Czersk (Westpreußen)

Datei:Kreis Konitz 1818.jpg – Wikipedia Czersk – ca. 30 Kilometer nordöstlich von Conitz/Konitz (Chojnice) gelegen - wurde erstmals 1330 schriftlich erwähnt. Dem preußischen Staatsgebiet gehörte der Ort seit der 1.Teilung Polens (1772) an. Nach der deutschen Okkupation während des Zweiten Weltkrieges wurde der im Landkreis Konitz liegende Ort in „Heiderode“ umbenannt. Nach 1945 erhielt die Kleinstadt wieder ihren alten Namen; sie besitzt derzeit nahezu 10.000 Einwohner (Ausschnitt aus hist. Karte 'Kreis Konitz', aus: wikipedia.org, gemeinfrei).

 

Früheste Kenntnisse über das Bestehen einer jüdischen Gemeinschaft in Czersk stammen aus dem beginnenden 19.Jahrhundert. Die ersten beiden Familien mosaischen Glaubens sind aber bereits 1746 urkundlich belegt. Mit der Entwicklung der Holzindustrie ging ein zunehmender Zuzug jüdischer Händler einher; auch die umliegenden Dörfer profitierten von ihrer Ansiedlung. Seinen numerischen Zenit erreichte der jüdische Bevölkerungsteil im letzten Viertel des 19.Jahrhunderts mit ca. 230 Personen.

Die Synagoge der hiesigen Judenschaft – gegen Ende der 1860er Jahre erbaut - befand sich in der Wilhelmstraße. Die offizielle Gemeindegründung erfolgte auch erst 1857.

  Synagoge in Czersk (hist. Aufn., um 1910)

Juden in Czersk:

--- um 1815 ..........................  eine jüdische Familie,

--- 1820 .............................  44 Juden,

--- 1871 ............................. 205   “   (ca. 10% d. Bevölk.),

--- 1885 ............................. 229   “   (ca. 8% d. Bevölk.),

--- 1895 ............................. 162   “   (ca. 4% d. Bevölk.),

--- 1905 .............................  84   “  ,

--- um 1910 ..........................  70   “  ,

--- 1921 .............................   7   “  ,

--- 1931 .............................  13   “  .

Angaben aus: Czersk, in: sztetl.org.pl

  ul. Starogardzka, CzerskKönigsberger Straße - Postkarte, um 1910 (aus: polska-org.pl)

 

Im Zusammenhang der Ermordung eines Schülers in Konitz (1900) und einer damit sich verbreitenden Ritualmordlegende kam es auch in Czersk – wie in anderen Städten Pommerns und Westpreußens – zu antijüdischen gewalttätigen Ausschreitungen. In einer Pressemitteilung vom 4.Mai 1900 hieß es: „In Czersk gingen Gendarmen gegen gewalttätige Demonstranten, die die Fenster der Synagoge und eines Kaufmanns eingeworfen hatten, mit blank gezogenem Säbel vor; mehrere Personen wurden verletzt und inhaftiert.“

Zu Anfang des 20.Jahrhunderts haben dann nur noch eine überschaubare Zahl jüdischer Familien in Czersk gelebt. Als nach Ende des Ersten Weltkrieges Czersk nun zum polnischen Staatsgebiet gehörte, zogen die restlichen Familien gen Westen. Die jüdische Gemeinde löste sich auf; das Synagogengebäude wurde veräußert.

In den 1980er Jahren soll das ehemalige Synagogengebäude, das jahrzehntelang als Lagerhaus verwendet worden war, abgerissen worden sein.

https://fotopolska.eu/foto/670/670551.jpg Abriss der Synagoge (Aufn. aus: fotopolska.eu)

Vom kleinen jüdischen Friedhof, der erst um 1900 angelegt worden war, sind heute kaum noch Relikte vorhanden. Eine an einer Mauer angebrachte Gedenktafel erinnert zum einen an die hier begrabenen Gemeindeangehöigen und zum anderen an ca. 50 russische Juden, die als Gefangene während des 1.Weltkrieges in dem hier angesiedelten POW-Lager verstorben sind.

 

 

 

Weitere Informationen:

The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust (Vol. 1), New York University Press, Washington Square, New York 2001, S. 254/255

Gerhard Salinger, Zur Erinnerung und zum Gedenken. Die einstigen jüdischen Gemeinden Westpreußens, Teilband 2, New York 2009, S. 497 - 500

Czersk, in: sztetl.org.pl