Schupbach (Hessen)

Kartenausschnitt mit dem Kreis Limburg (1905)Datei:Beselich in LM.svg Schupbach ist mit derzeit ca. 1.100 Einwohnern ein Ortsteil der Kommune Beselich im hessischen Landkreis Limburg-Weilburg (Oberlahnkreis) - ca. zwölf Kilometer nordöstlich von Limburg/Lahn gelegen (Ausschnitt aus hist. Karte von 1905 ohne Eintrag von Schupbach/Beselich, aus: wikipedia.org, gemeinfrei und Kartenskizze 'Landkreis Limburg-Weilburg', Hagar 2011, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0).

 

In historischen Quellen wird erstmals 1663 die Existenz von Juden in Schupbach erwähnt; vor 1800 lebten offenbar nur vereinzelt Juden im Dorf. In Schupbach gründete sich vermutlich erst zu Beginn des 19.Jahrhunderts eine kleine jüdische Gemeinde. Um 1840 war die Kultusgemeinde Schupbach dann die bedeutendste von insgesamt sechs Gemeinden im Amt Runkel. Gottesdienstliche Zusammenkünfte fanden zunächst in einem Betraum statt, später in einem eigenen Synagogengebäude in der Mittelstraße statt; dieses wurde 1877 - nach Renovierung und Erweiterung - neu eingeweiht. Der Betsaal befand sich im Obergeschoss.

      

Synagoge in Schupbach (hist. Aufn. um 1910  und  Rekonstruktionsskizze aus Thea Altaras)

Im Erdgeschoss des Synagogengebäudes war die Religionsschule untergebracht, die bis um die Jahrhundertwende existierte.

  Stellenangebote der Gemeinde von 1876 und 1891

Zu den gemeindlichen Einrichtungen gehörten auch eine Mikwe und ein Friedhofsgelände; letzteres befand sich in unmittelbarer Nähe des Ortsfriedhofs.

Die kleine jüdische Gemeinde Schupbach, zu der auch die jüdischen Familien aus Obertiefenbach, Heckholzhausen und Gaudernbach zählten, unterstand dem Rabbinat Ems-Weilburg.

Juden in Schupbach:

    --- 1808 ........................ ca.  60 Juden (in 13 Familien),

    --- 1843 ........................ ca.  70   “   (in 18 Familien),

    --- 1864 ........................ ca. 170   “  ,*        * incl. Heckholzhausen/Obertiefenbach

    --- 1871 ............................  66   “   (ca. 7% d. Bevölk.),

    --- 1885 ............................  45   “  ,

             ......................... ca. 170  "  ,*

    --- 1905 ............................  34   “  ,

    --- 1925 ............................  21   “  ,*

    --- 1932/33 .........................  18   “  ,*

    --- 1938 (Okt.) .....................   5 Familien,

    --- 1939 (Dez.) .....................   keine.

Angaben aus: Paul Arnsberg, Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn, Bd. 2, S. 285

 

Die Juden in Schupbach und den umliegenden Dörfern lebten als Viehhändler und Hausierer in recht ärmlichen Verhältnissen. Nach einem Bericht des Amtmannes in Runkel um 1842/1844 waren die Schupbacher Juden „roh und ungebildet, unverträglich und gegenseitig aufsässig”. Abwanderungen vor allem jüngerer Menschen ließen im letzten Drittel des 19.Jahrhunderts die Zahl der Schupbacher Juden zusammenschmelzen. Mitte der 1930er Jahre löste sich die Gemeinde dann völlig auf.

In seiner letzten Ausgabe vom 3.11.1938 vermeldete „Der Israelit”:

                                                                     

Während des Novemberpogroms blieb das inzwischen in „arischer“ Hand befindliche Synagogengebäude unangetastet; die Ritualien hatte man zuvor nach Marburg ausgelagert, wo sie aber während des Pogroms vernichtet wurden.

Anm.: Eine Thorarolle aus Schupbach soll über Shanghai schließlich nach Australien gelangt sein, wo sie seitdem in einer Synagoge in Sydney aufbewahrt wird.
Der jüdische Friedhof wurde 1940 geschändet, Grabsteine zerschlagen bzw. zweckentfremdet.

Nach dem Novemberpogrom hatten dann alle Familien Schupbach verlassen. Der letzte Vorsteher der Gemeinde, Julius Kron, emigrierte mit seiner Familie nach Südafrika.

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden ..." sind nachweislich sieben Schupbach stammende Juden Opfer des NS-Gewaltherrschaft geworden (namentliche Nennung der betreffenden Personen siehe. alemannia-judaica.de/schupbach_synagoge.htm).

 

 Ehem. Synagogengebäude (Aufn. Volker Thies, 2008, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)

Das im Jahr 1877 errichtete Gebäude gehört im Landkreis Limburg-Weilburg zu den wenigen Synagogen, die die Zerstörungen des Nationalsozialismus überdauert haben. Jahrzehntelang als Lagerraum benutzt steht das Gebäude seit mehr als 30 Jahren unter Denkmalschutz. Die Kommune Beselich und der 2009 gegründete Förderverein „Ehemalige Synagoge Schupbach e.V.“ beabsichtigen, nach dem Ankauf das ehemalige Synagogengebäude mit hohem Kostenaufwand zu sanieren; erste Fördergelder wurden 2013 bereitgestellt, zudem konnten private Spender gefunden werden. Nach Abschluss der Sanierung soll das Haus kulturellen Zwecken dienen; auch ist eine Dauerausstellung zur jüdischen Lokalgeschichte geplant.

Frauenempore der ehem. Synagoge und Farbornamente der Kuppeldecke (Aufn. Förderverein Ehem. Synagoge e.V., 2012)

1994 tauchten bei Bauarbeiten in Villmar originale Thora-Wimpel aus der Synagoge Schupbach auf. 

Auf Grund der Zerstörungen in der NS-Zeit sind auf dem jüdischen Friedhof keine Grabsteine - außer einigen Relikten - mehr vorhanden; sie waren zerschlagen bzw. beim Wegebau verwendet worden.

Ehem. Eingangspforte und Friedhofsareal ohne Grabsteine (Aufn. J. Hahn, 2009)

 

 

Weitere Informationen:

Paul Arnsberg, Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn, Societäts-Verlag, Frankfurt/M. 1971, Bd. 2. S. 285 - 287

Paul Arnsberg, Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Bilder - Dokumente, Eduard Roether Verlag, Darmstadt 1973, S. 185

Willi Schmittel, Die Judengemeinde zu Schupbach, aus: Dorfchronik, o.J., S. 261 – 263

Thea Altaras, Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945?, Königstein 1988, S. 97/98

Studienkreis Deutscher Widerstand (Hrg.), Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes u. der Verfolgung 1933 - 1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt, 1995, S. 128

Schupbach mit Obertiefenbach, Heckholzhausen, Gaudernbach und Wirbelau, in: alemannia-judaica.de (mit Dokumenten zur jüdischen Lokalhistorie)

Britta Gaedecke, Mit der Thorarolle im Gepäck. Der 9. November in Schupbach, books on  demand, 2010

Britta Gaedecke, Friede seiner Asche. Der jüdische Friedhof in Schupbach, books on demand, 2011

N.N. (Red.), Der Gemeinderat von Beselich kauft das Synagogengebäude, in: "Weilburger Nachrichten" vom 15.12. 2011

nnp (Red.), Synagoge wird Baustelle, in: “Frankfurter Neue Presse” vom 2.4.2014

N.N. (Red.), Beselich-Schupbach: Die Pläne mit der alten Synagoge, in: “Nassauische Neue Presse” vom 15.9.2014

N.N. (Red.), Restaurierung der ehemaligen Synagoge ist beendet, in: “Nassauische Neue Presse” vom 28.3.2018

Förderverein Ehemalige Synagoge Schupbach e.V. (Hrg.), Synagoge Schupbach, online abrufbar unter: synagoge-schupbach.de

N.N. (Red.), Synagoge Beselich: Wie Geschichte vertuscht wurde, in: “Rhein-Lahn-Zeitung” vom 7.9.2021