Billigheim (Baden-Württemberg)

Datei:Billigheim in MOS.svg Billigheim ist eine Kommune (aus fünf Ortsteilen bestehend) mit derzeit ca. 6.000 Einwohnern im baden-württembergischen Neckar-Odenwald-Kreis – ca. 25 Kilometer nördlich von Heilbronn gelegen (Kartenskizze 'Neckar-Odenwald-Kreis', Hagar 2010, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0).

 

Unmittelbar nach dem Dreißigjährigen Kriege ließen sich die ersten jüdischen Familien im kur-mainzischen Billigheim nieder und bildeten hier bald eine Gemeinde. Ab den 1820er Jahren existierte in der Hauptstraße, der heutigen Schefflenztalstraße, eine Synagoge; der Betraum befand sich im Obergeschoss.

        Synagoge Billigheim (hist. Aufn., Hauptstaatsarchiv Stuttgart)

Religiöse Aufgaben der Gemeinde tätigte ein seitens der Gemeinde angestellter Lehrer, der neben der Unterweisung der Kinder zugleich als Vorbeter und Schächter (Schochet) tätig war.

http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20346/Billigheim%20Amtsblatt%20Seekreis%2017021855.jpg 

aus: „Großherzoglich Badisches Anzeige-Blatt für den See-Kreis" vom 17.Febr. 1855 u. der Zeitschrift "Der Israelit“ vom 3.Febr. 1875

Um 1835 war in Billigheim eine israelitische Konfessionsschule eingerichtet worden; diese war Jahre später in einem neuen Schulhaus (in der Entengasse) untergebracht und hat bis ca. 1875/1880 bestanden.

In der Gemarkung Neudenau besaß die Billigheimer Judenschaft - gemeinsam mit der aus Neudenau - ihre Beerdigungsstätte; erste Begräbnisse wurden vermutlich hier bereits im 18.Jahrhundert vorgenommen.

  Aufn. Peter Schmelzle, 2009, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0

Billigheim war seit 1827 dem Rabbinatsbezirk Mosbach zugehörig.

Juden in Billigheim:

         --- 1722 ...........................  10 jüdische Familien,

    --- 1743 ...........................  11     “       “    ,

    --- 1825 ...........................  85 Juden (ca. 11% d. Bevölk.),

    --- 1836/38 .................... ca. 140   “  ,

    --- 1844 ...........................  96   “  ,

    --- 1864 ...........................  90   "  ,

    --- 1875 ...........................  69   “   (knapp 8% d. Bevölk.),

    --- 1885 ...........................  72   "  ,

    --- 1900 ...........................  44   “   (ca. 5% d. Bevölk.),

    --- 1910 ...........................  35   "   (ca. 4% d. Bevölk.),

    --- 1925 ...........................  27   “  ,

    --- 1940 (Sept.) ...................  10   “  ,

             (Nov.) ....................  keine.

Angaben aus: F.Hundsnurscher/G.Taddey, Die jüdischen Gemeinden in Baden - Denkmale, Geschichte ..., S. 45

 

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts ging die Zahl der jüdischen Bewohner durch Ab- und Auswanderung rasch zurück. Die jüdischen Familien lebten vom Handel mit Vieh und Waren aller Art.

 https://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20157/Billigheim%20Israelit%2017121894.jpg Geschäftsanzeigen aus dem Jahre 1893/94

Bis nach 1933 gab es noch zwei Viehhandlungen jüdischer Eigentümer. Da die wenigen jüdischen Bewohner Billigheims bei der christlichen Bevölkerung im Allgemeinen anerkannt und geachtet waren, wirkten sich die antijüdischen Boykottmaßnahmen bis 1938 kaum aus. Während des Novemberpogroms demolierten SA-Angehörige die Inneneinrichtung der Synagoge, ein Anzünden des Gebäudes konnte aber verhindert werden.

Im Rahmen der sog. „Aktion Buerckel“ wurden Ende Oktober 1940 die letzten zehn jüdischen Bewohner aus Billigheim ins südfranzösische Gurs deportiert; ihre Schicksale sind bis heute nicht völlig geklärt.

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden ..." sollen mindestens 17 aus dem baden-württembergischen Billigheim stammende Juden in der NS-Verfolgungszeit gewaltsam ums Leben gekommen sein (namentliche Nennung der Opfer siehe: alemannia-judaica.de/billigheim_synagoge.htm).

 

Das (seit 1939) vorwiegend zu Wohnzwecken genutzte Synagogengebäude wurde um 1990 im Rahmen von Straßenbaumaßnahmen abgerissen.

Nach langen Diskussionen wurde 2007 am ehemaligen Synagogenstandort (Schefflenztalstraße) das (bislang eingelagerte) Portal der ehemaligen Synagoge als Denkmal der Erinnerung an die über 300jährige Geschichte jüdischen Lebens in Billigheim und die Verschleppung der letzten jüdischen Bewohner (im Okt. 1940) aufgestellt.

 Gedenkstein in Billigheim

Deportations-Mahnmal in Billigheim (Aufn. Lunkwill, 2008, aus: wikipedia.org und aus: mahnmal-neckarzimmern.de)

Der Billigheimer Memorialstein – aufgestellt am zentralen Mahnmal für die deportierten badischen Juden in Neckarzimmern - besteht aus dreieckigen Kalkplatten, die sich gegenseitig stützen. Die aufrecht stehenden Platten sind mit einem Davidstern, mit einem siebenarmigen Leuchter und mit dem Wappen Billigheims versehen. Die in Billigheim aufgestellte Doublette wird zudem vom Türportal der ehemaligen Synagoge überragt.

Auf dem allgemeinen Friedhof in Billigheim erinnert heute eine Tafel mit den folgenden Worten an die Juden des Ortes:

Ein Gedenken den zu Todverfolgten,

den leidbedrängten Juden des Dorfes 1933 - 1945

 

Hinweis: Auch im pfälzischen Billigheim gab es eine jüdische Gemeinde. [vgl. Billigheim (Rheinland-Pfalz)]

 

 

 

Weitere Informationen:

F.Hundsnurscher/G.Taddey, Die jüdischen Gemeinden in Baden - Denkmale, Geschichte, Schicksale, Hrg. Archivdirektion Stuttgart, Kohlhammer Verlag, Stuttgart 1968, S. 44/45

Gabi Metzger, “ ... und gedenken der Vergangenheit ...”. Die Billigheimer Synagoge, in: "Unser Land", Jg. 1987, S. 159/160

Joachim Hahn, Erinnerungen und Zeugnisse jüdischer Geschichte in Baden-Württemberg, Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1988, S. 378/379

Billigheim, in: alemannia-judaica.de (mit zumeist personenbezogenen Dokumenten zur jüdischen Ortshistorie)

Joachim Hahn/Jürgen Krüger, “Hier ist nichts anderes als Gottes Haus ...” Synagogen in Baden-Württemberg, Teilband 2: Orte und Einrichtungen, Konrad Theiss Verlag GmbH, Stuttgart 2007, S. 45/46

Kommune Billigheim (Red,), Einweihung des Denkmals zur Erinnerung an die jüdische Geschichte in Billigheim (22.10.2007)

Felicia Sparacio: Erinnerung an jüdisches Leben in Billigheim - drei Konjunkturen, o.O. 2012 (PDF-Datei, abrufbar unter: alltagskultur-info)