Meckenheim (Nordrhein-Westfalen)

Jüdische Gemeinde - Brühl (Nordrhein-Westfalen)Datei:Meckenheim in SU.svg Meckenheim ist eine Stadt mit derzeit ca. 25.000 Einwohnern in der Voreifel im Rhein-Sieg-Kreis - etwa 20 Kilometer südwestlich von Bonn gelegen (Ausschnitt aus hist. Karte von 1905, aus: wikipedia.org, gemeinfrei und Kartenskizze 'Rhein-Sieg-Kreis', TUBS 2008, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0).

                               Stadt Meckenheim - Aus Meckenheims Geschichte Meckenheim im 17.Jahrhundert - Zeichnung (Abb. aus: meckenheim.de)

 

Schon Jahre bevor Meckenheim 1636 zur Stadt erhoben wurde, hielten sich hier einige jüdische Familien auf; ein erstes Zeugnis jüdischer Ansässigkeit stammt aus dem Jahre 1598. Die relativ dürftig vorhandenen schriftlichen Quellen über in Meckenheim lebende Juden geben meist nur Auskunft über Streitigkeiten mit dem christlichen Bevölkerungsteil, der ihnen den erworbenen bescheidenen Wohlstand neidete. Die älteste Einrichtung der jüdischen Gemeinde in Meckenheim war der 1711 erstmals erwähnte Friedhof, dessen Gelände von der hiesigen Kirchengemeinde angepachtet worden war. Als zusätzliche Leistung musste die Gemeinde dem Pastor alle zwei Jahre einen „zwey löthigen silbernen löpffel“ und jährlich um die Osterzeit einen Braten zukommen lassen. 1910 kaufte die jüdische Gemeinde das Friedhofsareal (an der Bonner Straße).

Seit Mitte der 1860er Jahre besaß die Gemeinde einen eigenen Religionslehrer; er übte bis 1885 zugleich die Funktion des Vorbeters aus. Nach 1888 besuchten die jüdischen Kinder die Schule in Rheinbach. Ihre Synagoge richtete die Gemeinde 1870/1872 in einem Hause an der Prof.-Scheeben-Straße ein; wenige Jahre später wurde in unmittelbarer Nähe ein kleines Schulhaus mit Lehrerwohnung gebaut. Vormittags besuchten die jüdischen Kinder gemeinsam mit den anderen Schülern die christliche Grundschule, nachmittags fand der jüdische Religionsunterricht statt; an Sonntagen wurde der Unterricht vor- und nachmittags abgehalten.

     http://www.meckenheim.de/imperia/md/images/cms117/stadtportraittouristik/stadtgeschichte/zeichnungsynagoge.jpg

Synagoge in Meckenheim (Skizze Leo Breutigam, Heimatverein Meckenheim, aus: meckenheim.de)

Die jüdischen Familien aus Adendorf, Altendorf, Arzdorf und Ersdorf suchten ebenfalls die Meckenheimer Synagoge auf. Ab 1869 war die Meckenheimer Gemeinde eine Filialgemeinde der neugeschaffenen Synagogengemeinde des Kreises Rheinbach.

Juden in Meckenheim*:

    --- 1808/09 .......................  51 Juden,

    --- um 1830 .......................   6 jüdische Familien,

    --- 1854 ..........................  84 Juden,

    --- 1863 ..........................  84   “  ,

    --- 1872 .......................... 122   “  ,

    --- 1888 .......................... 150   “  (ca. 4% d. Bevölk.),

    --- 1895 .......................... 143   “  ,

    --- 1905 .......................... 100   “  ,

    --- 1911 ..........................  88   “  ,

    --- 1933 ..........................  65   “  (1,7% d. Bevölk.),

    --- 1939 ..........................  25   “  ,

    --- 1942 (April) ..................  keine.                * Kultusgemeinde Meckenheim, incl. Ersdorf und Lüftelberg

Angaben aus: Heinrich Linn, Synagogengemeinde Meckenheim, S. 353 f.

 

Im Vergleich mit den Nachbargemeinden war die Meckenheimer Judenschaft wirtschaftlich relativ entspannt; um 1850/1860 lebten die hiesigen Juden mehrheitlich in gesicherten Verhältnissen. Erst im Laufe des 19.Jahrhunderts wurden die jüdischen Bewohner in der Stadt, die sich zum Zentrum eines landwirtschaftlich geprägten Umlandes ausgebildet hatte, einigermaßen akzeptiert - trotz ihrer wirtschaftlichen Aktivitäten im Vieh- und Getreidehandel, die in der Vergangenheit stets zu Spannungen zwischen den Bauern und den handeltreibenden Juden geführt hatten.

     Historische Aufnahme - Hauptstraße - Meckenheim Pfalz Hauptstraße von Meckenheim, hist. Postkarte

Nach 1900 verließ ein Teil der Meckenheimer Juden die Stadt; zu Beginn der NS-Zeit lebten hier nur noch etwa 60 Bewohner mosaischen Glaubens. Diejenigen, die noch nicht emigriert waren, erlebten die Novembertage des Jahres 1938 mit, die in Meckenheim zu erheblichen Sachschäden führten.

Aus einem Schreiben des Amtsbürgermeisters vom 14.11.1938 an den Landrat in Bonn:

Meckenheim, den 14.November 1938

         Betrifft: Aktionen gegen Juden.

         Verfügung vom 12.11.1938, ...

In Meckenheim ist es am Donnerstag, den 10. ds. Mts. zu Vergeltungsmassnahmen gegen die Juden gekommen. An sämtlichen jüdischen Geschäften und jüdischen Wohnhäusern wurden durch Einschlagen von Schaufenstern, der Wohnfenster und Türen Beschädigungen vorgenommen und im Innern der Wohnungen Mobiliar usw. teilweise vollständig zerstört. Es handelt sich um die Wohnungen von Viehhändlern, Metzgern und Kaufleuten. In der hiesigen Synagoge wurden nur kleinere Zerstörungen am Mobilar vorgenommen. Von einer Brandlegung wurde Abstand genommen, was auf die Gefährdung der Nachbarhäuser zurückzuführen gewesen ist und weil in dem Gebäude noch arische Personen wohnen. ... Bei der durchgeführten Aktion gegen Juden ist auch arisches Eigentum in Mitleidenschaft gezogen worden. ... Die Gesamtkosten der Beschädigung des arischen Besitzes stellen sich auf einige 100 RM, während der Schaden an und in den jüdischen Wohnhäusern auf etwa 20.000,- RM geschätzt wird.....

 

Zusammen mit anderen linksrheinisch-ansässigen Juden wurden die wenigen noch in Meckenheim verbliebenen Juden in ein Sammellager, in das zwangsgeräumte Benediktinerinnen-Kloster „Zur Ewigen Anbetung” in der Kapellenstraße in Bonn-Endenich, eingewiesen. Hier verblieben sie zunächst bis Juli 1942; anschließend wurden sie nach Köln gebracht und mussten sich Sammel-Deportationstransporten „in den Osten“ anschließen. Der Meckenheimer Amtsbürgermeister Mayer hatte Mitte April 1942 dem Landrat in Bonn mitgeteilt: „Im hiesigen Amtsbezirke sind keine Juden mehr wohnhaft. Sämtliche Juden sind im Februar 1942 nach Bonn-Endenich, Kapellenstraße Nr. 6 verzogen.” Ihr in Meckenheim zurückgelassenes Vermögen wurde umgehend konfisziert.

Von den deportierten Juden Meckenheims hat keiner die Kriegsjahre überlebt. Im Gedenkbuch für die Opfer der NS-Verfolgung sind 40 jüdische Bewohner Meckenheims genannt.

Meckenheim Synagoge Gedenkstein962.JPGDenkmal (Aufn. R. Hauke, 2011, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)

Am einstigen Standort der Meckenheimer Synagoge - das Gebäude wurde durch Kriegseinwirkung im März 1945 gänzlich zerstört - befindet sich seit den 1970er Jahren ein Gedenkstein, der die folgenden Inschriften trägt:

Hier stand die Synagoge der Jüdischen Gemeinde zu Meckenheim.

Sie ist am 10.November 1938 zerstört worden.

Denn mein Haus soll Bethaus heißen für alle Völker. Jes. 56,7

 

Auf dem jüdischen Friedhof, dessen Grabsteine in der NS-Zeit zumeist abgeräumt worden waren und von denen heute nur noch 29 auf dem Gelände stehen, erinnert seit den 1950er Jahren ein Gedenkstein an die jüdischen Opfer der NS-Zeit. 

Meckenheim Jüdischer Friedhof961.JPG

Jüdischer Friedhof in Meckenheim -  Gedenkstein (alle Aufn. R. Hauke, 2011, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)

Meckenheim Jüdischer Friedhof945.JPGMeckenheim Jüdischer Friedhof941.JPGMeckenheim Jüdischer Friedhof939.JPGMeckenheim Jüdischer Friedhof940.JPG alte Grabdenkmale

Das älteste noch erhaltene Grab datiert aus dem Jahr 1838.

Ca. 25 sog. „Stolpersteine“ erinnern seit 2009 an die während der NS-Zeit deportierten und ermordeten jüdischen Bürger Meckenheims (Stand 2023).

Stolpersteins Siegmund Moses, Paula Moses, Tombergstraße 2, Meckenheim.jpg   Stolpersteins Jakob Arensberg, Paula Arensberg, Lieselotte Arensberg, Rolf Arensberg, Neustraße 20, Meckenheim.jpg

verlegt in der Tombergstraße und Neustraße (alle Aufn. J. Schugt, 2016, aus: wikipedia.org, CC BY 4.0)

Stolpersteins Julius Stern, Auguste Stern, Jenny Weil, Rolf Stern, Margot Stern, Hauptstraße 15, Meckenheim.jpgStolpersteins Hirsch David Szymanoviez, Senta Szymanoviez, Julie Szymanoviez, Merler Straße 20, Meckenheim.jpgHauptstraße und Merler Straße 

 

 

 

Weitere Informationen:

Klaus H.S. Schulte, Dokumentation zur Geschichte der Juden am linken Niederrhein seit dem 17.Jahrhundert, in: "Veröffentlichungen des Historischen Vereins für den Niederrhein ...", Band 12, Verlag L.Schwann, Düsseldorf 1972, S. 149 - 153

Berthold Schnabel, Ein Beitrag zur Geschichte der Juden Meckenheims in den Jahren 1933 - 1945, in: "Amtsblatt der Verbandsgemeinde Deidesheim", 7/1979 (verschiedene Folgen)

Heinrich Linn, Synagogengemeinde Meckenheim, in: Heinrich Linn, Juden an Rhein und Sieg, Siegburg 1983, S. 353 f.

Ulrich v. Hehl/Manfred Schaefer, Juden inMeckenheim, in: "Meckenheim wie es war", Meckenheim 1986, S. 105 -109

Elfi Pracht, Jüdisches Kulturerbe in Nordrhein-Westfalen, Teil I: Regierungsbezirk Köln, J.P. Bachem Verlag, Köln 1997, S. 532 - 538

Michael Brocke (Hrg.), Feuer an dein Heiligtum gelegt - Zerstörte Synagogen 1938 Nordrhein-Westfalen, Ludwig Steinheim-Institut, Kamp Verlag, Bochum 1999, S. 362/363

Peter Thrams, Geschichte der Stadt Meckenheim, Rheinlandia Verlag, Siegburg 2002

Stefan Fischbach/Ingrid Westerhoff (Bearb.), “ ... und dies ist die Pforte des Himmels “. Synagogen. Rheinland-Pfalz Saarland, Hrg. Landesamt für Denkmalpflege, Mainz 2005, S. 170/171

Heimatverein Meckenheim (Hrg.), Die Synagoge (in Meckenheim), als PDF-Datei abrufbar unter: heimatverein-meckenheim.de

Dietmar Pertz/Ingrid Sönnert (Hrg.), Ihre Namen werden bleiben. Dokumentation, Rheinlandia-Verlag, Siegburg 2013

Auflistung der in Meckenheim verlegten Stolpersteine, online abrufbar unter: wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Meckenheim_(Rheinland)

Susanne Träupmann (Red.), Forscher untersuchen Alten Friedhof in Meckenheim, in: „General-Anzeiger“ vom 3.7.2019

Markus Wolff (Bearb.), Stolpersteine in Meckenheim (Rhld.), online abrufbar unter: stolpersteine-in-meckenheim.de (mit biografischen Daten der betreffenden Personen)