Eidlitz (Böhmen)

Jüdische Gemeinde - Komotau (Böhmen)http://www.goerkau.de/pictures/gallery/90Karte_web.jpg Die kleine böhmische Ortschaft Eidlitz - ca. drei Kilometer südöstlich von Komotau/Chomutov gelegen - ist das heutige tsch. Udlice mit etwa 1.200 Einwohnern (Ausschnitt aus hist. Karte ohne Eintrag von Eidlitz, aus: wikipedia-org PD-100-alt  und  Karte um 1900 mit Eidlitz am unteren rechten Kartenrand, aus: goerkau.de  und Kartenskizze 'Tschechien' mit Udlice rot markiert, P.V. 2005, aus: commons.wikimedia.org CC BY-SA 3.0).

 

Um 1800 erreichte die Eidlitzer Judenschaft ihren personellen Zenit und stellte damals einen Anteil von ca. 40% (!) an der Dorfbevölkerung.

Seit Beginn des 16.Jahrhunderts sollen sich Juden im Dorfe Eidlitz aufgehalten haben bzw. hier ansässig gewesen sein. Vermutlich handelte es sich bei den zugezogenen Familien zumeist um Flüchtlinge, die vor den Hussiten aus Komotau geflohen waren.

Den Herren von Hassenstein - wie später anderen adligen Familien - waren sie zu Abgaben verpflichtet, die ihrerseits ihnen dafür Schutz und Unterkunft in der „Judenstadt“ gewährten. Um 1605 sollen in der Stadt 23 Häuser von jüdischen Familien bewohnt gewesen sein. Ab ca. 1730 gingen dann die angemieteten Behausungen in das Eigentum der jüdischen Familien über, die inzwischen recht zahlreich hier lebten.

Mitte der 1730er Jahre wurde bei antijüdischen Ausschreitungen – getragen von Studenten aus Komotau – die Synagoge verwüstet und der Friedhof zerstört. Zu leiden hatte die Eidlitzer Juden auch an den Folgen eines Großfeuers, das 1815 weite Teile ihres Wohngebietes zerstörte.

Von Eidlitz führte quer durch die Feldmark der sog. „Judensteig“ nach Kaaden; dieser musste von Juden benutzt werden, solange ihnen das Betreten einzelner Ortschaft verboten war.

Seit ca. 1695 ist die Existenz einer Synagoge bezeugt; im Laufe der folgenden Jahrhunderte wurde die Eidlitzer Synagoge mehrfach umgebaut bzw. erweitert (letztmalig 1840). Deren Nutzung endete um 1890.

aufgegebenes Synagogengebäude (Aufn. um 1920, aus: zanikleobce.cz)

Seit 1822 war der jüdischen Gemeinschaft erlaubt, eine eigene Elementarschule zu führen; Unterrichtssprache war deutsch. Zwei Jahrzehnte später wurde zudem eine Religionsschule eröffnet.

        Israel Weiss - letzter Rabbiner von Eidlitz

Der alte jüdische Friedhof befand sich am nördlichen Rande des Städtchens nahe des Ghettos; dessen Anlage datiert im 16. Jahrhundert. Beerdigungen erfolgten hier bis in die 1870er Jahre.                 

 Der neue israelitische Friedhof war um 1865 angelegt worden (Abb. aus: komotau.de/die-synagoge-in-eidlitz.html)

Juden in Eidlitz:

    --- 1570 .......................  11 jüdische Familien,

    --- 1724 .......................  76     "        "   ,

    --- 1809 ....................... 597 Juden (ca. 40% d. Bevölk.),

    --- 1824 ....................... 481   “   (in ca. 110 Familien),

    --- 1858 ....................... 637   “  ,(?)

    --- 1880 ................... ca. 150   “   (ca. 9% d. Bevölk.),

    --- 1900 ................... ca.  40   “  ,

    --- 1910 ................... ca.  20   "  ,

    --- 1921 .......................  21   "  ,

    --- 1926 .......................   2 jüdische Familien.

Angaben aus: Emil Krakauer, Geschichte der Juden in Eidlitz

 

Die in der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts einsetzende Abwanderung – vor allem nach Komotau – ließ die Zahl der Gemeindeangehörigen deutlich zurückgehen. Seit 1890 wurden sämtliche jüdischen Gemeinden im Bezirk Komotau zu einer einzigen vereinigt; deshalb gehörten die Eidlitzer Juden, ebenfalls die von Görkau, Bielenz und Horschenz, seitdem zur Kultusgemeinde Komotau.

Während der deutschen Okkupation wurden beide jüdischen Friedhöfe und das Schulgebäude zerstört.

Neuer jüdischer Friedhof (Aufn. Petr Kinst, 2015, in: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)

Auf dem relativ großflächigen Gelände des (neuen) jüdichen Friedhofs sind bis heute noch 16 Grabsteine vorhanden.

Mehr als 50 KZ-Häftlinge eines „Todesmarsches“ waren 1945 hier in einem Massengrab beigesetzt worden.

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Im Dorfe Horschenz (Hořenec, derzeit kaum 100 Einw.) - ca. sechs Kilometer südöstlich von Komotau - existierte seit dem ausgehenden 17.Jahrhundert eine jüdische Gemeinde. Eine um 1750 eingerichtete Synagoge wurde 1839 durch einen Neubau ersetzt. Vor dem Dorf lag der Friedhof. Das Ende der Horschenzer Judengemeinde war um 1890 besiegelt.

Hořenec 2017-05-03 Židovský hřbitov 2.jpgJüdischer Friedhof Horschenz (Aufn. Petr Kinst, 2017, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0)

 

 

 

Weitere Informationen:

Emil Krakauer (Bearb.), Geschichte der Juden in Eidlitz, in: Hugo Gold (Hrg.), Die Juden und Judengemeinden Böhmens in Vergangenheit und Gegenwart, Brünn/Prag 1934, S. 130 - 133

Juden in Eidlitz, in: "Komotauer Jahrbuch", Folge 6, Nürnberg 2001, S. 112 - 127

Pawel Fryda (Bearb.), Die Synagoge in Eidlitz, online abrufbar unter: heimatkreis-komotau.de/eidlitz_synagoge.htm