Wartenburg/Ermland (Ostpreußen)

 Karte des Landkreises Datei:Allenstein Kirchspiele.png Das um 1365 gegründete Städtchen Wartenburg (im Kreis Allenstein) entwickelte sich im Schutze einer Burg. Es ist die heutige, ca. 18 Kilometer nordöstlich von Allenstein entfernt gelegene polnische Kleinstadt Barczewo mit derzeit ca. 7.500 Einwohnern (Ausschnitt aus hist. Landkarte, aus: wikipedia.org, gemeinfrei  und  Kartenskizze 'Kreis Allenstein', Fritz Loseries, aus: wiki-de.genealogy.net). 

'Wartenborg' auf einer Bildkarte von 1613 (Abb. aus: wikipedia.org, CCO)

Die kleine jüdische Gemeinde von Wartenburg entstand erst nach 1815. Um 1845/1850 errichtete die Gemeinde ihre Synagoge in der Passenheimer Straße; das im Stile des Neoklassizismus erstellte Gebäude mit seiner dekorativen Fassade besaß eine Frauengalerie, die sich im ersten Stock befand.

Barczewo, synagoga, 1988.jpg

ehem. Synagogengebäude vor und nach der Sanierung (Abb. 1988, aus: wikipedia.org, CCO  und   M.LOlek, 2007, aus: wikipedia.org, CCO)

Der jüdische Friedhof, der Anfang der 1870er Jahre angelegt wurde, befand sich an der Guttstädter Straße.

Map WartenburgAbb. aus: jewsineastprussia.de/cemetery-barczewo-wartenburg/

Juden in Wartenburg:

    --- 1815 ........................ wenige Juden,

    --- 1836 ........................    40    “  ,

    --- 1849 ........................    32    “  ,

    --- 1861 ........................    77    “  ,

    --- 1871 ........................   104    “  ,

    --- 1880 ........................   111    “  (2,5% d. Bevölk.),

    --- 1895 ........................    94    “  ,

    --- 1905 ........................    62    “  ,

    --- 1925 ........................    56    “  ,

    --- 1933 ........................    40    “  ,

    --- 1939 ........................    23    “  .

Angaben aus: Aloys Sommerfeld, Juden im Ermland - Ihr Schicksal nach 1933, S. 73

Bildergebnis für wartenburg BarczewoÄhnliches Foto

Zentrum von Wartenburg  -  hist. Aufn. um 1910/1920 (Quelle: Kreisgemeinschaft Allenstein e.V.)

In den 1870er Jahren erreichte die Wartenburger Gemeinde ihren personellen Zenit mit mehr als 100 Angehörigen. In den Folgejahrzehnten war dann eine stete Abnahme der jüdischen Ortsbevölkerung zu verzeichnen.

Offenen Antisemitismus gab es in Wartenburg vor 1933 kaum; zwischen der christlichen Bevölkerungsmehrheit und der jüdischen Bevölkerungsminderheit soll ein unverkrampftes Verhältnis bestanden haben. Die jüdischen Bewohner der Kleinstadt lebten allerdings recht zurückgezogen. Zu Beginn der NS-Zeit wohnten in Wartenburg nur noch 40 Juden. Wer nicht rechtzeitig emigrieren konnte, der wurde später deportiert.

In den Novembertagen 1938 blieb das Wartenburger Synagogengebäude unzerstört, weil es bereits ein Jahr zuvor von der Gemeinde an einen privaten Käufer veräußert worden war. (Anm.: Während der Kriegsjahre waren im ehemaligen Synagogengebäude Häftlinge des Zuchthauses Wartenburg untergebracht.) 

Das einstige Synagogengebäude, das nach 1945 immer mehr verfiel, wurde zwischenzeitlich von einem kleinen Textilbetrieb genutzt. Ab Ende der 1990er Jahre erfolgte eine grundlegende Sanierung des nun unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes; gegenwärtig ist hier eine Kunstgalerie untergebracht.

Die jüdische Begräbnisstätte in Wartenburg, die in der NS-Zeit teilweise der Zerstörung anheim fiel, ist in den 1970er Jahren in eine Grünfläche umgewandelt worden. Die etwa 100 damals noch vorhandenen Grabsteine wurden seitens der Kommunalverwaltung entfernt, einige davon ins Masurische Museum verbracht; weitere ca. 20 Steine befinden sich im Hof der ehemaligen Synagoge.

               Matzewot Wartenburg Aufn. aus: jewsineastprussia.de/de/cemetery-barczewo-wartenburg/

Im Jahre 1995 wurde am Rande des ehemaligen Friedhofsgeländes ein Findling mit einer Inschriftentafel aufgestellt, die auf die einstige Nutzung des Areals hinweist.

 

[vgl. Allenstein (Ermland)]

 

 

 

Weitere Informationen:

Ronny Kabus, Juden in Ostpreußen, Husum 1998

Aloys Sommerfeld, Juden im Ermland - Ihr Schicksal nach 1933, in: "Zeitschrift für die Geschichte und Altertumskunde Ermlands", Beiheft 10/1991, Münster 1991, S. 73 - 76

Aloys Sommerfeld, Juden im Ermland, in: M.Brocke/M.Heitmann/H.Lordick (Hrg.), Zur Geschichte und Kultur der Juden in Ost- und Westpreußen, Georg Olms Verlag, Hildesheim/u.a. 2000, S. 87 ff.

Barczewo, in: sztetl.org.pl

Barczewo (niem. Wartenburg in Ostpreußen), online abrufbar unter: cmentarze-zydowskie.pl/barczewo.htm

N.N. (Red.), Friedhof Barczewo – Wartenburg, Hrg. Jews n East Prussia – History and Culture Society, online abrufbar unter: jewsineastprussia.de/de/jewsineastprussia.de/de/cemetery-barczewo-wartenburg/

Marcel Krueger (Red.), Neues Leben in alten Mauern. Die Synagoge Wartenburg/Barczewo und andere jüdische Spuren im Ermland, online abrufbar unter: kulturforum.info/de/kk-magazin/8163-neues-leben-in-alten-mauern-die-synagoge-wartenburg-barczewo-und-andere-judische-spuren-im-ermland (Juni 2020)