Dittlofsroda (Bayern)

Datei:Karte Landkreis Bad Kissingen.png – WikipediaDatei:Wartmannsroth in KG.svg Dittlofsroda ist heute Teil der unterfränkischen Kommune Wartmannsroth im Landkreis Bad Kissingen - am Fuße der Vorderrhön ca. 25 Kilometer westlich der Kreisstadt gelegen (Ausschnitt aus topografischer Karte, Lencer 2008, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0 und Kartenskizze 'Landkreis Bad Kissingen', Hagar 2010, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0).

 

Bereits um 1700 lässt sich der in Dittlofsroda ansässige „Feußlein jud“ nachweisen; knapp vier Jahrzehnte später sind sieben Schutzjuden verzeichnet, die den Herren von Thüngen abgabepflichtig waren; dabei richtete sich die Höhe des Schutzgeldes nach dem Vermögen bzw. Einkünften der jüdischen Familien.

Bei der Erstellung der Matrikellisten sind für Dittlofsroda 17 Familienvorstände ausgewiesen; ihren Lebensunterhalt bestritten die meisten vom Vieh-, Schnittwaren- und Kleinhandel.

Die jüdische Gemeinde im Dorfe Dittlofsroda besaß seit 1795 eine neu erbaute Synagoge. Zu den gemeindlichen Einrichtungen zählten zudem eine Mikwe und zeitweilig auch eine einklassige Schule mit 'Schulmeister', der erstmals 1763 aktenkundig wurde.

Seit Ende des 19. Jahrhunderts war die jüdische Gemeinde Dittlofsroda der Gemeinde von Völkersleier als Filiale angeschlossen; der dortige Lehrer unterrichtete auch die jüdischen Kinder in Dittlofsroda.

                 http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20132/Voelkersleier%20Israelit%2024031892.jpg Stellenanzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. März 1892

Ihre Verstorbenen begrub die jüdische Gemeinde auf dem Verbandsfriedhof in Altengronau. Der nach 1750 angelegte jüdische Friedhof in Altengronau diente zahlreichen jüdischen Gemeinden als zentraler Begräbnisplatz; so fanden hier u.a. Verstorbene aus Burgsinn, Gemünden, Geroda, Heubach, Lohrhaupten, Mittelsinn, Sterbfritz und Völkersleier ihre letzte Ruhe. Auf dem fast einen Hektar großen Areal, auf dem ca. 1.500 Beerdigungen stattfanden, ist auch ein Tahara-Haus erhalten geblieben.

Die kleine Gemeinde von Dittlofsroda unterstand dem Bezirksrabbinat Kissingen.

Juden in Dittlofsroda:

--- 1736 ...........................   7 'Schutzjuden',

--- 1816 ...........................  68 Juden (in 16 Familien, ca. 18% d. Bevölk.),

--- 1833 ...........................  80   “  ,

--- 1848 ...........................  63   "   (in 13 Familien),

--- 1867 ...........................  45   “   (ca. 11% d. Bevölk.),

--- 1890 ...........................  19   “  ,

--- 1900 ...........................  23   “  ,

--- 1910 ...........................  25   “   (ca. 6% d. Bevölk.),

--- 1925 ...........................  18   “  ,

--- 1933 ...........................  14   “  ,

--- 1937 ...........................  10   “  ,

--- 1942 (Aug.) ....................   keine.

Angaben aus:  Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann, Die jüdischen Gemeinden in Bayern 1918 - 1945, S. 283

und                   W.Kraus/H.-Chr. Dittscheid/G. Schneider-Ludorff (Hrg.), Mehr als Steine … - Synagogengedenkband Bayern, Teilband III/2.1: Unterfranken, S. 126

      http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20328/Dittlofsroda%20Kaufhaus%20Stern%20010.jpg Kaufladen Stern - hist. Abb.(Kommune Wartmannsroth)

 

Auf Grund der Ausgrenzungsmaßnahmen nach 1933 gerieten die in Dittlofsroda lebenden Juden immer mehr in wirtschaftliche Bedrängnis.

Da hier auch bald keine Gottesdienste mehr abgehalten werden konnten, schloss man sich mit den Glaubensgenossen aus dem nahen Völkersleier zusammen und feierte mit ihnen gemeinsam monatlich einen Sabbat-Gottesdienst, jeweils abwechselnd in der Synagoge in Dittlofsroda und in Völkersleier.

Die Situation der Kleingemeinde Dittloffsroda ist einem Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. März 1936 zu entnehmen:

                   http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20222/Dittlofsroda%20Israelit%2005031936.jpg

Während des Novemberpogroms wurden Ritualien und die gesamte Inneneinrichtung der Synagoge zerstört; das Gebäude selbst blieb äußerlich unbeschädigt. Die letzten jüdischen Bewohner Dittlofsrodas mussten im Jahre 1942 ihr Dorf verlassen; sie wurden über Würzburg nach Theresienstadt deportiert.

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem wurden 14 gebürtige Dittlofsrodaer Juden Opfer der NS-Gewaltherrschaft (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/dittlofsroda_synagoge.htm).

 Die in einem Spruchkammerverfahren angeklagten ehem. SA-Männer, die für die Pogrome von 1938 im Landkreis Hammelburg mitverantwortlich waren, gingen zumeist als ‚Mitläufer‘ straffrei aus.

 

Am örtlichen Gemeindehaus erinnert eine Gedenktafel mit den folgenden Worten:

In Dittlofsroda bestand eine Jüdische Kultusgemeinde,

deren Synagoge sich im Straßenzug ‘Zum Schondratal’ zwischen Nr. 2 und 8 befand.

Die Gemeinde gedenkt ihrer ehemaligen jüdischen Mitbürger.

Zur Erinnerung und zur Mahnung.

Das einstige Synagogengebäude existiert heute nicht mehr; es wurde Ende der 1970er Jahre wegen seines maroden Zustandes abgerissen; nur spärliche Mauerreste sind noch erhalten

Die Kommune Wartmannsroth beteiligt sich auch am unterfränkischen Projekt "DenkOrt Deportationen 1941-1944" mit jeweils drei "Koffer-Skulpturen", die an die vertriebenen, deportierten und ermordeten jüdischen Bewohner von Dittlofsroda, Völkersleier und Wartmannsroth erinnern sollen (vgl. dazu: Würzburg).

Koffer-Skulpturen (Aufn.Kommune Wartmannsroth, aus: denkort-deportationen.de)

 

 

In einem anderen Ortsteil von Wartmannsroth, in Völkersleier, existierte auch eine jüdische Gemeinde.

[vgl. Völkersleier (Bayern)]

 

 

 

Weitere Informationen:

Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann, Die jüdischen Gemeinden in Bayern 1918 - 1945. Geschichte und Zerstörung, Oldenbourg-Verlag, München/Wien 1979, S. 283/284

Israel Schwierz, Steinerne Zeugen jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation, Hrg. Bayrische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, München 1992, S. 50/51

Cornelia Binder/Michael (Mike) Mence, Last Traces / Letzte Spuren von Deutschen jüdischen Glaubens im Landkreis Bad Kissingen, Schweinfurt 1992

Volker Rieß, Jüdisches Leben in und um Hammelburg , in: Katalog zur Ausstellung, Stadtmuseum Herrenmühle, Hammelburg 2001

Cornelia Binder/Michael (Mike) Mence, Nachbarn der Vergangenheit. Spuren von Deutschen jüdischen Glaubens im Landkreis Bad Kissingen mit dem Brennpunkt 1800 bis 1945 / Yestervear's Neighbours. Traces of German Jews in the abministrative district of Bad Kissingen focusing on the period 1800 – 1945, 2004

Dittlofsroda, in: alemannia-judaica.de (mit einigen Dokumenten zur jüdischen Ortshistorie)

Cornelia Berger-Dittscheid (Bearb.), Dittlofsroda, in: W.Kraus/H.-Chr. Dittscheid/G. Schneider-Ludorff (Hrg.), Mehr als Steine … -  Synagogengedenkband Bayern, Teilband III/2.1: Unterfranken, Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg/Allgäu 2021, S. 114 - 129