Cosel (Oberschlesien)

mapa PolskiDie am linken Ufer der Oder liegende Stadt Cosel (auch Kosel) ist das heutige poln. Koźle mit derzeit ca. 15.000 Einwohnern - ca. 35 Kilometer westlich von Gleiwitz/Gliwice gelegen (Ausschnitt aus hist. Landkarte von 1905, aus: wikipedia.org, gemeinfrei und Kartenskizze 'Polen' mit Koźle markiert).

 

Die ersten Juden siedelten sich nachweislich 1373 in Cosel an. Etwa 200 Jahre später wurden alle Juden aus der Stadt und der Region ausgewiesen, nachdem der Magistrat der Stadt Kaiser Ferdinand I. um die Erteilung eines Privilegs gebeten hatten, Juden nicht mehr in ihrer Stadt zu dulden. Das 1713 von Kaiser Karl VI. erlassene Toleranzedikt, das Juden die Niederlassung in Schlesien erlaubte, galt aber nicht in allen Städten, so auch nicht für Cosel.

Cosel (Kosel) in der ersten Hälfte des 18.Jahrhunderts (Abb. aus: wikipedia.org, gemeinfrei)

Erst ab der Mitte des 18.Jahrhunderts war es jüdischen Familien wieder erlaubt, hier dauerhaft zu leben. Die ersten sich hier niedergelassenen jüdischen Kaufleute waren Salomon und Marcus Baruch, die zur wirtschaftlichen Entwicklung der Stadt einen großen Beitrag geleistet haben sollen. Im Laufe der zweiten Hälfte des 18.Jahrhunderts war ein merklicher Zuzug jüdischer Familien nach Cosel zu verzeichnen; um 1790 sollen hier etwa 100 Juden gelebt haben. Ihren Lebensunterhalt verdienten diese zumeist im Handel mit Vieh und Landesprodukten.

Um 1795 erwarben Gemeindeangehörige ein Gebäude und richteten dort einen Betsaal ein; drei Jahrzehnte später richtete dann die jüdische Gemeinschaft in einem angekauften zweistöckigen Gebäude ihre Synagoge ein (sie befand sich im Obergeschoss), die mehr als ein halbes Jahrhundert genutzt wurde. Nach Erwerb eines Grundstückes am Ratiborer Platz (nahe des Marktplatzes) ließ die Gemeinde dann hier einen Synagogenneubau errichten, der im Sept. 1886 feierlich eingeweiht wurde; neben den Honoratioren der Stadt war auch der Beuthener Rabbiner Ferdinand Rosenthal anwesend.

Synagoge von Cosel (Aufn. um 1920, aus: wikipedia.org, gemeinfrei und kolorierte Zeichnung, A. Grymuza)

Zu den weiteren gemeindlichen Einrichtungen zählten ein 1814 angelegter Friedhof (in einem nahegelegenen Dorf) und eine in den 1820er Jahren eingerichtete Schule.

Anm.  Die offizielle Gemeindegründung war erst im Jahre 1820 erfolgt.

Juden in Cosel:

         --- um 1750 ......................   2 jüdische Familien,

    --- 1782 ......................... 112 Juden,

    --- 1828 ..................... ca. 210   "  ,*      *Kreis Cosel

    --- 1845 ..................... ca. 180   “  ,

    --- 1861 ......................... 181   “  (ca. 6% d. Bevölk.),

    --- 1880 ......................... 236   “  ,

    --- 1910 ......................... 119   “  ,

    --- 1930 .........................  84   “  ,

    --- 1938 (Okt.) .............. ca.  80   "  ,

    --- 1939 .........................  24   “  ,

    --- 1942 (Nov.) ..................   8   “  .

Angaben aus: The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust (Vol. 1), S. 273

 

Am Ende des 19.Jahrhunderts wanderten viele Coseler Juden in die größeren Städte ab; gegen Ende der Weimarer Republik wohnten nur noch ca. 80 Juden in Cosel.

Mit der Einführung der „Nürnberger Gesetze” in Oberschlesien (1937) setzte auch in Cosel die gesellschaftliche und wirtschaftliche Ausgrenzung der jüdischen Minderheit ein; so mussten u.a. die jüdischen Kinder die hiesige Schule verlassen und in die jüdische Schule in Ratibor wechseln. Auch in Cosel bleiben die jüdischen Einwohner vor Exzessen nicht verschont; die Synagoge wurde während des Novemberpogroms durch Brandstiftung zerstört, unter Beifall der Neugierigen der Davidstern von der Kuppel gestürzt; nur wenig später wurde die ausgebrannte Ruine abgebrochen.

Auch der jüdische Friedhof wurde in den Jahren nach 1938 teilzerstört.

Im Sommer 1942 begann die Deportation der wenigen noch verbliebenen Juden aus Cosel; die acht hier noch lebenden Einwohner mussten 1944 den Weg nach Auschwitz antreten.

Während der Jahre 1942–1944 wurde in der Nähe von Cosel ein Zwangsarbeitslager für Juden eingerichtet, in dem zeitweise bis zu 4.000 Menschen untergebracht waren. Ab April 1944 wurde es organisatorisch als Außenlager von Auschwitz – unter der Bezeichnung Blechhammer - geführt. Die zumeist männlichen Häftlinge mussten für die I.G.Farben Zwangsarbeit leisten. Bevor die Rote Armee das Lager erreichte, wurden die Häftlinge auf den „Todesmarsch“ geschickt; mehr als 800 starben. 

 

Außer einigen zerbrochenen Grabsteinen, die von Vegetation überwuchert sind, gibt es keine weiteren sichtbaren Hinweise auf Einrichtungen der einstigen jüdischen Gemeinde.

Le cimetière juif de Koźle  en voïvodie Opolskie. The jewish cemetery of Koźle in voivodeship of Opole.<br> <font color="#FFFF00"><small>© www.shabbat-goy.com</small></font> Le cimetière juif de Koźle  en voïvodie Opolskie. The jewish cemetery of Koźle in voivodeship of Opole.<br> <font color="#FFFF00"><small>© www.shabbat-goy.com</small></font> Grabsteinrelikte (Aufn. aus: shabbat-goy.com)

 

 

Weitere Informationen:

Vom Friedhofe Cosel in Breslau”, in: "Juedisches Volksblatt (Breslau)", No.17 (1911), S. 305

The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust (Vol. 1), New York University Press, Washington Square, New York 2001, S. 273/274

Kozle, aus: sztetl.org.pl

Małgorzata Frąckowiak (Red.), Kędzierzyn-Koźle, in: kirkuty.xip.pl

Présentation du cimetière juif de Koźle, online abrufbar unter: shabbat-goy.com