Pirmasens (Rheinland-Pfalz)

scan 23.09.2014 Karte Pfälzerwald.png Pirmasens ist eine Stadt mit derzeit ca. 40.000 Einwohnern am Westrand des Pfälzerwaldes und Verwaltungssitz des Landkreises Südwestpfalz – ca. 35 Kilometer südwestlich von Kaiserslautern gelegen (Ausschnitt aus hist. Karte von 1914, aus: stadtgrenze.de/Archiv und topografische Karte 'Pfälzer Wald', Lencer 2008, aus: wikivoyage.org/wiki/Pfälzerwald).

File:Pirmasens Wittich-Schnell.jpg

Blick auf Pirmasens - hist. Zeichnung (Abb. aus: wikipedia.org, gemeinfrei)

 

Um 1900 war die jüdische Gemeinde Pirmasens die drittgrößte in der Pfalz.

Erstmals werden Juden in Pirmasens Mitte des 18.Jahrhunderts urkundlich erwähnt; die Wurzeln einer jüdischen Gemeinde lassen sich bis in die sog. ‚Landgrafenzeit’ um 1765 zurückverfolgen. Der am Ausbau seiner Residenzstadt interessierte Landgraf förderte die Ansiedlungen von Juden, da diese durch Schutzgelder für zusätzliche Einnahmen sorgten und auch den hiesigen Handel belebten. Um 1790 wohnten etwa 130 jüdische Bewohner in der Stadt; diese Anzahl änderte sich in der ‚französischen Zeit’ nur unwesentlich.

Erste gottesdienstliche Zusammenkünfte fanden um 1768/1770 in Räumlichkeiten eines Privathauses statt. Ernste Streitigkeiten innerhalb der Judenschaft führten dazu, dass man den Betraum in ein anderes Haus verlegte. Um sich nicht länger von einer Familie abhängig zu machen, erwarb die inzwischen auf ca. 100 Personen gewachsene Gemeinde um 1780 für den Neubau einer Synagoge ein Grundstück am Buchsweiler Tor; doch schien sich damit die Pirmasenser Judenschaft finanziell übernommen zu haben, denn bereits kurz danach wurde die noch nicht fertig gestellte Synagoge verkauft. Nun ließ die Gemeinde im „Judengässel“ ein kleineres Synagogengebäude errichten, das durch den Verkauf der Sitzplätze und durch sog. „Einkaufsgelder“ finanziert wurde.

Eine 1837 erlassene, aus 33 Paragraphen bestehende Synagogenordnung ersetzte eine ältere aus dem Jahre 1798. In diesem „Local Polizey-Beschluß ueber die Aufrechterhaltung der Ordnung in der Synagoge zu Pirmasens” hieß es u.a.:

§ 1   An der Synagoge, sowohl in der Vorhalle als im Hofe, ist während des Gottesdienstes aller Lärm und jedes Versammeln oder Zusammenstellen untersagt.

§ 2   Innerhalb der Synagoge ist alles Schwätzen und jede Störung, durch ein lärmendes oder unanständiges Betragen, verboten. Ein jeder hat sich still und ruhig, mit einem von dem heiligen Orte geforderten Anstand, auf seinen Platz zu begeben. ...

§ 9   Jedes Gemeindemitglied betet ruhig und leise dem Vorbeter nach. Alles Vorlesen, Vorbeten oder Vorsingen, sey es beim Abhalten der Gebete, beim Vorlesen aus der Thora oder beim Ablesen der Hafthora ist streng untersagt. ...

§ 10   Bey religiösem Vorträgen, beim Abhalten des deutschen Gebets für Se. Majestät, den König, dem Segensprechen der Cohanims, so wie beim Vorlesen aus der Thora hat jeder sich besonders ruhig und geräuschlos zu verhalten, während derselben soll es niemand gestattet seyn weder die Synagoge zu verlaßen noch in dießelbe einzutreten. ...

§ 12   Kinder, welche noch nicht die Religions- und Elementarschule besuchen, dürfen nicht in die Synagoge, weder in die Abtheilung für die Männer, noch in jene für die Frauen gebracht werden, es sey denn das Kind wäre mit seiner der Synagoge zu weihenden Mappa versehen.   ...

Der von 1828 bis zu seinem Tode 1879 in Pirmasens wirkende Rabbiner Oppenheim setzte umfassende Reformen durch. Die Synagoge von Pirmasens war in dieser Zeit „stets gewohnt, andern Synagogen mit der Fackel der Aufklärung voran zu leuchten”.

                 In einem Artikel der „Allgemeinen Zeitung des Judenthums” vom 27.7.1839 hieß es dazu u.a.:

Pirmasens (Pfalz). 14. Juli (Privatmitth.). Die Synagoge zu Pirmasens stets gewohnt, andern Synagogen mit der Fackel der Aufklärung voran zu leuchten, hat in neuerer Zeit abermals einen bedeutenden Vorsprung gewonnen. Durch die Bemühung des ausgezeichneten Bezirksrabbinen Hrn. Oppenheim hat sich ein vierstimmiges Gesang-Chor gebildet, bestehend aus einigen vierzig Personen israelitischer Jugend beiderlei Geschlechts, welcher durch unermüdliche Übungen Gesangstücke aufführt, die der größten Kirchengemeinde Ehre machen würden. Jeden Sonntag sowie jeden Feiertag, wenn ein deutscher Vortrag gehalten wird, - und dies geschieht sehr häufig – werden von dem Chor die erbaulichsten Lieder in deutscher Sprache vorgetragen, die meistens aus dem württembergischen für Israeliten bestimmten Gesangbuch entnommen sind; bei jeder Trauung, die immer in der Synagoge stattfindet, wird das Brautpaar von dem Chor mit Gesang empfangen, und auch vor und nach der Traurede, sowie vor und nach dem Trauungsakt werden angemessene Lieder mit Musikbegleitung abgesungen. So hat die deutsche Sprache dahier Eingang in die Synagoge gefunden, ohne dadurch die Hebräische zu verdrängen. ...

 

Anfang der 1880er Jahre errichtete die jüdische Gemeinde auf einem an die alte Synagoge angrenzendem Grundstück (heutige Schustergasse) einen Neubau mit mehr als 400 Plätzen. Er wurde Ende August 1884 vom Zweibrückener Bezirksrabbiner Dr. Meyer eingeweiht. In einem Prozessionszug wurden die Thorarollen vom neuen Schulhaus am Exerzierplatz, wo zwischenzeitlich die Gottesdienste stattgefunden hatten, in die neue Synagoge überführt.


Die Synagoge in Pirmasens (hist. Aufn., aus: Landesamt für Denkmalpflege)

Mit der Einweihung der neuen Synagoge wurde das „Judengässel“ in „Synagogenstraße“ umbenannt. Auf Grund des starken Anwachsens der Gemeinde um die Jahrhundertwende musste der Synagogenbau bald erweitert werden.

Anm.: Noch Mitte der 1930er Jahre erwarb die Pirmasenser Gemeinde Räumlichkeiten für ein Gemeindehaus, das den Ansprüchen der angewachsenen Gemeinde gerecht werden sollte.

http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20114/Pirmasens%20Israelit%2017011901.jpg Ausschreibung der Stelle als „Synagogendiener“ (aus: „Der Israelit“ vom 17.1.1901)

Etwa zeitgleich mit der Bildung einer jüdischen Gemeinde in Pirmasens wurde eine Schule zur religiösen Unterweisung der Kinder eingerichtet. Anfang des 19.Jahrhunderts erhielten die jüdischen Kinder ihren Elementarunterricht in der christlichen Volksschule; dem Antrag der Kultusgemeinde auf Einrichtung einer staatlichen jüdischen Elementarschule (Konfessionsschule) wurde 1828 stattgegeben; sie wurde zunächst bis 1844/1845 betrieben. Nach einer 15jährigen Unterbrechung wurde 1860 die jüdische Schule erneut geöffnet; sie war bis in die 1930er Jahre in Betrieb.

Zur Besorgung gemeindlicher Aufgaben – religiöse Unterweisung der Kinder und Tätigkeit als Kantor - war ein Lehrer angestellt. Fast vier Jahrzehnte (von 1891 bis 1930) war Oberlehrer Abraham Michel der Leiter der Israelitischen Volksschule und zugleich 1. Kantor der Gemeinde. In der folgenden Ausschreibung der Stelle suchte man einen Nachfolger.

aus: „Bayerische Israelitische Gemeindezeitung“ vom 15.Aug. 1929  

Im Laufe ihrer Geschichte nutzten die Pirmasenser Juden drei Beerdigungsareale im Stadtgebiet: In der Anfangszeit der Gemeinde diente der jüdische Friedhof in Annweiler als letzte Ruhestätte. Von 1813 bis 1878 wurde das Gelände „Am Gefällerweg“ (heutige Zeppelinstraße) als Friedhof genutzt, dann stand der jüdischen Gemeinde bis in die 1920er Jahre ein Friedhof an der Ottostraße zur Verfügung. Ab 1927 wurden Verstorbene auf einer Abteilung des städtischen Waldfriedhofs bestattet. 

Für wenige Jahrzehnte soll zu den gemeindlichen Einrichtungen der Pirmasenser Judenschaft auch eine Mikwe gehört haben; diese war um 1830 eingerichtet worden.

Von 1827 bis 1879 war Pirmasens Sitz des Bezirksrabbinats, das ca. 15 Kultusgemeinden umfasste; danach übernahm Zweibrücken diese Funktion. Doch seit 1911 hatte der Bezirksrabbiner wieder seinen Amtssitz in Pirmasens; zunächst war die Stelle von Dr. Eugen Meyer, danach von Dr. Dagobert Nellhaus (bis 1939) besetzt.

http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20114/Pirmasens%20Israelit%2005101911.jpg aus: "Der Israelit" vom 5.10.1911

Juden in Pirmasens:

         --- 1767 .......................... ca.  20 Juden,

    --- 1780 ..............................  92   “  ,

    --- 1806 .............................. 140   “   (ca. 3% d. Bevölk.),

    --- 1823 .............................. 144   “  ,

    --- 1848 .............................. 148   “  ,

    --- 1861 .......................... ca. 190   “  ,

    --- 1875 .............................. 205   “  ,

    --- 1890 .............................. 380   “  ,

    --- 1900 .............................. 528   “   (1,8% d. Bevölk.),

    --- 1910 .............................. 577   “  ,

    --- 1925 .............................. 651   “  ,*   *andere Angabe: ca. 800 Pers.

    --- 1932/33 ....................... ca. 800   “  ,

    --- 1936 .............................. 481   “  ,

    --- 1937 .............................. 444   “  ,

    --- 1938 .............................. 312   “  ,

    --- 1939 (Aug.) ................... ca. 200   “  ,

    --- 1940/42 ....................... ca.  10   “  .

Angaben aus: Hermann Arnold, Juden in der Pfalz - Vom Leben pfälzischer Juden, S. 182 f.

und                 Bernhard Kukatzki, Juden in Pirmasens - Spuren ihrer Geschichte, S. 57/58

Exerzierplatz von Pirmasens mit Blick auf die Altstadt, Postkarte um 1910 (Abb. aus: wikipedia.org, gemeinfrei)

Anzeigen jüdischer Geschäftsleute von Pirmasens:

  

                                                                         

Die Region Pirmasens/Zweibrücken war bereits Mitte der 1920er Jahre zu einer Hochburg der NSDAP geworden. Das drückte sich besonders in den antijüdischen Pamphleten des Hetzblattes „Der Eisenhammer” aus. Gegen diese öffentliche Judenhetze richtete der Pirmasenser Judenrat im Sommer 1929 einen „Offenen Brief“ an die Bevölkerung der Stadt, in dem es u.a. hieß:

Die Vorkommnisse der letzten Zeit, welche bei den Umzügen der N.S.D.A.P. sich bemerkbar machten, geben zu den ersten Besorgnissen Veranlassung. Nicht nur, daß bei den Umzügen Schilder mitgetragen werden wie z.B. ‘Die Juden sind unser Unglück’, die geeignet sind, den Rassenhaß aufzustacheln, wird auch dabei öffentlich in johlender Weise zu Gewalttätigkeiten aufgefordert mit den Rufen ‘Juda Verrecke’. ... Wir halten es für unsere Pflicht, die Behörden darauf aufmerksam zu machen, diesem Unwesen zu steuern, damit nicht eines Tages noch ernstere Folgen eintreten. Mehr aber noch als diese systematische Herabwürdigung der jüdischen Einwohnerschaft, die sich schon häufig in Anrempelungen und Mißhandlungen einzelner bemerkbar machte, gereicht das Verhalten dieser Partei der gesamten Wirtschaft und Wirtschaftslage unserer Stadt zu unübersehbaren Nachteilen. ... Wir wollen nicht verfehlen, darauf hinzuweisen, daß in den anderen pfälzischen Städten von Anfang an dafür gesorgt wurde, daß das friedliche Zusammenleben der Konfessionen sich ungestört entfalten konnte und daß in Pirmasens nicht das Geringste getan wurde, um diesem Unfug zu steuern. ... Wir wenden uns deshalb an die gesamte, objektiv denkende Einwohnerschaft von Pirmasens, an die Behörden und Vereinigungen mit der dringenden Bitte, dazu beitragen zu wollen, dass alsbald von zuständiger Seite dafür Sorge getragen wird, dass dieser Unfug aufhört, damit wieder Ruhe und Frieden in der gesamten Bürgerschaft einzieht und das Wirtschaftsleben nicht noch mehr gestört wird, als es schon an und für sich durch die Zeitverhältnisse zu leiden hat.

Am 1.April 1933 wurden sämtliche jüdischen Geschäfte boykottiert; SA-Angehörige vor den Geschäften schreckten Kaufwillige ab. Bis 1938 kam es kaum mehr zu antijüdischen ‚Aktionen’ in Pirmasens. Doch verließen immer mehr Pirmasenser Juden auf Grund der sich verschlechternden politisch-ökonomischen Situation die Stadt. Diejenigen, die noch geblieben und immer mehr ausgegrenzt und diffamiert wurden, hatten in dem von 1935 bis 1937 herausgegebenen „Mitteilungsblatt der Israel. Kultusgemeinde Pirmasens” eine Plattform, um sich gegenseitig zu unterstützen und Zusammenhalt zu demonstrieren.

 Das vom Rabbiner Dagobert Nellhaus redigierte Mitteilungsblatt veröffentlichte neben Gemeindenachrichten auch Inserate jüdischer Geschäfte. „ ... Das Mitteilungsblatt war uns ein willkommener Bote, der uns an jedem Dienstag der Woche die Veranstaltungen innerhalb unserer Gemeinde rechtzeitig gemeldet und über sie Bericht erstattet hat; es war uns ein Künder froher und häufiger noch ernster Botschaften, welche uns Kenntnis ... von Ereignissen innerhalb der pfälzischen, der deutschen und der gesamten Judenheit vermittelten. ... Das Gemeindeblatt wurde uns nicht zuletzt ein Ratgeber in schicksalsreicher Zeit ....” (Nellhaus)

In den frühen Morgenstunden des 10.Novembers 1938 wurde die Synagoge auf Initiative von auswärtigen SA-Angehörigen in Brand gesteckt. Unter den Augen vieler Schaulustiger und der angerückten Feuerwehr brannte sie völlig aus. Die Brandruine wurde anschließend gesprengt, das Grundstück mit einem Bretterzaun versehen; ein halbes Jahr später wurden die Trümmer abgetragen. Das nun in kommunaler Hand befindliche Synagogengrundstück wurde wenig später an einen Privatmann verkauft. - Auch in den übrigen Stadtteilen kam es zu antisemitischen Ausschreitungen, besonders in der Nähe des alten Marktplatzes; hier befanden sich zahlreiche jüdische Geschäfte, von denen keines von den Plünderern verschont geblieben sein soll. Tags darauf führte man Schulklassen an den demolierten Geschäften vorbei. Die zertrümmerten Schaufenster wurden mit Brettern vernagelt. Einige Tage später wurden die Geschäfte "zwangsarisiert". Juden der Stadt sollen verhaftet, gedemütigt und misshandelt und danach in Richtung französische Grenze verbracht worden sein, wo man sie über die Grenze abschob; wenig später ließ man sie zurückkehren.

                 Am 11.Nov. 1938 erschien in der „Pirmasenser Zeitung” folgender Bericht:

Gegen das Volk der Grynszpane

... Auch in Pirmasens kam es auf diese erschütternde Meldung hin zu spontanen Vergeltungsaktionen gegen das Judentum. Nur der Disziplin der Volksgenossen und der besonders erbitterten Parteikämpfer haben es die Gesinnungsgenossen des Mordbuben Grynszpan zu verdanken, daß die Judenfrage in unserer Stadt nicht sofort mit radikalsten Mitteln gelöst wurde. Ein Jude, der sich aber frech unter die aufs höchste erregte Volksmenge vor der brennenden Synagoge mischt und ‘Forderungen’ stellte, erhielt augenblicklich eine Antwort in Fraktur auf sein Geseieres und mußte in Schutzhaft genommen werden. ... Andere Juden, die sich herausfordernd auf der Straße herumtrieben, wurden ebenfalls bald eingesammelt, damit ihnen kein Leid geschehen konnte. Bekannte Judenvisagen tauchten auf, die in Pirmasens sattsam bekannt sind. Sie hatten noch die Frechheit, zu grinsen und zu lächeln, als wenn sie das alles nichts anginge. Allerdings konnte die Polizei nicht immer u. überall rechtzeitig erscheinen, sodaß es nicht ganz ohne Maulschellen und Glasscherben abging. ... Hinaus mit der Mörderbrut aus der deutschen Stadt Pirmasens !

      Zerstörte Synagoge (hist. Aufn., Stadtarchiv)

Am 1.9.1939 - bei der Räumung und Evakuierung der sog. „Roten Zone“ - lebten noch etwa 200 Juden in Pirmasens. Im Zuge der „Wiederbesiedlung“ im Sommer 1940 kehrten etwa 65 von ihnen nach Pirmasens zurück; einige konnten noch rechtzeitig emigrieren, meist ins benachbarte Frankreich. Wenige Monate später begannen die ersten Deportationen. Insgesamt 47 Pirmasenser Jüdinnen und Juden wurden ins südfranzösische Gurs deportiert. Über die Schicksale der deportierten Personen liegen teilweise nur lückenhafte Angaben vor; die Zahl der aus Pirmasens stammenden Juden, die in den NS-Vernichtungslagern ums Leben kamen, ist deshalb nicht eindeutig zu belegen.

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden ..." sollen insgesamt mehr als 200 gebürtige bzw. längere Zeit in Pirmasens ansässig gewesene Juden der "Endlösung" zum Opfer gefallen (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/pirmasens_synagoge.htm).

 

In unmittelbarer Nähe der Schustergasse, des ehemaligen Standortes der Synagoge, befindet sich seit 1978 eine Bronzetafel.

                   Gedenktafel (Aufn. J. Hahn, 2006)  http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%2073/Pirmasens%20Synagoge%20103.jpg

1995 wurde die Schustergasse in Synagogengasse umbenannt.

Friedhof, Zeppelinstr. (Aufn. M. Germann, 2010, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 4.0)

einzelne Grabsteine auf dem alten jüdischen Friedhof (Aufn. J. Hahn, 2006)

Nach Entscheid des Stadtrates (2013) verzichtete man in Pirmasens auf die Verlegung von sog. „Stolpersteinen“; stattdessen wurde die Errichtung eines zentralen Denkmals bzw. Anbringung von einzelnen Gedenktafeln ins Auge gefasst. Gemeinsam mit dem Arbeitskreis "Geschichte der Juden in Pirmasens" leitete das Stadtarchiv das hiesige Gedenkprojekt, das an alle verfolgten, vertriebenen und ermordeten Opfer des NS-Regimes erinnern soll. Im September 2014 wurde am Bahnhofsvorplatz dann die zentrale Gedenkstätte eingerichtet; dabei wurde der Entwurf des Trierer Künstlers Clas Steinmann realisiert.

https://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20401/Pirmasens%20Gedenkstelen%20Bahnhof%20010.jpg die beiden Stelen (Aufn. Stadtverwaltung Pirmasens, 2014)

Ein Jahr später wurden in der Schäferstraße die ersten beiden Erinnerungstafeln für NS-Opfer angebracht; von den hier 18 ehemals wohnhaft gewesenen jüdischen Personen wurden elf ermordet. Inzwischen wurden mehr als 40 Gedenktafeln dezentral an Wohnhäusern installiert, die auf Menschen und deren Schicksale aufmerksam machen.

Hinweis: Über einen QR-Code auf den Erinnerungstafeln können mit dem Smartphone weitere Informationen, so z.B. recherchierte Schicksale von Einzelpersonen abgerufen werden

 

An den ehemaligen jüdischen Pirmasenser Bürger Walter Slodki* erinnert seit 2021 der nach ihm benannte „Walter-Slodki-Platz am Winzler Tor“.

*Walter Slodki, geb. 1914 als Sohn des letzten Kantors der Pirmasenser Gemeinde, emigrierte 1939 in die USA. Nach dem Kriege unterstützte er Bewohner seiner Heimatstadt mit Lebensmitteln und anderen Zuwendungen. Mehrfach seitens der Stadt für sein jahrzehntelanges soziales Engagement ausgezeichnet verstarb Walter Slodki 2013 im hohen Alter von 99 Jahren in den USA.

2022 wurde am Eingangsbereich zum Alten Rathaus eine Tafel angebracht, die an die Pirmasenser Juden erinnern soll, die von den Deportation nach Gurs (1940) betroffen waren,

 

 

 

Weitere Informationen:

Oskar Schäfer, Pirmasenser Chronik. Gassennamen und Hausinschriften, Pirmasens 1927

Theodor Kaul, Die jüdische Kultusgemeinde, in: Stadt Pirmasens (Hrg.), 200 Jahre Stadt Pirmasens 1763 - 1963, Pirmasens 1963, S. 95 ff.

Karl Fücks/Michael Jäger, Synagogen der Pfälzer Juden. Vom Untergang ihrer Gotteshäuser und Gemeinden, Hrg. Jüdische Kultusgemeinde der Rheinpfalz, Neustadt/Weinstraße 1988, S. 183

Heinz Friedel, Die Machtergreifung 1933 in Kaiserslautern - Das Werden des Nationalsozialismus in der Westpfalz, Verlag F. Arbogast, Otterbach-Kaiserslautern 1983, S. 99 f.

Vor 100 Jahren in Pirmasens: Synagoge festlich eingeweiht. Aus der Geschichte der israelitischen Kultusgemeinde, in: "Pirmasenser Zeitung" vom 15.9.1984

Hermann Arnold, Juden in der Pfalz - Vom Leben pfälzischer Juden, Pfälzische Verlagsanstalt, Landau/Pfalz 1986

Karl Fücks/Michael Jäger, Synagogen der Pfälzer Juden. Vom Untergang ihrer Gotteshäuser und Gemeinden, Hrg. Jüdische Kultusgemeinde der Rheinpfalz, Neustadt/Weinstraße 1988, S. 185/186

Alfred Hans Kuby (Hrg.), Pfälzisches Judentum gestern und heute. Beiträge zur Regionalgeschichte des 19./20.Jahrhunderts, Verlag Pfälzische Post, Neustadt a.d.Weinstraße, 1992, S. 91 f.

Dieter Blinn, Juden in Homburg - Geschichte einer jüdischen Lebenswelt 1330 - 1945, Verlag Ermer GmbH & Co KG, Homburg/Saarpfalz 1993, S. 123

Hans-Werner Ziemer, Der Pogrom vom November 1938 in der Pfalz, in: "SACHOR - Beiträge zur jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit in Rheinland-Pfalz", Heft 16 (2/1998), S. 33/34

Karl Hoffmann, Die Juden und ihre Synagogen in Pirmasens und Zweibrücken, in: "Heimatkalender für das Pirmasenser und Zweibrücker Land 2000", S. 204 - 209

Maximilian Zwick, Die jüdische Gemeinde ausgelöscht - Heute vor 62 Jahren brannte die Pirmasenser Synagoge und die Judenvertreibung begann, in: "Pirmasenser Zeitung", Nov. 2000

Pirmasens, in: alemannia-judaica.de (mit zahlreichen Textdokumenten zur jüdischen Ortshistorie, mit z.g.T. personenbezogenen Material)

Ausstellung ‘Synagogen in der Südwestpfalz’ (Nov./Dez. 2002) in Pirmasens

Bernhard Kukatzki, Die jüdische Gemeinde Pirmasens, Referat, Pirmasens, Mai 2003

Bernhard Kukatzki/u.a., Juden in Pirmasens - Spuren ihrer Geschichte, Hrg. Stadtverwaltung Pirmasens, Pirmasens 2004 (verschiedene Aufsätze, Neuauflage 2017)

Stefan Fischbach/Ingrid Westerhoff (Bearb.), “ ... und dies ist die Pforte des Himmels “. Synagogen. Rheinland-Pfalz Saarland, Hrg. Landesamt für Denkmalpflege, Mainz 2005, S. 311 – 314

Otmar Weber, Der Novemberpogrom von 1938 in Pirmasens. Katalog zur Ausstellung in der Lutherkirche und Sparkasse Südwestpfalz im November 2008, Pirmasens 2008  

Stadt Pirmasens (Hrg), Gedenkprojekt – Gedenkorte (Flyer), online abrufbar unter: pirmasens.de

kka (Red.), Pirmasens. Mit zwei Stelen beginnt das Erinnern, in: „Die Rheinpfalz“ vom 25.9.2014

N.N. (Red.), Ins Gedächtnis der Stadt zurückgeholt. Erste Tafeln zur Erinnerung an Opfer des Nazi-Regimes in der Schäferstraße angebracht, in: „Pirmasenser Zeitung“ vom 10.11.2015

plo (Red.), Trotz der Gräuel nie von Hass erfüllt. Tafel in Zweibrücker Straße erinnert an Familie Slodki, in: „Pirmasenser Zeitung“ vom 22.1.2016

Stadtverwaltung Pirmasens (Hrg.), Juden in Pirmasens - Spuren ihrer Geschichte, 2. bearb. u. korrigierte Aufl., Pirmasens 2017

glo (Red.), Ein Wohltäter für seine Heimatstadt - „Walter-Slodki-Platz am Winzler Tor“, in:: „Pirmasenser Zeitung“ vom 4.11.2021

Pirmasenser Gedenkprojekt – Stadtarchiv, Aktuelles Gedenken – Dezentrale Gedenkorte ., online abrufbar unter: pirmasens.de/leben-in-ps/kultur/gedenkprojekt/aktuelles-gedenken/ (Stand 2022/23)

Es liegt ein 300seitiger ‘Erlebnisbericht’ von Alfred Schwerin vor, der über die Lage der Pirmasenser Juden während der NS-Zeit Auskunft gibt.