Feudenheim (Baden-Württemberg)

  Bildergebnis für mannheim karte   MA-Stadtteil-150-Feudenheim.pngDas badische Feudenheim ist seit 1910 ein Stadtteil/-bezirk von Mannheim (Kartenskizzen aus: bgd-bw.de  und  'Stadtteilkarte Mannheim' mit Feudenheim dunkelblau markiert, H. Berberich 2018, aus: commons.wikimedia.org, CCO).

 

Die Wurzeln einer jüdischen Gemeinde in Feudenheim reichen bis in die Zeit des 17. Jahrhunderts zurück; erstmals wurden Juden in Feudenheim im Jahre 1672 namentlich erwähnt. Bis ins 19.Jahrhundert hinein konzentrierte sich ihr Wohngebiet auf die untere Talstraße - „Judengass“ genannt. Gottesdienste wurden zunächst in einem Raum im Hause des Isaak Löw abgehalten. Als dieser angesichts der anwachsenden Zahl der Gemeindeglieder zu klein geworden war, begann man nach 1800 mit einer Spendenkollekte für den Bau eines neuen Synagogengebäudes. 1819 wurde der Neubau realisiert; das schlichte Synagogengebäude in der Neckargasse war nur durch seine Rundbogenfenster als Sakralbau zu erkennen.

https://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20341/Feudenheim%20ABl%201835%20995.jpg   https://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20346/Feudenheim%20Amtsblatt%20Seekreis%2016041845.jpg

Anzeigen im „Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den See-Kreis" von 1835 und 1845

Im Jahre 1841 (andere Angabe: 1845) wurde neben der Synagoge ein Schulhaus errichtet, in der sich außer dem Schulzimmer das rituelle Bad und im Obergeschoss eine Lehrerwohnung befanden. Bereits um 1870 wurde die kleine Konfessionsschule aufgelöst, doch wurde im dem Gebäude weiterhin der Religionsunterricht für die jüdischen Schulkinder erteilt.

        Israel. Schule und Synagoge (Skizze Günther Löhr)

Verstorbene Gemeindeangehörige wurden zunächst auf dem jüdischen Friedhof in Hemsbach beerdigt. Seit 1858/1859 gab es ein eigenes Beerdigungsgelände an der Scheffelstraße, das bis 1900 in Nutzung war; danach wurden die Toten auf dem neuen jüdischen Friedhof an der Talstraße beigesetzt, unmittelbar neben dem christlichen Ortsfriedhof.

Seit 1827 gehörte die jüdische Gemeinde Feudenheim zum Rabbinatsbezirk Ladenburg; dieser wurde ab Mitte der 1880er Jahre von Heidelberg betreut.

Juden in Feudenheim:

--- um 1775 .........................  17 Juden,

--- 1803 ............................  58   “  ,

--- 1832 ............................ 106   “  ,

--- 1852 ............................ 120   “  ,

--- 1864 ............................ 129   “  ,

--- 1875 ............................  86   “  ,

--- 1890 ............................ 120   “  ,

--- 1905 ............................  65   “  ,

--- 1925 ............................  49   “  ,

--- 1933 ........................ ca.  40   “  .

Angaben aus: Karl Otto Watzinger, Die jüdische Gemeinde in Feudenheim

 

Gegen Ende des 19.Jahrhunderts nahm die Zahl der Gemeindeangehörigen langsam ab, die meisten zogen nach Mannheim. Es wurde nun immer schwieriger, den für Gottesdienste erforderlichen Minjan zu erreichen. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Synagoge in Feudenheim kaum mehr benutzt; nur an hohen Feiertagen fanden unter der Leitung des Mannheimer Rabbiner Gottesdienste statt.

https://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20164/Feudenheim%20CV-Ztg%2007121922.jpgeine gewerbliche Kleinanzeige von 1922

Zu Beginn der 1930er Jahre lebten nur noch ca. 40 Juden in Feudenheim.

Ehemalige (teilweise bis nach 1933 bestehende) jüdische Gewerbebetriebe waren: Bäckerei Juius Kaufmann (Brunnenstraße), Viehhandlung Gustav Kahn (Hauptstraße), Metzgerei Reimann (Hauptstraße), Textilgeschäft Fam. Scherrmann (Ecke Hauptstraße/Blücherstraße) und die beiden Viehhandlungen Sigmund Kirchheimer und Hermann Kahn (Talstraße). 

In der Pogromnacht 1938 wurde die Feudenheimer Synagoge durch SA-Angehörige zerstört; sie rissen zunächst den Fußboden heraus und versuchten anschließend, das Gebäude in Brand zu setzen. Als die Brandlegung fehlschlug, holten sie die jüdischen Männer aus ihren Wohnungen und zwangen sie, Gebetbücher in ein vor der Synagoge entfachtes Feuer zu werfen.

Von den 14 Feudenheimer Juden, die nach Gurs verschleppt wurden, überlebten einzig die Geschwister Kahn.

 

Synagogenruine und das ehem. jüdische Schulhaus verschwanden Anfang der 1960er Jahre aus dem Ortsbild. Wenige Mauerreste und eine Inschriftentafel bilden seit 1965 eine kleine Erinnerungsstätte an die jüdische Vergangenheit des Ortes:

An dieser Stelle stand die im Jahre 1819 erbaute Synagoge

der Israelitischen Gemeinde Feudenheim.

Sie wurde in der Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft am 9.November 1938 zerstört.

Während vom alten jüdischen Friedhof (Scheffelstraße) noch ca. 50 Grabsteine vorhanden sind, weist der neue jüdische Friedhof an der Talstraße noch 19 Grabsteine auf.

http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%2070/Feudenheim%20Friedhof%20231.jpgJüdischer Friedhof Feudenheim Talstr 03 fcm.jpg

alter Friedhof (Aufn. Inge Laidig, 2005) und neuer Friedhof (Aufn. Frank C. Müller, 2010, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0)

Auch in Feudenheim erinnern seit 2017 einige sog. "Stolpersteine" an Verfolgte des NS-Regimes; 2022 wurden letztmalig in der Talstraße zwei Steine verlegt, die an das jüdische Ehepaar Kahn erinnern.

 

[vgl.  Mannheim (Baden-Württemberg)]

 

 

 

Weitere Informationen:

Karl Otto Watzinger, Die jüdische Gemeinde in Feudenheim, in: "Mannheimer Hefte 1965", S. 14 - 17

Franz Hundsnurscher/Gerhard Taddey, Die jüdischen Gemeinden in Baden, Stuttgart 1968, S. 196

Hans Huth, Die Kunstdenkmäler des Stadtkreises Mannheim, Heft 2/1982, S. 1427 und S. 1461

Volker Keller, Bilder vom jüdischen Leben in Mannheim, Sonderveröffentlichung des Stadtarchivs Mannheim No.19, Mannheim 1988, S. 77 - 79

Joachim Hahn, Erinnerungen und Zeugnisse jüdischer Geschichte in Baden-Württemberg, Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1988, S. 365/366

Monika Preuß (Bearb.), Der jüdische Friedhof Mannheim-Feudenheim, Scheffelstraße, Unveröffentlichte Grunddokumentation des Landesdenkmalamtes Baden-Württemberg, 1993

Volker Keller, Jüdisches Leben in Mannheim, Mannheim 1995, S. 190 - 193 (betr. Feudenheim)

Feudenheim, in: alemannia-judaica.de (mit Dokumenten zur jüdischen Ortshistorie)

Joachim Hahn/Jürgen Krüger, “Hier ist nichts anderes als Gottes Haus ...” Synagogen in Baden-Württemberg, Teilband 2: Orte und Einrichtungen, Konrad Theiss Verlag GmbH, Stuttgart 2007, S. 309/310

Michael Ohmsen, Fotodokumentation der jüdischen Friedhöfe in Feudenheim

Stadt Mannheim (Hrg.), Feudenheim - ehemalige Synagoge, in: StadtPunkte - Mannheimer Geschichte  vor Ort, PDF-Datei: marchivum.de/sites/default/files/2018-03/feuden_synagoge.pdf

Auflistung der Mannheim-Feudenheim verlegten Stolpersteine, online abrufbar unter: wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Mannheim

Heike Warlich-Zink (Red.), Mannheim: Weitere 19 Stolpersteine erinnern an die Ermordeten, in: "Rhein-Neckar-Zeitung" vom 6.10.2017

Katja Keiler (Red.), Verlegung von „Stolpersteinen“ in Feudenheim, in: „Mannheimer Morgen“ vom 11.10.2017

Peter M. Ragge (Red.), Stolpersteine in Mannheim erinnern an Feudenheimer Juden, in „Mannheimer Morgen“ vom 12.10.2022