Rosenberg/Moldau (Böhmen)
Rosenberg ist die kleine tschechische Ortschaft Rožmberk nad Vltavou mit derzeit ca. 400 Einwohnern; diese liegt ca. zehn Kilometer von der Grenze zu Österreich entfernt (Lageskizze von Rožmberk nad Vltavou innerhalb des Bezirkes Český Krumlov/Krumau, D. 2019, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 4.0 und aktuelle Karte aus: dpa-themendienst).
Rosenberg um die Wende zum 19.Jahrhundert (Abb. aus: wikipedia.org, gemeinfrei)
Zu welchem Zeitpunkt sich die ersten jüdische Familien in Rosenberg niederließen, lässt sich nicht eindeutig angeben; doch aus urkundlichen Hinweisen kann man schließen, dass Juden bereits in den 1380er Jahren in Rosenberg gelebt haben. Anderen Angaben zufolge sollen sich Juden aber erst um 1670 hier angesiedelt haben, als jüdische Flüchtlinge aus Wien hier aufgenommen wurden; die Behausungen der jüdischen Familien lagen am Abhang des Rosenberger Schlossberges. Ein Bethaus aus dem ausgehenden 17.Jahrhundert wurde 1846 durch einen Brand zerstört und durch einen schlichten Neubau - „von außen ohne Zierden“ - ersetzt; dieses Gebäude war im Inneren mit wertvollen Ritualien ausgestattet.
Teilansicht der Synagoge in Rosenberg (hist. Aufn., um 1930)
Das Synagogengebäude verfügte über tiefe Keller; im Obergeschoss befand sich die Wohnung des Vorsängers. Bis gegen Ende des Ersten Weltkrieges bestand in Rosenberg eine kleine jüdische Schule.
Die ältesten Grabsteine der Begräbnisstätte der Rosenberger Juden am linken Moldauufer stammen aus dem ausgehenden 16.Jahrhundert; vermutlich soll der Friedhof bereits um 1500 vorhanden gewesen sein. Hier fanden Verstorbene der südböhmischen Bezirke Krummau und Kaplitz ihre letzte Ruhe.
Relikte des alten jüdischen Friedhofs von ca. 1600 (beide Aufn. Jitka Erbenová, 2012, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0 )
Bis in die 1860er Jahre wurden auf diesem kleinflächigen Friedhof auch Juden aus Linz und anderen österreichischen Gemeinden beerdigt, die in „wohlverpickten Särgen” hierher transportiert wurden. Ab Ende des 19.Jahrhunderts stand in Rosenberg dann ein Beerdigungsgelände an der Krummauer Straße zur Verfügung.
Juden in Rosenberg:
--- um 1680 ....................... 2 jüdische Familien,
--- 1841 .......................... 4 “ “ ,
--- 1880 ...................... ca. 70 Juden,
--- um 1930 ................... ca. 15 “ .
Angaben aus: Stadtverwaltung Rozmberk
Ringplatz in Rosenberg (hist. Postkarte, um 1900)
Um 1900 setzte der Niedergang der Rosenberger Gemeinde ein; in der Zwischenkriegszeit schmolz sie auf weniger als ein halbes Dutzend Familien zusammen.
Die Synagoge von Rosenberg wurde im September 1938 von einer SS-Einheit aus Linz in Brand gesteckt, wobei die Inneneinrichtung zerstört wurde. Während der Kriegsjahre diente das ehemalige Synagogengebäude Wohnzwecken; nach 1945 richtete man hier eine Schlosserwerkstatt ein; 1966 wurde das Gebäude abgerissen.
1939 wurden viele Grabsteine des alten jüdische Friedhof von Halbwüchsigen umgestürzt.
Aus einem Bericht von Dolfi Sternschein, dem ‚letzten’ Rosenberger Juden: „ ... In alten Zeiten ... war in Rozmberg (Anm.: Rosenberg) auch eine jüdische Schule - Jeschiwa. Die Kinder von vier bis zehn Jahren lernten hier die Grundkenntnisse der Thora, des Talmuds und anderer jüdischer heiliger Bücher. Sie lernten auch alte hebräische Gebete mit einem richtigen Akzent zu singen. Als am 19.Juli 1935 mein Vater starb, trafen sich bei seiner Beerdigung mehr als tausend Leute, Christen sowie Juden, um ihm die letzte Ehre zu bezeugen. Mir steigen immer wieder Tränen in die Augen, wenn ich mich erinnere, daß er so dem Schicksal meiner Mutter entging, die in Auschwitzer Gaskammern ums Leben kam. Gemeinsam mit meiner Mutter wurden vom nazistischen Regime 84 meiner Onkel, Tanten, Cousinen und Cousins getötet. ...”
Die meisten der in der Stadt verbliebenen Juden wurden nach 1938 Opfer der NS-Gewaltherrschaft.
Auf dem alten jüdischen Friedhof, der in kommunistischer Zeit in Vergessenheit geraten war, befinden sich heute noch etwa 30 Grabsteine; die Wiederherstellung und Pflege des kleinen Areals hat der österreichische Verein „Wider das Vergessen“ übernommen (Aufn. zeigt Zugang zum Friedhof; vgl. auch die beiden Aufnahmen oben).
Der neue jüdische Friedhof - er befindet sich ca. einen Kilometer nördlich des Ortes - weist derzeit noch naahezu 100 Grabmale auf.
Neuer jüdischer Friedhof (Aufn. Charlotte Lugmayr, um 2010 und Jitka Erbenová, 2012, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0)
Weitere Informationen:
Berthold König (Bearb.), Geschichte der Juden in Rosenberg, in: Hugo Gold (Hrg.), Die Juden und Judengemeinden Böhmens in Vergangenheit und Gegenwart, Brünn/Prag 1934, S. 577
Angaben der Stadtverwaltung Rozmberk
Český Krumlov – Unesco World Heritage (Hrg.), History of Jews in Rožmberk nad Vltavou, online abrufbar unter: ckrumlov.info/docs/en/region_histor_hiszid.xml
Jewish Families from Rožmberk nad Vltavou (Rosenberg), Bohemia, Czech Republic, online abrufbar unter: geni.com/projects/Jewish-families-from-Ro%25C5%25BEmberk-nad-Vltavou-Rosenberg-Bohemia-Czech-Republic/15210
Karl W. Schubsky, Der jüdische Friedhof in Rosenberg an der Moldau, in: "DAVID – Jüdische Kulturzeitschrift", Heft 92/2012