Vandsburg (Westpreußen)

Vandsburg (im Landkreis Zempelburg) - ca. 30 Kilometer östlich von Flatow (poln. Zlotów) bzw. ca. 40 Kilometer südlich von Konitz (poln. Chojnice) gelegen - ist das poln. Więcbork mit derzeit ca. 6.000 Einwohnern (Ausschnitt aus hist. Karte von 1890, aus: wikipedia.org, gemeinfrei). 

 

                       Ihren personellen Zenit erreichte die jüdische Gemeinde von Vandsburg in der Zeit um 1850/1870; damals betrug ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung maximal 20%.

In der Ortschaft Vandsburg wurden mit Unterstützung der Ortsherrschaft – davon gab es im Laufe der Zeit mehrere Familien - gegen Mitte des 16.Jahrhunderts Juden ansässig. Auf Grund von Kriegswirren vor und nach 1700 hatten die meisten jüdischen Familien den Ort verlassen; einige Jahrzehnte später kamen dann erneut Juden nach Vandsburg; es waren zumeist ärmere Familien, die aus anderen Orten ausgewiesen worden waren. Nach abermaliger Vertreibung aus Vandsburg (nach 1785) – etwa 20 Jahre lang waren nun hier keine Juden wohnhaft - bildete sich nach 1815 aus zugezogenen Familien umliegender Landstädte eine selbstständige Gemeinde heraus, die vier Jahrzehnte später mit mehr als 300 Angehörigen ihren zahlenmäßigen Höchststand erreichte. Die Statuten der Gemeinde wurden 1859 festgeschrieben; danach zählten auch zahlreiche umliegende kleine Ortschaften zum Einzugsgebiet der Gemeinde.

Zu den gemeindlichen Institutionen gehörten ein Friedhof (westlich des Ortes) und ein recht ansehnliches Synagogengebäude; dieser Bau konnte erst nach behördlicher Genehmigung Anfang der 1840er Jahre erstellt werden. Wenige Jahre vor dem Ersten Weltkrieg wurde er renoviert.

      

                   Hauptplatz mit Synagoge (Federzeichnung)                                        Synagoge am See (hist. Postkarte, aus: sztetl.org.pl)

Die Gemeinde verfügte von ca. 1860 bis 1880 über einen von ihr angestellten Rabbiner; danach wurde sie von der größeren Nachbargemeinde Zempelburg (Sepólno) betreut.

Die jüdischen Kinder besuchten bis Mitte des 19.Jahrhunderts die Stadtschule; dort wurden sie auch von einem jüdischen Lehrer in Hebräisch und Religionskunde unterrichtet. Mit der Trennung nach Konfessionen wurde Anfang der 1850er Jahre eine jüdische Schule ins Leben gerufen; sie bestand etwa drei Jahrzehnte.

Juden in Vandsburg:

--- um 1675 ...................... ca.   5 jüdische Haushalte,

--- 1816 .............................  64 Juden,

--- 1822 .............................  97   “  ,

--- 1849 ............................. 254   “  (ca. 16% d. Bevölk.),

--- 1858 ............................. 310   “  ,

--- 1871 ............................. 293   “  (ca. 19% d. Bevölk.),

--- 1880 ............................. 245   "  (ca. 12% d. Bevölk.),

--- 1885 ............................. 202   “  ,

--- 1910 ............................. 157   “  (ca. 5% d. Bevölk.),

--- 1923 ......................... ca.  60   “  ,

--- 1939 .............................  15   “  .

Angaben aus: Gerhard Salinger, Zur Erinnerung und zum Gedenken. Die einstigen jüdischen Gemeinden Westpreußens, Teilband 2, S. 444 f.

und                  Wiecbork, in: sztetl.org.pl

 

Wie in den meisten Landstädten der Region setzte ab den 1880er Jahren eine Abwanderung ein. Ein zweiter Abwanderungsschub – vor allem wohlhabenderer Familie – erfolgte nach Ende des Ersten Weltkrieges ins Innere Deutschlands, als das Gebiet dem polnischen Staat angegliedert wurde.

Die wenigen verbliebenen Juden waren Anfang/Mitte der 1930er Jahre mit antisemitischen Gewalttätigkeiten hiesiger Einwohner konfrontiert.

Die zu Kriegsbeginn noch hier lebenden jüdischen Bewohner wurden alsbald "umgesiedelt".

Während der Kriegsjahre wurde das Synagogengebäude zerstört. Vom jüdischen Friedhof sind heute nur noch spärliche Relikte einer das Areal einst umgebenden Mauer vorhanden, ansonsten findet man hier keine Grabstellen mehr.

 

vgl. Flatow (Westpreußen)

 

 

Weitere Informationen:

Max Aschkewitz, Zur Geschichte der Juden in Westpreußen, in: "Wissenschaftliche Beiträge zur Geschichte und Landeskunde Ost-Mitteleuropas", hrg. vom Johann Gottfried Herder-Institut No. 81, Marburg 1967

Wolfgang Bahr, Kurze Geschichte des Flatower Landes, in: Heimatbuch für den Kreis Flatow – Grenzmark Posen-Westpreußen – Provinz Pommern, hrg. vom Heimatkreisausschuss für den Kreis Flatow mit Unterstützung des Patenschaftskreises Gifhorn, Gifhorn 1971, S. 37 – 42

Harold Hammer-Schenk, Synagogen in Deutschland. Geschichte einer Baugattung im 19. u. 20.Jahrhundert, Hans Christians Verlag, Hamburg 1981, Teil 2, Abb. 249

Gerhard Salinger, Zur Erinnerung und zum Gedenken. Die einstigen jüdischen Gemeinden Westpreußens, Teilband 2, New York 2009, S. 444 - 450

Tomasz Kawski, History of Wiecbork, in: sztetl.org.pl

Joachim Zdrenka, Ofiary onozów koncentracyjnych z powiatu zlotoskiego – KZ-Opfer aus dem Landkreis Flatow, Zlotów 2012

Joachim Zdrenka, Zydzi powiatu Złotowskiego (1859-)1874 – 1945  -  Juden des Landkreises Flatow (1859-)1874 - 1945, Złotów 2013

Wiecbork, aus: sztetl.org.pl