................... 30   “  ,

    --- um 1905 ....................... 20 jüdische Familien,

    --- 1924 ...................... ca. 65 Juden (ca. 2% d. Bevölk.),

    --- 1932/33 ................... ca. 60   “  ,

    --- 1936 .......................... 70   “  ,

    --- 1938 .......................... 54   “  ,

    --- 1940 ..........................  4   “  ,

             (Nov.) ...................  keine.

Angaben aus: Ernst Schworm, Kusel - Geschichte der Stadt

und                 Alfred Hans Kuby (Hrg.), Juden in der Provinz. Beiträge zur Geschichte ..., S. 149

             Ak Kusel Rheinl. Pfalz, Eisenbahnstraße, Hotel Pfälzer Hof v. R. Daubenschütz, Geschäft Moritz Weil 0 Geschäftsstraße in Kusel (hist. Aufn. aus: oldthing.de)

 

Zu Beginn der 1930er Jahre lebten in Kusel ca. 60 Bewohner israelitischen Glaubens. Neben vier Textilgeschäften in jüdischem Besitz gab es zu Beginn des Jahres 1938 noch etwa fünf weitere kleine Unternehmen.

Einen Tag später als in den meisten anderen Orten in Deutschland begannen in Kusel die „Aktionen“ der „Kristallnacht“: Geschäfte und Wohnungen der hier lebenden jüdischen Familien wurden verwüstet, ihr Betsaal im Ziegelgässchen demoliert. Männliche Juden wurden „in Schutzhaft“ genommen; Frauen und Kinder transportierte man anschließend in Richtung französische Grenze, um sie abzuschieben. Da jedoch Frankreich seine Grenze geschlossen hielt, wurden sie nach Mainz gebracht und anschließend wieder auf freien Fuß gesetzt; nur einige von ihnen kehrten nach Kusel zurück.

http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20387/Kusel%20KK%20MZ%20Steiner%20Arthur.jpg http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20387/Kusel%20KK%20MZ%20Loeser%20Jakob.jpg

zwei J-Kennkarten gebürtiger Kuseler Juden (ausgestellt 1939 in Mainz)

Im Oktober 1940 verschleppte man die in Kusel wohnenden Juden ins südfranzösische Gurs.

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem sollen 25 gebürtige bzw. länger in Kusel wohnhaft gewesene Personen jüdischen Glaubens der „Endlösung“ zum Opfer gefallen sein (namentliche Nennung der betreffenden Personen siehe: alemannia-judaica.de/kusel_synagoge.htm). Nur insgesamt elf Juden Kusels sollen die Kriegsjahre überlebt haben.

 

Die Synagoge in Kusel (Kreisstadt) Am Standort des Gebäudes, in dem sich der Betraum befand, steht seit Ende der 1990er Jahre eine Bronzeplastik des Kuseler Künstlers Stefan Engel als Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus (Aufn. J. Hahn, 2008).

In den Jahren 2006/2007 sind in den Straßen von Kusel 25 sog. „Stolpersteine“ verlegt worden, die an Opfer der NS-Gewaltherrschaft erinnern.

Die Stolpersteine der Familie Guthmann Die Stolpersteine für die Familie Oskar Mayer.

Die Stolpersteine für die Familie Borg. verlegt im Tuchrahmtreppchen und der Bahnhofstraße (Aufn. aus: stolpersteine-guide.de/map/biografie)

 

 

 

Im Dorfe Eßweiler (Kreis Kusel), heute zur Verbandsgemeinde Wolfstein gehörig, lebten bereits in der zweiten Hälfte des 17.Jahrhunderts einige jüdische Familien; die dortige Gemeinde setzte sich um 1845/1850 immerhin aus 20 Familien mit fast 100 Angehörigen zusammen. Eine Synagoge wurde erstmalig im Jahre 1789 erwähnt. Verstorbene Gemeindeangehörige wurden auf dem jüdischen Friedhof in Hinzweiler begraben. 1900 hielten sich nur noch 18 jüdische Bewohner im Dorf auf; wenige Jahre später löste sich die Gemeinde völlig auf; die wenigen im Dorfe verbliebenen Juden schlossen sich der Kultusgemeinde Kusel an. 1938 lebten noch zwei jüdische Familien in Eßweiler; ihr Eigentum würde während des Novemberpogroms durch auswärtige Nationalsozialisten demoliert. - Das um 1900/1910 profanierte Synagogengebäude ist als Wohnhaus erhalten geblieben, weist aber keinerlei Zeugnisse seiner früheren Nutzung auf. 

[vgl. Eßweiler (Rheinland-Pfalz)]

 

 

 

In Herchweiler im Ostertal - mitten durch das Dorf verlief die Grenze zwischen Rheinland-Pfalz und dem Saargebiet - waren seit der zweiten Hälfte des 18.Jahrhunderts Juden nachweisbar; sie lebten in einem eigenen Viertel, das damals zur Grafschaft von der Leyen gehörte. Ihren zahlenmäßigen Höchststand erreichte die Gemeinde in den 1860er Jahren mit ca. 65 Personen. Eine Synagoge soll hier seit 1790/1800 bestanden haben. Verstorbene wurden auf dem jüdischen Friedhof in Thallichtenberg begraben. Gegen Ende des 19.Jahrhunderts war die Zahl der Gemeindeangehörigen erheblich zurückgegangen; um 1895 lebten noch ca. 30 Personen im Ort. Um einen Minjan zusammenzubringen, suchten nach 1910 auch die Juden aus Konken die Herchweiler Synagoge auf. In den 1930er Jahren wurde das inzwischen baufällige Synagogengebäude abgerissen. 

[vgl. Herchweiler (Rheinland-Pfalz)]

 

 

 

Im Dorfe Hinzweiler, heute ein Ortsteil von Wolfstein, gab es im 19.Jahrhundert auch eine kleine jüdische Gemeinschaft, die um 1835 aus knapp 40 Angehörigen bestand; sie war der Gemeinde Eßweiler angeschlossen. Um 1875 lebten im Ort bereits keine Juden mehr. Der bereits um 1800 angelegte Friedhof - er war Begräbnisstätte für Verstorbene aus Aschbach, Bosenbach, Essweiler, Oberweiler im Tal und Lauterecken - war ab 1904 im Besitz der Gemeinde Essweiler, nach deren baldiger Auflösung (1906) ging er dann ins Eigentum der Gemeinde Kusel über. Die letzte Beerdigung erfolgte im Jahre 1922. In der NS-Zeit wurde der Friedhof weitgehend zerstört; ein Teil der wiederaufgefundenen ca. 55 Grabsteine wurde Anfang der 1970er Jahre in einer Doppelreihe aufgestellt.

Aufn. Dieter Hahn, 2007, in: wikipedia.org, CCO

                     

                Grabsteine auf dem jüdischen Friedhof Hinzweiler (Aufn. Ottmar Frühauf, 2011)

[vgl.  Konken (Rheinland-Pfalz)]

 

 

Nördlich der Ortschaft Gries - heute Teil der Verbandsgemeinde Oberes Glantal - gab es einen jüdischen Friedhof, der um 1700 angelegt und bis in die 1820er Jahre belegt wurde. Auf dem ca. 1.200 m² großen Areal, das Verstorbene aus Steinbach/Glan, Bettenhausen, Brücken, Börsborn, Haschbach und Waldmohr aufnahm, gibt es heute keine Grabsteine mehr. Nur der Flurname „Judengraben“ erinnert heute noch an dessen einstige Bestimmung.

 

 

 

Weitere Informationen:

Ernst Schworm, Kusel - Geschichte der Stadt, Hrg. Stadt Kusel, Kusel 1987, S. 369 - 374

Stephan Probst, Zur Geschichte der Juden im Landkreis Kusel, in: "Westrich-Kalender", Kusel 1988, S. 72 - 75

Alfred Hans Kuby (Hrg.), Juden in der Provinz. Beiträge zur Geschichte der Juden in der Pfalz zwischen Emanzipation und Vernichtung, Verlag Pfälzische Post, 2.Aufl., Neustadt a.d.W. 1989

Roland Paul, Die Verschleppung der Juden aus dem Landkreis Kusel vor 50 Jahren und das Schicksal der Deportierten, in: "Westrich-Kalender", Kusel 1991, S. 145 - 150

Stefan Fischbach/Ingrid Westerhoff (Bearb.), “ ... und dies ist die Pforte des Himmels “. Synagogen. Rheinland-Pfalz Saarland, Hrg. Landesamt für Denkmalpflege, Mainz 2005, S. 149 und S. 223

Otmar Weber, Die Synagogen in der Pfalz von 1800 bis heute. Unter besonderer Berücksichtigung der Synagogen in der Südwestpfalz, Hrg. Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Pfalz (Landau), Dahn 2005, S. 84/85 und S. 106

Bündnis gegen Rechtsextremismus (Hrg.), „ ... auf Lastwagen fortgeschafft.“ Die jüdischen Bürger in der Stadt Kusel, Kusel 2008 (als download abrufbar unter: stadt.kusel.de)

Kusel mit Orten der Umgebung, in: alemannia-judaica.de (mit einigen Dokumenten zur jüdischen Ortshistorie)

Die Synagoge in Kusel, online abrufbar unter: rozenbergquarterly.com/

Bernhard Kukatzki, Der jüdische Friedhof in Hinzweiler, hrg. von der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Landau, Landau/Pfalz 2008

Erinnern Sie sich noch mit uns an unsere jüdischen Mitbürger in Kusel - Begleitheft zur Erkundung der Stolpersteine in Kusel, hrg. von der Stadt Kusel, 2013

Auflistung der Stolpersteine in Kusel, online abrufbar unter: wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Kusel

Stolpersteine in Kusel – Stolperstein-Guide, online abrufbar unter: stolpersteine-guide.de/map/staedte/66/kusel (mit biografischen Daten und Bilddokumenten zu den betroffenen Personen/Familien)