Bonn (Nordrhein-Westfalen)
Mit derzeit ca. 335.000 Einwohnern gehört die Stadt Bonn am Rhein heute zu den 25 größten Städten innerhalb Deutschlands (Ausschnitt aus hist. Karte von 1905, aus: wikipedia.org, Bild-PD-alt und Kartenskizzen 'Bonn und Umgebung', aus: amazon.de und 'Stadtteile Bonns', aus: erzbistum-koeln.de).
Da Judenverfolgungen und -vertreibungen Ende des 11.Jahrhunderts für Bonn nachweisbar sind, müssen demnach bereits zuvor jüdische Familien dort ansässig gewesen sein. Zahlreiche Bonner Juden sollen vor den marodierenden Kreuzfahrern den Freitod gewählt haben. Das Gedenkbuch des Talmud-Gelehrten Efraim bar Jacob ist die erste sichere Quelle, die das Leben der Juden in Bonn im 12.Jahrhundert schildert. Darin berichtet er auch von Verfolgungen durch Bonner Stadtbürger; nur die Flucht auf die nahe Wolkenburg soll den Bonner Juden damals das Leben gerettet haben. Im Laufe der ersten Hälfte des 12.Jahrhunderts entwickelte sich Bonn zum Zentrum des Talmudstudiums im Hl. Römischen Reich Dt. Nation; unter dem Schutz des Kölner Erzbischofs wuchs in Bonn eine relativ große und wohlhabende jüdische Gemeinde heran. In einem weiteren Pogrom (1288) kamen mehr als 100 Juden ums Leben, als die von Oberwesel ausgehende Welle der Verfolgungen auch Bonn erreichte.
Das mittelalterliche Judenviertel Bonns - mit Synagoge - lag zwischen der Bonn- und Wenzelgasse. Die meisten Juden lebten vom Geldverleih. Während der Pestpogrome von 1348/1349 wurde die Bonner jüdische Gemeinde vernichtet. Erst zu Beginn des 15.Jahrhunderts war wieder eine nennenswerte jüdische Ansiedlung zu verzeichnen; doch gegen Mitte des Jahrhunderts erfolgte erneut eine Vertreibung aus der Stadt.
Ab Ende des 16.Jahrhunderts gewann die inzwischen neugebildete jüdische Gemeinde in der Residenzstadt Bonn immer mehr Bedeutung, sodass das Landesrabbinat des Erzstifts Köln von Deutz hierher verlegt wurde. Zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges sollen nur wenige jüdische Familien in Bonn gelebt haben. Ihr Niederlassungsrecht verdankten sie meist nur dem Umstand, dass sie wohlhabend waren. Seit 1715 existierte in Bonn - auf Betreiben des Erzbischofs - ein neues, direkt am Rhein gelegenes Ghetto bzw. eine Judengasse, das über eine Synagoge und Mikwe, ein Gemeinde- bzw. Rabbinerhaus und seit 1799 auch über ein Judenhospital verfügte. Um 1780 bestand die Bonner Judengasse aus ca. 20 Häusern. Das alte Ghetto war 1689 - zusammen mit großen Teilen der Stadt - zerstört worden.
Ansicht von Bonn, Stich von Johann Georg Ringlin, um 1700 (Abb. aus: wikipedia.org, gemeinfrei)
Im ausgehenden 17. und 18. Jahrhundert genossen einzelne wohlhabende Juden als Hoffaktoren und -lieferanten am kurfürstlichen Hofe besonderes Ansehen, das ihnen zu weiterem sozialen Aufstieg verhalf. Im Jahre 1740 wurde ein Mitglied der weitverzweigten Familie Oppenheim in Bonn ansässig, wo es im Dienste des Fürstbischof Clemens August als Hoffaktor tätig war. Der 1772 in Bonn geborene Salomon Oppenheim jun. gründete 1789 ein Wechsel- und Kommissionsgeschäft, das sich später in Köln zum Bankhaus S. Oppenheim und 1904 zur Privatbank Sal. Oppenheim entwickelte. Salomon Oppenheim jun. wirkte mit seiner Bank in den ersten drei Dekaden des 19.Jahrhunderts maßgeblich an der wirtschaftlichen Entwicklung Kölns und des Rheinlandes mit.
Das Ende des Ghettolebens brachte dann die französische Besatzungszeit: Bonner Einwohner sollen 1797 zur Judengasse gezogen sein und unter dem Beifall der Bewohner das Holztor des Ghettos mit Äxten zerschlagen haben. Unmittelbar darauf setzte ein Anstieg der jüdischen Bevölkerung ein, der sich in der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts kontinuierlich fortsetzte. Die Juden in und um Bonn waren bis ca. 1875 zu einer Gemeinde zusammengeschlossen. Im Gefolge von Reformen des Gottesdienstes löste sich die Bonner Synagogengemeinde auf. Die städtische, liberal eingestellte Bonner Judenschaft entwickelte sich zu einer wohlhabenden Gemeinde, während die kleineren orthodoxen Gemeinschaften in Beuel, Godesberg, Mehlem und Poppelsdorf in wirtschaftlich bescheidenen Verhältnissen lebten.
Das Zentrum des alten jüdischen Viertels in Bonn befand sich am Brückenhaus Erzbergerufer; hier stand auch die während des Novemberpogroms von 1938 in Brand gesetzte Bonner Hauptsynagoge, die im Jahre 1878/1879 errichtet worden war. (Anm. Auf dem Grundstück der Synagoge wurde Ende der 1980er Jahre ein Hotel gebaut.)
In der „Bonner Zeitung” wurde am 1.2.1879 über die Einweihung berichtet: “ ... Der Abschied aus der alten, düsteren, ganz versteckt gelegenen ... Synagoge und sodann der Einzug in den neuen, stolz und frei gelegenen Tempel am Rhein - diese für die Juden denkwürdigen Ereignisse reden laut von dem mächtigen Umschwunge der Zeiten, und wer wollte nicht freudig Theil nehmen an dem gehobenen Gefühl des reich begabten Volkes. ... Der Tempel ist im Basilikenstil gebaut, ... Wie in den meisten neueren Synagogen üblich, geschieht im Innern die Trennung der Männer und Frauen nur durch einen Mittelgang, sodann auch durch gesonderte Haupteingänge. ... Über einem Eingang befand sich ein Stein mit der Jahreszahl “1715”, der offenbar von einem Tore des ehemaligen Ghettos stammte. ...”
Bonn mit Synagoge rechts im Bild (hist. Postkarte)
Synagoge in der Tempelstraße 2-6 (links: Zeichnung - rechts: Aufn. um 1900, Bonner Heimat- u. Geschichtsverein, aus: wikipedia.org, gemeinfrei)
Modell der Bonner Synagoge (Christoph Meixner, aus: modelle-alter-kirchen.de/seite/346268/bonn-synagoge.html)
In der Rheindorfer Straße weihte im Jahre 1932 (!) der ostjüdische Kulturverein einen neuen Betraum ein.
Eine dauerhaft betriebene jüdische Elementarschule hat es in Bonn bis zur NS-Zeit nicht gegeben. Erst 1934/1935 wurde eine zweiklassige private jüdische Schule in der Koblenzer Straße ins Leben gerufen. Im Jahre 1939 besuchten nur noch 32 und im Juni 1941 nur noch 13 jüdische Kinder die Schule; im Folgejahr wurde sie geschlossen.
Auf Bonner Stadtgebiet gab es zwei jüdische Friedhöfe: Der alte, vermutlich seit ca. 1620 genutzte Friedhof lag auf der rechten Rheinseite am Rande des Ortes Schwarzrheindorf. Sein genaues Alter ist unbekannt, doch dürfte er einer der ältesten und größten jüdischen Begräbnisstätten im nördlichen Rheinland sein. Der neue israelitische Friedhof an der Ringstraße (heute: Augustusring/Römerstraße) bestand seit 1873; bei seiner Einweihung lag er weit außerhalb der städtischen Bebauung.
Juden in Bonn:
--- um 1420 .......................... 11 jüdische Familien,
--- um 1620 .......................... 6 “ “ ,
--- um 1685 .......................... 7 “ “ ,
--- 1813 ............................. 474 Juden,* * alle Stadtteile
--- 1828 ............................. 747 “ ,*
--- 1871 ............................. 987 “ ,*
--- 1905 ............................. 1.503 “ ,*
--- 1933 ............................. 1.268 “ ,* (ca. 0,8% d. Bevölk.)
--- 1939 ............................. 679 " ,* (ca. 0,4% d. Bevölk.)
......................... ca. 450 “ ,
--- 1941 (Nov.) ...................... 431 “ ,*
--- 1942 (Herbst) .................... keine,
--- 1947 ......................... ca. 60 “ ,
--- 1958 ............................. 175 “ ,
--- 1987 ......................... ca. 210 “ .
Angaben aus: Heinrich Linn, u.a., Juden an Rhein und Sieg, S. 358 ff.
und Elfi Pracht, Jüdisches Kulturerbe in Nordrhein-Westfalen, Teil 1: Reg.bez. Köln, S. 468
Marktplatz von Bonn, Aufn. um 1905 (Abb. aus: wikipedia.org, gemeinfrei)
Anfang der 1930er Jahre lebten in Bonn und seinen Stadtteilen mehr als 1.200 jüdische Bewohner. Von den ca. 300 jüdischen Erwerbstätigen waren weit über die Hälfte Kaufleute, Handelstreibende und Fabrikanten; hinzu kamen ca. 30 Angehörige akademischer Berufe (Ärzte, Juristen u. Universitätsprofessoren). Handwerksberufe übten nur wenige aus.
Nach der NS-Machtübernahme erfuhren auch die Bonner Juden eine radikale Zäsur in ihrem Leben: Ausgrenzung, Diffamierung und Verfolgung gehörten in den Folgejahren zu ihrem Alltag. In der Liste der „Judenkartei“ (Juli 1937) waren für die Stadt Bonn insgesamt 674 „Volljuden“ verzeichnet; so kann davon ausgegangen werden, dass in den Jahren 1933 bis 1937 bereits ein Drittel der jüdischen Bevölkerung Bonn verlassen hatte und zumeist emigriert war.
Gegen Mittag des 10.November 1938 standen die Synagoge an der Bonner Tempelstraße und das benachbarte Gemeindehaus in Flammen. Die Reste beider Gebäude wurden im folgenden Jahr abgebrochen.
Brennende Bonner Synagoge (Aufn. Ferdi Kolb, aus: floerken.de)
ausgebrannte Synagogenruine (Aufn. Nov. 1938, Stadtarchiv)
Auch die weiteren vier Synagogen im heutigen Stadtgebiet Bonns wurden in der Pogromnacht in Brand gesteckt und größtenteils zerstört; diese Synagogen standen in: Bonn-Poppelsdorf, Jagdweg/Ecke Bennauerstraße; Bonn-Beuel, Siegfried-Leopold-Straße/Wilhelmstraße; Bonn-Bad Godesberg, Oststraße und Mehlem, Meckenheimer Straße.
[vgl. Poppelsdorf (Nordrhein-Westfalen)]
[vgl. Beuel (Nordrhein-Westfalen)]
[vgl. Bad Godesberg (Nordrhein-Westfalen)]
Darüber hinaus wurden in Bonn etwa 15 jüdische Geschäfte und teilweise auch Wohnungen verwüstet. Organisiert wurden die Aktivitäten der Schlägertrupps von der lokalen NSDAP-Parteileitung.
Anfang April 1941 richteten die NS-Behörden im Benediktiner-Kloster „Zur Ewigen Anbetung” in Bonn-Endenich, das die Nonnen auf Befehl der Gestapo innerhalb weniger Stunden hatten räumen müssen, ein provisorisches Sammellager für Juden aus Bonn und Umgebung ein. Über das „Zwischenlager“ Köln erfolgte dann ihre Deportation in Ghettos/Lager im besetzten Osteuropa. Im Juli 1942 wurde das Sammellager aufgelöst, und der letzte Transport verließ Bonn am 27.Juli 1942 in Richtung Theresienstadt. Eine Gedenktafel erinnert heute an dieses Sammellager:
Nach Vertreibung der Benediktinerinnen durch das NS-Regime diente dieses Haus 1941/42 als Sammellager für 474 jüdische Mitbürger aus Bonn und Umgebung. Von hier aus traten sie den Gang in die Vernichtungslager an. Nur sieben sind als überlebend bezeugt.
Insgesamt mehr als 700 Juden aus dem Bonner Raum wurden ermordet oder starben an den Folgen von Deportation und Inhaftierung.
Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde die jüdische Gemeinde Bonn reorganisiert; wesentlichen Anteil daran hatte Siegfried Leopold, der als 1.Vorsitzender die Geschicke der jüdischen Gemeinde leitete. In einem provisorisch hergerichteten Betraum in der Quantiusstraße fanden ab 1947 wieder Gottesdienste statt. Nachdem die Stadt Bonn der jüdischen Gemeinde zuvor ein Grundstück zur Verfügung gestellt hatte, wurde 1958 in der Wörthstraße - 1977 umbenannt in Tempelstraße - die neue Bonner Synagoge errichtet.
Synagoge in Bonn-Gronau (Aufn. E. Henkel, 2013 und H. Weingartz, 2005, beide aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0)
Im Jahre 2012 zählte die jüdische Gemeinde in Bonn knapp 1.000 Angehörige.
Eine Gedenktafel am Brückenhaus Erzberger-Ufer erinnert daran, dass ganz in der Nähe die Bonner Hauptsynagoge gestanden hat. Die Tafel trägt folgende Inschrift:
Nahe dieser Stelle stand die Synagoge.
Sie wurde im Jahre 1878 erbaut und bei den nationalsozialistischen Gewalttaten
gegen unsere jüdischen Mitbürger am 9.November 1938 zerstört.
Ein aus Fundamentresten des 1938 zerstörten Synagogengebäudes errichtetes „Gedenkzeichen“ - eine Ziegelsteinmauer mit einem herausgebrochenen Davidstern - wurde am 50.Jahrestag des Novemberpogroms auf der Rheinpromenade enthüllt (Aufn. Hagmann, 2011, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0). Die Inschrift einer hier angebrachten Gedenktafel lautet:
Zum Gedenken an die 1879 eingeweihte, am 10.November 1938 durch die nationalsozialistische Gewaltherrschaft zerstörte Synagoge Bonns und an die verfolgten, vertriebenen, ums Leben gebrachten jüdischen Bürger. Dieses Gedenkzeichen besteht aus Steinen der wenige Meter von hier entfernten Grundmauern der zerstörten Synagoge. Es wurde von der Stadt Bonn am 10.November 1988 eingeweiht.
An zahlreichen Stellen im Bonner Stadtgebiet sind seit 2002 sog. „Stolpersteine“ verlegt worden, die an zumeist jüdische Opfer der NS-Gewaltherrschaft erinnern; inzwischen beläuft sich ihre Anzahl auf insgesamt ca. 440 messingfarbene Gedenkquader (Stand 2024).
"Stolpersteine" - verlegt in den Gehwegen von Bonn (aus: wikipedia.org)
alle Aufn. Josef Schugt, 2015, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 4.0
Zwei jüdische Friedhöfe erinnern heute noch an die jüdische Gemeinde; der älteste und größere ist der in Schwarzrheindorf. In den 1960er Jahren wurde dieser mehr als 7.500 m² große Friedhof umfassend restauriert, mehr als 100 der insgesamt fast 450 Grabsteine wurden saniert; seit 1991 steht das Friedhofsgelände unter Denkmalschutz.
Teilansicht und älteres Gräberfeld (Aufn. Axel Kirch, 2018 und Rainhard Sippel, 2020, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 4.0)
Am Friedhofseingang befindet sich ein Gedenkstein mit Inschrift:
Sachor lo tischkasch
Erinnere Dich - Vergiß nicht
Deiner ermordeten jüdischen Mitbürger - auf daß diese Zeit nie wiederkehre
Errichtet am 9.November 1968 von der Stadt Beuel
Gedenkstein (Aufn. Jaroslaw T., 2013, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)
Auf dem 1873 eingeweihten israelitischen Friedhof an der Ecke Römerstraße/Augustusring finden bis auf den heutigen Tag Beerdigungen statt; auf dem Areal findet man heute mehr als 1.000 Grabstätten.
neuer Friedhof (Aufn. R.Hauke, 2011, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)
Seit 1996 wird von der Gemeinde im Bonner Stadtteil Röttgen ein neues Gräberfeld auf dem jüdischen Friedhof im Kottenforst – angrenzend an den Kommunalfriedhof - belegt; aktuell befinden sich dort ca. 100 Grabstellen (2022).
Gräber Friedhof im Kottenforst (Aufn. E., 2021, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 4.0)
Im Bonner Stadtteil Mehlem existierte auch eine kleine jüdische Gemeinschaft, die sich in der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts gebildet hatte und als Filialgemeinde der Godesberger Kultusgemeinde angeschlossen war. Gottesdienstliche Zusammenkünfte fanden in einer eigenen Synagoge in der Meckenheimer Straße statt, die 1874 eingeweiht worden war. Auch ein eigener Begräbnisplatz war vorhanden; auf dem ca. 1.250 m² großen Begräbnisgelände in der Oberaustraße findet man heute noch ca. 45 Grabsteine.
Friedhof in Mehlem (Aufn. Reinhardhauke, 2011, in: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)
Versuche der Mehlemer Juden, sich von der Muttergemeinde zu lösen und Autonomie zu erreichen, scheiterten aber. Wegen rückläufiger Zahlen der Gemeindemitglieder wurde ab Ende der 1920er Jahre die Synagoge nicht mehr benutzt, und die in Mehlem verbliebenen Juden besuchten nun die Gottesdienste in Godesberg.
Eines der ersten jüdischen Opfer in Mehlem war der Metzgermeister Josef Levy, der von SS-Angehörigen in seinem Betrieb erhängt wurde.
Während des Novemberpogroms wurde die Mehlemer Synagoge in Brand gesteckt und brannte völlig nieder.
Eine Gedenktafel erinnert heute mit folgenden Worten an das Geschehen:
Zum Gedenken an alle durch die nationalsozialistische Gewaltherrschaft verfolgten, vertriebenen und ermordeten jüdischen Bürger und an die hier 1875 eingeweihte,
am 10.November 1938 zerstörte Synagoge.
Auch in Mehlem wurden einige sog. „Stolpersteine“ verlegt, so in der Meckenheimer Straße und Siegfriedstraße.
für Fam. Levy, Meckenheimer Str. (Aufn. M. Salazar, 2008, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)
Zahlreiche Straßen im Bonner Stadtgebiet tragen Namen jüdischer Persönlichkeiten, darunter die Hausdorffstraße, die Heinrich-Hertz-Straße, die Jonas-Kahn-Straße, die Philippsonstraße und die Verweyen-Straße. 1986 richtete der Verein „An der Synagoge“ sein „Werkhaus für eine Bonner Gedenkstätte“ ein. Dem Verein gehören mehr als 250 Einzelpersonen und 46 Organisationen an. Ziel ist das Wachhalten der Erinnerung an die Bonner Opfer der NS-Herrschaft und eine Dokumentierung des Alltags in der NS-Zeit. Die Dokumentation kann seit 1996 in den Räumen des Stadthistorischen Museums besichtigt werden; 2005 wurde diese grundlegend überarbeitet und ergänzt.
Das „Projekt Gedenkbuch“ ist allen Menschen gewidmet, die während der Jahre 1933 - 1945 in Bonn gelebt haben und Opfer der NS-Gewaltherrschaft geworden sind.
Zu den wertvollsten erhaltengebliebenen Handschriften der alten Bonner Gemeinde gehört das aus dem Beginn des 18.Jahrhunderts stammende Memorbuch.
Der in Bonn 1812 geborene Moses Heß - ein deutsch-jüdischer Philosoph und Schriftsteller - entstammte einem streng orthodoxen Elternhaus. Als Autodidakt betrieb er philosophische Studien; er gilt als Mitbegründer der kommunistischen Bewegung und als Vorläufer des Zionismus. Als Korrespondent der "Rheinischen Zeitung" arbeitete er zunächst in Frankreich. 1845 übersiedelte er nach Belgien. 1848/1849 suchte er in der Schweiz Zuflucht und verbrachte den Rest seines Lebens zumeist in Paris. Mit dem aufkommenden Antisemitismus in Deutschland kehrte Moses Heß wieder zu seinen jüdischen Wurzeln zurück. In der Religion sah er das geeignetste Mittel, die jüdische Nationalität und Identität zu wahren. In den 1860er Jahren engagierte sich Heß in der damals entstehenden deutschen Sozialdemokratie.
Moses Heß starb 1875 in Paris, ließ sich aber auf dem jüdischen Friedhof in Köln-Deutz begraben. Auf seinem Grabstein ließen die Kölner Sozialdemokraten später als Ehrung „Vater der deutschen Sozialdemokratie“ einmeißeln. Im Jahre 1961 wurden seine sterblichen Überreste nach Israel überführt, wo diese neben denen anderer Zionisten ihre letzte Ruhe fanden. Seit 2012 trägt ein Abschnitt des Bonner Erzbergerufers (von der Josefstraße bis zur Kennedy-Brücke) den Namen von Moses Heß.
2022 wurde ein Teil der Karl-Lindsteiner-Straße auf dem Venusberg-Campus in Doktor-Eva-Glees-Straße umbenannt.
vgl. dazu: Bad Godesberg (Nordrhein-Westfalen)
vgl. dazu: Beuel (Nordrhein-Westfalen)
In Niederkassel – nördlich von Bonn gelegen – erinnert seit 2019 ein sog. „Stolperstein“ an die Jüdin Karola Adami (geb. Stern), die die NS-Zeit überlebt hat und als inzwischen 94-Jährige an der Verlegung ihres Steines persönlich anwesend war.
verlegt an der Oberstraße (Aufn. Martina Welt, 2019)
Weitere Informationen:
Emanuel Schreiber, Die Jüdische Gemeinde Bonn. Festschrift zur Einweihung ihrer neuen Synagoge am 31.Jan. 1879, Bonn 1879
Alfred Levy, Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde Bonn zum 50jährigen Jubiläum der Synagoge, Bonn 1929
Ernst Simons, Geschichte der jüdischen Gemeinden im Bonner Raum, Bonn 1959
Festschrift zur Einweihung der neuen Synagoge in Bonn 26.Mai 1959
Gotthard Werner, Die Bonner Friedhöfe, in: "Bonner Geschichtsblätter", No.14/1960, S. 116 - 158
Heinrich Schnee, Zur Geschichte der Bonner Hoffaktoren, in: "Bonner Geschichtsblätter", No.14/1960, S. 89 f.
Otto Neugebauer, Ein Dokument zur Deportation der jüdischen Bevölkerung Bonns und seiner Umgebung, in: "Bonner Geschichtsblätter", No.18/1964, S. 159 - 229
Otto Neugebauer, Der Pogrom vom 10.November 1938 in Bonn, in: "Bonner Geschichtsblätter", No.19/1965, S. 196 f.
Johannes Bücher, Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde Beuel, in: "Studien zur Heimatgeschichte der Stadt Beuel a.Rh.", Heft 7, Beuel 1965
Max Braubach, Jüdischer Anteil an der Bonner Gelehrsamkeit, in: "Rheinische Vierteljahrsblätter", No. 32/1968
Germania Judaica, Band II/!, Tübingen 1968, S. 93 – 95 und Band III/1, Tübingen 1987, S. 136/137
Klaus H.S. Schulte, Bonner Juden und ihre Nachkommen bis um 1930. Eine familien- und sozialgeschichtliche Dokumentation, in: "Veröffentlichungen des Stadtarchivs Bonn", Band 16, Bonn 1976
Edith Ennen, Die Jüdische Gemeinde Bonn. Ein Beitrag zur Geschichte des Judentums im Rheinland, in: "Bonner Geschichtsblätter", No. 29/1977, S. 81 ff.
Shlomo Na‘aman, Emanzipation und Messianismus. Leben und Werk des Moses Hess, in: „Quellen und Studien zur Sozialgeschichte“, Band 3, Frankfurt am Main/New York 1982
Willi-Ferdinand Becher/u.a., Die nationalsozialistische „Machtergreifung“ in Bonn 1932/33. Eine Dokumentation aus Bonner Zeitungen, hrg. vom Stadtarchiv Stadt Bonn, 1983
H. Fremerey-Dohna/R. Schoene, Jüdisches Geistesleben in Bonn: 1789 - 1945. Eine Bibliographie, Bonn 1985
Otto Dann, Die Bonner Juden und die akademischen Berufe, in: "Bonner Geschichtsblätter", No. 37/1985
Michael J. Wieseler, Die Reform der Synagogengemeinde Bonn im ersten Jahrzehnt der Kaiserzeit, in: D.Höroldt/M.v. Rey (Hrg.), Bonn in der Kaiserzeit 1871 - 1914. Festschrift zum 100jährigen Jubiläum des Bonner Heimat- und Geschichtsvereins, Bonn 1986
Hans Kleinpass, Zur Geschichte der ehemaligen Synagogen in Godesberg und Mehlem, in: "Godesberger Heimatblätter", No.25/1987
Hans-Peter Schwarz (Hrg.), Die Architektur der Synagoge, Ausstellungskatalog Dt. Architekturmuseum Frankfurt/M., Frankfurt/M. 1988, S. 316
Horst-Pierre Bothien, Bonn in der NS-Zeit - Verfolgung und Widerstand. Begleitheft zur Ausstellung des Vereins ‘An der Synagoge e.V.’, Rheinland-Verlag, Bonn 1989
‘September-Aktion’ 1944 - ‘Mischehen’ und ‘Mischlinge’ in Bonn, Hrg. Verein “An der Synagoge e.V.” , Eigenverlag Bonn 1990
Verfolgung und Widerstand - Bonn und die NS-Zeit in Dokumenten, Hrg. Verein “An der Synagoge e.V.” , Eigenverlag Bonn 1990
L.Heid/J.Schoeps (Hrg.), Wegweiser durch das jüdische Rheinland, Nicolaische Verlagsbuchhandlung Beuermann GmbH, Berlin 1992, S. 38 f.
Deportiert aus Endenich - Juni/Juli 1942. Transport der Bonner Juden in die Vernichtungslager, Hrg. Verein “An der Synagoge e.V.”, Eigenverlag Bonn 1992
Benno Reicher, Jüdische Geschichte und Kultur in NRW - ein Handbuch, in: Sekretariat für gemeinsame Kulturarbeit in NRW (Hrg.), Kulturhandbücher NRW, Band 4/1993, S. 66 - 74
Manfred von Rey, Die Vernichtung der Juden in Bonn, in: E. Eichhorn/E.J.Thiele (Hrg.), Vorlesungen zum Gedenken an Felix Hausdorff, Heldermann Verlag Berlin 1994, S. 227 - 251
Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus - Eine Dokumentation, Hrg. Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 1995, S. 500 ff.
Elfi Pracht, Jüdisches Kulturerbe in Nordrhein-Westfalen, Teil 1: Regierungsbezirk Köln, J.P.Bachem Verlag, Köln 1997, S. 467 ff.
Dan Bondy/Michael Brocke, Der alte jüdische Friedhof in Bonn-Schwarzrheindorf, 1623 - 1965. Bildlich-textliche Dokumentation, Arbeitsheft der rheinischen Denkmalpflege 50, Köln/Bonn 1998
Michael Brocke (Hrg.), Feuer an dein Heiligtum gelegt - Zerstörte Synagogen 1938 in Nordrhein-Westfalen, Ludwig Steinheim-Institut, Kamp Verlag, Bochum 1999, S. 23/24 und S. 57 – 61
Brigitte E. Klein/Rotraud Ries (Bearb.), Zu Struktur und Funktion der jüdischen Oberschicht in Bonn und ihre Beziehungen zum kurfürstlichen Hof, in: F.G. Zehnder (Hrg.), Eine Gesellschaft zwischen Tradition und Wandel. Alltag und Umwelt im Rheinland des 18.Jahrhunderts, Köln 1999, S. 289 - 315
The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust (Vol. 1), New York University Press, Washington Square, New York 2001, S. 168 - 170
M.Brocke/Chr. Müller, Haus des Lebens. Jüdische Friedhöfe in Deutschland, Reclam Verlag, Leipzig 2001, S. 169/170
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Leah Rauhut-Brungs, Rabbiner in Bonn. Spuren ihrer Tätigkeit zwischen dem 12. und 20.Jahrhundert, hrg. von der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, Bonn 2007
Helmut Vreden, Jüdische Metzger und Viehhändler in Oberkassel bei Bonn, 4. erg. Auflage, Königswinter 2008
Astrid Mehmel/Sandra Seider, „Sie brannten am helllichten Tag“ - Der Novemberpogrom 1938 in Bonn, Verlag Bernstein, Bonn 2009
Leah Rauhut-Brungs, Die Bonner Synagoge von 1879, hrg. vom Verein für Geschichte und Kultur der Juden der Rheinlande, Bonn 2009
Wolfgang Kauders (Red.), Moses Hess – Communist, Socialist, Schriftsteller, Philosoph und Frühzionist, online abrufbar unter: haftgrund.net/moseshess/
Horst Lademacher, Moses Hess in seiner Zeit, in: "Veröffentlichungen des Stadtarchivs Bonn", Band 71, Bonn 2012
Jüdische Gemeinde in Bonn verändert sich elementar, in: „General-Anzeiger“ vom 3.1.2013
Volker Weiß, Moses Hess. Rheinischer Jude, Revolutionär, früher Zionist, Köln 2015
Christoph Meixner, Modell der alten Bonner Synagoge, online abrufbar unter: modelle-alter-kirchen.de/seite/346268/bonn-synagoge.html
Auflistung aller im Stadtgebiet Bonns verlegten Stolpersteine (tabellarische Übersicht), in: wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Bonn
Martin Wein (Red.), Verschwundene Bauakte zur Bonns jüdischer Geschichte aufgetaucht, in: "General-Anzeiger" vom 5.12.2017
Leif Kubik (Red.), Bahnfahrt in den Tod. Ausstellung zur Deportation der Bonner Juden, in: "General-Anzeiger" vom 21.10.2017
Sandra Dentler, „Volksgemeinschaft“ in Bonn: die Bonner Gesellschaft und die Judenverfolgung von 1933 bis 1942, Dissertation Ludwig-Maximilians-Universität München, 2017
Susanne Wächter (Red.), Stolpersteine gegen das Vergessen, in: "General-Anzeiger" vom 2.2.2018
Nathalie Dreschke (Red.), Elf neue Stolpersteine werden in Bonn verlegt, in: „General-Anzeiger“ vom 4.2.2019
Martina Welt (Red.), Wie eine 94-jährige aus Niederkassel vor den Nazis floh, in: „General-Anzeiger“ vom 18.12.2019
Luca Samlidis (Red.), Gunter Demnig. verlegt 18 Stolpersteine in Bonn, in: „General-Anzeiger“ vom 30.1.2020
Greta Selnek (Red.), „Stolpersteine“ . Ein Pflasterstein wider das Vergessen, in: „Schaufenster – Rheinische Anzeigenblätter“ vom 30.1.2020
Jürgen Wilhelm, Moses Hess. Wegbereiter der Sozialdemokratie und visionärer Zionist, in: "Jüdische Miniaturen", Band 262, Hentrich & Hentrich, Leipzig 2020
N.N. (Red.), Stumme Mahnung. Insgesamt 349 Stolpersteine auf Bonner Stadtgebiet, in: „Schaufenster - Rheinische Anzeigenblätter“ vom 29.6.2021
Norbert Flörken (Hrg.), Jüdische Schicksale in Bonn und Umgebung: Eine Quellensammlung von Kaiser Konstantin bis zur Mitte des 20.Jahrhunderts, BonnBuchVerlag 2021
N.N. (Red.), Synagogengemeinde stellt Buch zu jüdischen Schicksalen in Bonn vor, in: „General-Anzeiger“ vom 21.10.2021
Stadt Bonn (Red.), Jüdischer Friedhof Mehlem, Bonn 2021 (online als PDF-Datei abrufbar unter: bonn.de/themen-entdecken/umwelt-natur/friedhoefe/juedischer-friedhof-mehlem)
ukb/Universitätsklinikum Bonn (Hrg), Einweihung der Doktor-Eva-Glees-Straße, Bonn, Venusberg-Campus 1 (Flyer), Bonn 2022 (Anm. mit biografischen Daten von Eva Glees)
Stadt Bonn (Red.), 36 neue Stolpersteine für Bonn: Verlegung am 8. und 9.Juni 2022, in: Pressemitteilung der Stadt Bonn vom 3.6.2022
Stadt Bonn (Red.), „20 Jahre Stolpersteine in Bonn“ – Broschüre, Stadt Bonn 2022 (als PDF-Datei abrufbar unter. bonn.de/themen-entdecken/bildung-lernen/stolpersteine.php)
Niklas Schröder (Red.), Mahnmal in der Bundesstadt – Sinti bekommen erstmals Stolpersteine in Bonn, in: „General-Anzeiger“ vom 8.6.2022
Jüdischer Friedhof Schwarzrheindorf, online abrufbar unter: bonn.de/themen-entdecken/ (2022)
Stadt Bonn (Red.), 26 neue Stolpersteine für Bonn, Pressemitteilung der Stadt Bonn vom 15.11.2023
Stadt Bonn (Red.), Gedenkstätte Bonn: 31 neue Stolpersteine werden verlegt, in: Pressemitteilung der Stadt Bonn vom 4.9.2024
Ebba Hagenberg-Miliu (Red.), Neue Stolpersteine für NS-Opfer in Bonn – Fast die gesamt Familie wurde ausgelöscht, in: "General-Anzeiger“ vom 12.9.2024
Bundesstadt Bonn – Gedenkstätte und NS-Dokumentationszentrum (Red.), Stolpersteine in Bonn 2024 – Broschüre, Bonn 2024