Schlichtingsheim (Posen)

  Schlichtingsheim – zwischen Fraustadt und Glogau gelegen - ist das poln. Szlichtyngowa mit derzeit ca. 1.300 Einwohnern (Ausschnitt aus hist. Karte von 1905, aus: wikipedia.org, gemeinfrei und Kartenskizze 'Polen' mit Szlichtyngowa rot markiert, K. 2006, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0).

 

Im Dorf Schlichtingsheim gab es zu Beginn des 18.Jahrhunderts eine jüdische Gemeinschaft, die von der hiesigen Gutsbesitzerfamilie (v. Schlichting) das Recht zur Ansässigkeitsmachung erhalten und dafür jährliche Zahlungen zu leisten hatte. Allerdings hatte der Gründer des Ortes, Johann von Schlichting, noch wenige Jahrzehnte zuvor jegliche Ansiedlung von Juden untersagt.

Um 1710 war jeder vierte Dorfbewohner mosaischen Glaubens; ihren schmalen Lebenserwerb bestritten die meisten im Kleinhandel in der weiteren Region.

Neben dem Friedhof – etwa einen Kilometer nordwestlich der Ortschaft - gab es im Dorf auch eine Synagoge (erstmals erwähnt 1724), deren Einrichtung die Erlaubnis der Grundherrenfamilie bedurft hatte.

Juden in Schlichtingsheim:

--- 1713 ........................... 160 Juden,

--- 1793 ........................... 134   “  ,

--- 1843 ........................... 110   “  ,

--- 1858 ...........................  67   “  ,

--- 1890 ...........................  21   “  ,

--- 1937 ...........................   3   “  .

Angaben aus: A. Heppner/J. Herzberg, Aus Vergangenheit und Gegenwart der Juden und der jüdischen Gemeinden in den Posener Landen, Bromberg 1909, S. 920

 

Kurz vor dem Ersten Weltkrieg löste sich die jüdische Gemeinde auf. Das Synagogengebäude wurde meistbietend versteigert.

Nur eine einzige jüdische Familien verblieb bis in die Zeit des Zweiten Weltkrieges im Ort.

 

Planungen in den 1970er Jahren, den Friedhof einzuebnen, zerschlugen sich wegen der dafür anfallenden Kosten; aus diesem Grunde ist das Begräbnisareal bis auf den heutigen Tag erhalten geblieben. Der älteste noch vorhandene Grabstein des hiesigen Friedhof stammt aus der Zeit um 1750; die wertvolleren Grabsteine waren bereits nach Kriegsende von Einheimischen abgeräumt und zweckentfremdet worden. Seit den 1990er Jahren sind Bemühungen zu verzeichnen, den jüdischen Friedhof wieder in einen ansehbaren Zustand zu versetzen.

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 Teilansicht des jüdischen Friedhofs (Aufn. aus: flickr.com)  und  Grabsteinrelikte (Aufn. aus: sztetl.org.pl)

 

Der 1827 in Schlichtingsheim geborene Fabian Gabriel Feilchenfeld war der Sohn eines Kantors u. Schächters, der nach seiner Ausbildung in Rawitsch, Dresden und Halle an die Religionsschule nach Berlin berufen wurde; danach war er Lehrer an den Religionsschule in Dresden und in Culm/Weichsel. Im Jahre 1876 erfolgte seine Berufung zum Mecklenburger Landesrabbiner nach Schwerin. Feilchenfeld, der auch Verfasser diverser Lehrbücher war, wurde anlässlich seines 50jährigen Doktorjubiläums vom Mecklenburger Großherzog wegen seiner Verdienste um die jüdische Gemeinde mit der „Verdienstmedaille für Kunst und Wissenschaft“ ausgezeichnet. 1877 verstarb er und wurde auf dem jüdischen Friedhof in Schwerin begraben.

 

 

 

Weitere Informationen:

A.Heppner/J.Herzberg, Aus Vergangenheit und Gegenwart der Juden und der jüdischen Gemeinden in den Posener Landen, Koschmin - Bromberg 1909

Szlichtyngowa, in: sztetl.org.pl