Gleiwitz (Oberschlesien)

Jüdische Gemeinde - Hindenburg - Zabrze (Oberschlesien)undefined Das gegen Mitte des 13.Jahrhunderts gegründete Gleiwitz ist das heutige polnische Gliwice mit derzeit ca. 185.000 Einwohnern; Gliwice ist damit heute die viertgrößte Stadt in der Woiwodschaft Schlesien (topografische Karte 'Oberschlesisches Industrierevier', aus: commons.wikimedia.org, gemeinfrei  und  Ausschnitt aus hist. Landkarte von 1905, aus: wikipedia.org, gemeinfrei und Kartenskizze 'Polen' mit Gliwice rot markiert, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0).

Hinweis: Als Folge des Ersten Weltkrieges war das östliche Oberschlesien 1922 auf Grund einer Volksabstimmung vom Deutschen Reiches abgetrennt und zu Polen geschlagen worden. Die auf deutschen Gebiet verbleibende jüdische Bevölkerung konnte sich in der Folgezeit auf das in Genf unterzeichnete Minderheitenschutzabkommen (1922) – es besaß eine Geltungsdauer von 15 Jahren - berufen und glaubte sich damit vor der antisemitischen Politik des NS-Staates sicher.

Gleiwitz im 18.Jahrhundert (Abb. F.B.Werner, aus: wikipedia.org, gemeinfrei)

 

Vermutlich ließen sich jüdische Familien in der ersten Hälfte des 18.Jahrhunderts in Gleiwitz dauerhaft nieder; der erste namentlich bekannte Jude in der Stadt war Salomon Loebel, der 1742 hier ein Haus erworben hatte. Erste Hinweise auf die Existenz von Juden in der Stadt reichen aber bis ins 17.Jahrhundert zurück; für ihren damaligen Aufenthalt spricht die in dieser Zeit bezeugte „Judengasse“. Ab ca. 1850 war eine deutliche Zunahme jüdischer Ansässigkeit zu verzeichnen. Grund dafür war die wirtschaftlich-industrielle Entwicklung der Stadt, die wie ein Magnet die Menschen aus den ländlichen Regionen anzog; zeitweise betrug der jüdische Bevölkerungsanteil mehr als 15%. In der Anfangszeit beschäftigten sich die jüdischen Einwohner hauptsächlich mit Handel; zahlreiche Gleiwitzer Juden waren Schankpächter, Brauer, Destillateure, Gastwirte, usw. Ab der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts spielten jüdische Unternehmer eine bedeutende Rolle in der oberschlesischen Industrie, so die Familien Caro, Friedländer und Huldschinsky.

Ein erster, in einem Privathause untergebrachter Betsaal (erstmals 1763 erwähnt) wurde 1812 durch eine schlichte Synagoge ersetzt, die sich am Standort des ehemaligen Gleiwitzer Schlosses (ehem. Pfarrstraße) befand. 1859/1861 ließ die jüdische Gemeinde eine neue repräsentative Synagoge in Gleiwitz errichten, um damit der sehr stark angewachsenen Gemeinde Rechnung zu tragen. Dieser im neo-romanischen Stile gestaltete Synagogenbau in der Kirchstraße/Niederwallstraße gehörte zu einem der ersten Kultbauten, der von einem jüdischen Architekten entworfen worden war.

  

                           Synagoge in Gleiwitz (Aufn. um 1920)                                   Siegel der Synagogengemeinde

Das bisherige Synagogengebäude wurde nun in eine jüdische Schule umfunktioniert. Geregelten jüdischen Schulunterricht gab es in Gleiwitz spätestens ab 1812; eine öffentliche jüdische Schule bestand erst seit Mitte des 19.Jahrhunderts.

Verstorbene Juden aus Gleiwitz fanden anfänglich auf jüdischen Friedhöfen der Umgebung ihre letzte Ruhe, so in Nikolai (Mikołów) und Langendorf (Wielowieś). Seit 1815 ist die Anlage eines eigenen jüdischen Friedhofs in Gleiwitz belegt, der in unmittelbarer Nähe zu den christlichen Friedhöfen lag.

 

Altes Friedhofsgelände (Aufn. P., 2007  und  Górrny, 2012, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0

Nach dessen Belegung stand dann ab ca. 1900 ein neues Areal in der Vorstadtgemeinde Petersdorf zur Verfügung. Im Eingangsbereich dieses neuen jüdischen Friedhofs wurde vom österreichisch-ungarischen Architekten Max Fleischer 1903/1905 eine imposante Begräbnishalle erstellt.

                   Beerdigungshalle (Aufn. Wojciech Turkowski/Gliwice Museum)

Die Gleiwitzer Gemeinde konnte gegen Ende des 19.Jahrhunderts zahlreiche Vereine aufweisen, aus denen jüdische Einrichtungen hervorgingen, z.B. das Jüdische Altersheim, der Jüdische Kindergarten, eine Gemeindebibliothek und eine Hebräische Unterrichtsanstalt. Das Jüdische Altersheim wurde erst 1926 eröffnet.

Juden in Gleiwitz:

         --- um 1745 ........................     4 jüdische Familien,

    --- um 1765 ........................    10     "       "    ,

    --- um 1775 ........................     6     "       "    ,

    --- 1793 ...........................    16     “       “    ,

    --- 1803 ...........................    33     "       "   (mit ca. 110 Pers.),

    --- 1811 ...........................    46     "       "   (mit ca. 170 Pers.),

    --- 1823 ...........................    84     “       "   (mit ca. 430 Pers.),

    --- 1836 ....................... ca.   650 Juden,

    --- 1858 ........................... 1.880   “  (ca. 18% d. Bevölk.),

    --- 1867 ........................... 2.009   “  (ca. 16% d. Bevölk.),

    --- 1885 ........................... 1.874   “  ,

    --- 1927 ........................... 1.906   “  ,

    --- 1931 ....................... ca. 2.200   “  ,

    --- 1933 ........................... 1.803   “  ,

    --- 1937 ....................... ca. 1.900   “  ,*     * Synagogengemeinde

    --- 1938 ....................... ca. 1.250   “  ,

    --- 1939 (Mai) ................. ca.   900   “  ,

    --- 1944 ....................... ca.   100   “  ,

    --- 1946 ....................... ca. 1.000   "  ,

    --- 1950 ....................... ca.   200   "  .

Angaben aus: P.Maser/A.Weiser, Juden in Oberschlesien, S. 97

und                 Gliwice, in: sztetl.org.pl

 

Der Beginn des 20. Jahrhunderts war geprägt durch eine zunehmende Emigration der Juden aus Gleiwitz in den Westen; aus diesem Grund blieben 1932 hier noch ca. 1.300 Juden übrig.

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Ring mit Rathaus (hist. Ansicht, um 1900) und Wilhelmstraße (hist. Postkarte um 1920)

Ähnlich wie in ganz Deutschland wurde auch in Gleiwitz am 1.April 1933 der antijüdische Boykott durchgeführt; uniformierte SA-Posten zogen vor den jüdischen Geschäften, Kanzleien jüdischer Rechtsanwälte und Praxen jüdischer Ärzte auf. Jugendliche Schläger aus der HJ verprügelten den Gleiwitzer Rabbiner Dr. Samuel Ochs.

In einer Veröffentlichung der Ortsgruppe des „Kampfbundes des gewerblichen Mittelstandes“ Gleiwitz hieß es u.a.: „Augen auf, deutsche Volksgenossen. … Die Juden sind nach der Genfer Entscheidung im Falle Bernheim als Minderheit in Oberschlesien anerkannt worden. … An Euch, deutsche Volksgenossen, wird es liegen, den Juden die gehörige Antwort zu geben. Ein wahrer Deutscher darf keinem jüdischen Rechtsanwalt seinen Prozeß anvertrauen und bei keinem jüdischen Arzt seine Heilung suchen, da er dadurch das Judentum stärkt und das Deutschtum schädigt. ...

Auf Grund der spezifischen politischen Situation Oberschlesiens („Schutz der nationalen Minderheiten“) konnte die jüdische Einwohnerschaft noch bis ins Jahr 1937 ohne weitere Diskriminierungen bzw. Entrechtungen leben. Im Oktober 1938 zwangen die NS-Behörden 33 Familien polnischer Juden, Gleiwitz zu verlassen und nach Polen zu gehen.

Während des Novemberpogroms wurde die Gleiwitzer Synagoge teilweise durch Brand zerstört; erhalten blieb das gesamte Unter- und Kellergeschoss. Einigen wohlhabenden jüdischen Familien blieben durch „freiwillige“ Geldzahlungen an die SA, von Plünderungen ihres Besitzes verschont; allerdings hatten sie „aus Gleiwitz zu verschwinden”. Im unmittelbaren Zusammenhang der November-Ausschreitungen von 1938 stand die Verhaftung aller männlichen Juden von Gleiwitz, von denen ein Teil ins KZ Buchenwald verschleppt wurde; dabei soll es sich um etwa 350 (andere Angabe: 230) Personen gehandelt haben. Vier Gleiwitzer Juden sollen im Verlauf des Pogroms ums Leben gekommen sein.

Der „Oberschlesische Wanderer” vermeldete am 10.November 1938:

... Die entschlossene Abwehr der oberschlesischen Bevölkerung gegen das Judentum kam überall in der gleichen Weise zum Ausdruck wie auch sonst in Schlesien. In den drei Großstädten des Industriebezirks Gleiwitz, Hindenburg und Beuthen gingen die Synagogen in der Nacht zum Donnerstag in Flammen auf, die Schaufenster sämtlicher jüdischer Geschäfte wurden demonstrativ zerstört und die Waren in den Geschäften von der empörten Menge durcheinander geworfen, ohne daß es dabei zu irgendwelchen Plünderungen gekommen wäre. ... In Gleiwitz kam die Bevölkerung den ganzen Tag über nicht zur Ruhe. Von den frühen Morgenstunden an drängten sich die Menschen auf der Wilhelmstraße und auf den Gassen rings um den Ring, in denen jüdische Geschäfte noch am stärksten vertreten sind. Wenn auch bald die Zufahrtsstraßen zu der brennenden Synagoge durch Polizei abgesperrt waren, so sah doch noch ein großer Teil der Bevölkerung, wie die große Kuppel dieses Judentempels, der den Wilhelmplatz seit jeher verunstaltete, plötzlich einstürzte und die Flammen nur noch verstärkt emporloderten. Die Feuerwehr war eifrig bemüht, ein Übergreifen des Brandes auf die Nachbargebäude zu verhüten ... Unmittelbar neben der Synagoge waren auch die Fensterscheiben des jüdischen Gemeindehauses eingeschlagen worden. Jedesmal, wenn ein Jude in Schutzhaft genommen und von SS-Männern durch die Straßen der Stadt nach dem jüdischen Klubhaus auf der Kreidelstraße geführt wurde, gab die Bevölkerung laut und deutlich ihre Empörung über diese Schmarotzer zum Ausdruck. ... Während die Gleiwitzer Juden bereits schön in Reih und Glied auf ihren Stühlchen in ihrem Klubhaus saßen, trafen in der grünen Minna immer neue Vertreter ihrer auserlesenen Rasse aus den Landgemeinden ein.

Bis in die späten 1930er Jahre gelang es zahlreichen Gleiwitzer Juden emigrieren; Südafrika und Länder Lateinamerikas waren bevorzugte Ziele.

Mit dem von der SS fingierten Überfall angeblicher "polnischer Insurgenten" auf den Gleiwitzer Radiosender begann am 1.Sept. 1939 der Zweite Weltkrieg.

Die Zusammenlegung der jüdischen Bevölkerung in „Judenhäuser“ war der Auftakt zu den im Frühjahr 1942 beginnenden Deportationen; in sechs Transporten im Mai/Juni 1942 wurden knapp 600 Juden nach Auschwitz-Birkenau verschleppt; die allermeisten wurden Opfer der „Endlösung“. Nach einem weiteren Transport (Febr. 1943) blieben in Gleiwitz nur noch ca. 40 Juden „in Mischehen“ zurück.

Seit 1944 bestanden in Gleiwitz vier große Außenlager des KZ Auschwitz-Monowitz, in denen männliche und weibliche Häftlinge - darunter sehr viele Juden - Zwangsarbeit leisten mussten. Mit dem Näherrücken der Ostfront wurde Tausende von Häftlingen in Richtung Westen in Marsch gesetzt bzw. abtransportiert; Ziele waren Konzentrationslager bzw. Außenkommandos wie Buchenwald, Sachsenhausen, Mittelbau-Dora (Nordhausen) u.a.

 

Nur wenige Gleiwitzer Juden - sie waren „in Mischehe“ verheiratet - überlebten das Kriegsende; sie mussten aber - im Zusammenhang der Vertreibung der deutschen Bevölkerung - ebenfalls die Stadt verlassen. Ende der 1940er Jahre bildete sich wieder eine jüdische Gemeinde, die aus etwa 200 polnischen Juden bestand (Anm. 1945/1946 hatten sich kurzzeitig etwa 1.000 Personen jüdischen Glaubens in Gleiwitz aufgehalten). Anfang der 1950er Jahre zählte die jüdische Gemeinde in Gliwice etwa 200 Personen. Sie löste sich nach dem „Sechs-Tage-Krieg“ von 1967 fast völlig auf; denn unter dem Druck der innenpolitischen Ereignisse in Polen (einer antizionistischen staatlichen Kampagne) waren die meisten Gemeindemitglieder in die Emigration gegangen. Gegenwärtig leben in Gliwice nur noch sehr wenige Personen jüdischen Glaubens.

 Zwei auffällige Gedenkplaketten mit Beschriftungen – mehrsprachig abgefasst – erinnern seit 1993 an die ehemalige Synagoge (Abb. N., 2007, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0). Der Inschriftentext lautet in Übersetzung:

Hier stand in den Jahren 1861 bis 1938 eine Synagoge.

Der Brand der Synagoge in der Kristallnacht – in der Nacht des 9.November 1938 – ist ein Symbol von Unterdrückung und Verfolgung der jüdischen Gemeinde von Gleiwitz, die mehr als 150 Jahre das Stadtbild mitbestimmte. Die Deportationen von mehr als 600 jüdischen Gemeindemitgliedern ins Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau waren im Dezember 1943 abgeschlossen.

 

Seit einigen Jahren führt das Museum in Gleiwitz (Muzeum Gliwice) das Projekt „Gleiwitzer Minderheiten“ durch; im Rahmen dieser Reihe wurde 2005/2006 die Ausstellung „Gleiwitzer Juden“ gezeigt, die die Geschichte der Juden aus Gleiwitz und dem übrigen Schlesien sowie ihr kulturelles Erbe dokumentierte. Eine neue Dauerausstellung wurde 2019 im sog. „Haus der Juden aus Oberschlesien“ (ehem. Friedhofshalle) eröffnet.

Der jüdische Friedhof, der offiziell 1953 geschlossen wurde und auf Betreiben der Stadtverwaltung in den 1970er Jahren eigentlich dem Erdboden gleichgemacht werden sollte, verfügt gegenwärtig auf einer Fläche von ca. 17.000 m² noch über ca. 600, z.T. auch stark beschädigte Grabsteine.

Gliwice, Dom Przedpogrzebowy, brama na cmentarz.JPGGroby na nowym cmentarzu zydowskim (Gliwice)II.jpg

(Neuer) Jüdischer Friedhof Gleiwitz (Aufn. B. und Gl., 2012, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0 pl)

Mit hohem finanziellen Aufwand wurde jüngst das zu Anfang des 20. Jahrhunderts erbaute jüdische Begräbnishaus instand gesetzt. Das im neogotischen Stil errichtete Bauwerk beherbergt heute eine Dauerausstellung zur Geschichte der oberschlesischen Juden.

            Beerdigungshalle (Aufn. Dariusz Walerjański, aus: kirkuty.xip.pl)  Dom przedpogrzebowy na cmentarzu żydowskim w Gliwicach 

Auf dem alten jüdischen Friedhof, der um 1900 vollständig belegt war, sind derzeit noch ca. 700 Grabsteine zu finden. Am Rande des Geländes steht auch heute noch das Ruine des kleinen ehemaligen Taharahauses.

IlustracjaAufn. Adrian Tync, 2020, aus: pl.wikipedia.org, CC BY-SA 4.0

Relikt des Taharahauses (Aufn. P., 2007, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)

 

Zu den bekanntesten Söhnen der jüdischen Gemeinschaft von Gleiwitz zählen der Physiker Eugen Goldstein und der Psychiater und Neurologe Alfred Hauptmann.

  Auch der aus einer alteingesessenen jüdischen assimilierten Familie stammende Oscar Troplowitz (geb. 1863), der der Fa. Beiersdorf in Hamburg zu Weltruhm verhalf, erlangte wegen seines sozialen Engagements und seines Mäzenatentums allgemeine Anerkennung. 1918 verstarb Oscar Troplowitz; er wurde auf dem Ohlsdorfer Friedhof begraben.

 

 

 

 

Im Dorfe Kiefer(n)städtel (poln. Sosnicowice, derzeit ca. 1.900 Einw.) – westlich von Gleiwitz gelegen – ließen sich die ersten jüdischen Familien in der Zeit nach 1780 nieder. Gegen Mitte des 19.Jahrhunderts wurde ein eigener Friedhof angelegt. Etwa zwei Jahrzehnte zuvor war seitens der kleinen Gemeinschaft ein unscheinbares Bethaus eingerichtet worden. Um 1860 gehörten der jüdischen Gemeinde etwa 60 Personen an. In der Folgezeit verließen fast alle Familien die Ortschaft. In den 1930er Jahren verzogen die wenigen verbliebenen Juden von hier. Der jüdische Friedhof wurde 1938 zerstört; nur einzelne Grabsteinfragmente erinnern heute noch an den einstigen Begräbnisplatz.

 

 

 

In Peiskretscham (poln. Pyskowice, derzeit ca. 18.500 Einw.) – einer Kleinstadt nur wenige Kilometer nördlich von Gleiwitz - erinnert heute noch ein jüdischer Friedhof an einstige Ansässigkeit jüdischer Familien. Auf dem ca. 6.000 m² großen Begräbnisgelände sind derzeit noch etwa 150 bis 200 Grabsteine auffindbar; das ehemalige Taharahaus ist nur noch als Bauruine vorhanden.

Jüdischer Friedhof in Pyskowice (Aufn. P., 2007, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)

 

 

In Tost (poln. Toszek, derzeit ca. 3.500 Einw.) - einer Landgemeinde ca. 25 Kilometer nördlich von Gleiwitz - gab es eine kleine jüdische Gemeinde, deren aus dem 19.Jahrhundert stammende Synagoge sich am Rande der Altstadt befand. Während des Novemberpogroms wurde drei Geschäfte jüdischer Eigentümer verwüstet; die Synagoge in Brand gesetzt. In den 1960er Jahren wurde die Brandruine niedergelegt und auf dem freigewordenen Gelände ein Wohngebäude errichtet. Seit 2012 erinnert hier eine Gedenktafel an die ehemalige Synagoge; die deutsche Übersetzung der Inschrift lautet: “An diesem Ort befand sich in den Jahren 1836 – 1938 eine Synagoge ✡ Zerstört durch die nationalsozialistischen Deutschen während der Kristallnacht am 9./10. Nov. 1938. - Zum Gedenken der Toster Juden - Tost am 9. Nov. 2012"

Auf dem kleinen, von Vegetation eingenommenen jüdischen Friedhof haben sich noch acht Grabsteine erhalten.

 Aufn. Tomasz Górny, 2012, aus;: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)

 

 

 

Weitere Informationen:

M. Geisler, Gleiwitz eine oberschlesische Stadt, Berlin 1925

W. Lustig, Von den Juden in Gleiwitz, in: "Alte Heimat. Stadt und Landkreis Gleiwitz/Oberschlesien in Wort u. Bild", 10 Jahre Patenschaft Bottrop-Gleiwitz, Bottrop 1961

Irena Strzelecka, ‘Arbeitslager Gleiwitz I’, in: "Hefte von Auschwitz", No.14/1973, S. 75 ff.

Konrad Fuchs, Zur Rolle des schlesischen Judentums bei der wirtschaftlichen Entwicklung Oberschlesiens, in: "Zeitschrift für Ostforschung", No.28/1979, S. 270 - 283

Helmut Eschwege, Die Synagoge in der deutschen Geschichte - Eine Dokumentation, VEB Verlag der Kunst Dresden 1980, S. 114/115

Harold Hammer-Schenk, Synagogen in Deutschland. Geschichte einer Baugattung im 19. u. 20.Jahrhundert, Hans Christians Verlag, Hamburg 1981,Teil 1, S. 121 und Teil 2, Abb. 97

Rudolf Schlegel, Gleiwitz in alter und neuer Zeit, Dülmen 1985

Stefi Jersch-Wenzel, Die Juden als Bestandteil der oberschlesischen Bevölkerung in der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts, in: S. Jersch-Wenzel (Hrg.), Deutsche – Polen – Juden. Ihre Beziehungen von den Anfängen bis ins 20.Jahrhundert, Berlin 1987, S. 191 - 209

Peter Maser/Adelheid Weiser, Juden in Oberschlesien, Teil I: Historischer Überblick, in: "Schriften der Stiftung Haus Oberschlesien, Landeskundliche Reihe 3.1", Gebr. Mann Verlag, Berlin 1992, S. 96 – 106

Konrad Fuchs, Zur Bedeutung des oberschlesischen Judentums. Ursachen und Wirkungen, in: K. Fuchs, Gestalten und Ereignisse aus Schlesiens Wirtschaft, Kultur und Politik, Dortmund 1992, S. 74 - 91

Adelheid Weiser, Der Schutz der jüdischen Rechte in Oberschlesien unter dem Mandat des Völkerbundes 1933 – 1945, in: Friedrich-Carl Schultze-Rhonhof (Hrg.), Geschichte der Juden in Schlesien im 19. und 20.Jahrhundert, Hannover/Münster 1995, S. 37 – 53

Zofia Kowalska, Die jüdische Bevölkerung in den oberschlesischen Städten des Mittelalters, in: Thomas Wünsch (Hrg.), Stadtgeschichte Oberschlesiens. Studien zur städtischen Entwicklung und Kultur einer ostmitteleuropäischen Region vom Mittelalter bis zum Vorabend der Industrialisierung, Berlin 1995, S. 75 - 92

Zofia Kowalska, Die Anfänge der jüdischen Ansiedlung in Oberschlesien im 12. und 13.Jahrhundert, in: "Oberschlesisches Jahrbuch", No. 14/15 (1998/1999), S. 13 - 29

Boguslaw Malusecki, The synagogue in Gliwice, in: "Gliwice Culture Magazine", Febr. 1998

The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust (Vol. 1), New York University Press, Washington Square, New York 2001, S. 433

Gliwice, in: sztetl.org.pl (mit detaillierten Angaben zur Entwicklung der jüdischen Gemeinde Gleiwitz)

Artur Cyruk/Dariusz Walerjański (Red.), Jewish cemetery Gliwice, in: kirkuty.xip.pl

Dariusz Walerjański (Bearb.), Gliwice, online abrufbar unter: cmentarze-zydowskie.pl/gliwice.htm (Anm. mit detaillierten Angaben zu den beiden jüdischen Friedhöfen)

Julia Cartarius, The Jewish Community of Gleiwitz 1933 – 1943, in: Zydzi gliwicy. Materialy z konferencji, Muzeum w Gliwicacvh, Gliwice 2006, S. 183 - 201

Julia Cartarius, Juden in Oberschlesien, 1921 – 1945, in: Jüdisches Leben zwischen Ost und West. Neue Beiträge zur jüdischen Geschichte in Schlesien, Wallstein-Verlag Göttingen 2014, S. 79 ff.

Karol Szymanski, Spurensuche in Oberschlesien. In Gliwice entsteht ein Museum zur Geschichte der Juden aus der Region, in: “Jüdische Allgemeine” vom 6.8.2015

Jan Opielka (Red.), Ein jüdisch-deutsches Haus, in: “Frankfurter Rundschau” vom 10.1.2019

Gliwice (Hrg.), Upper Silesian Jews House of Remembrance, online abrufbar unter: gliwice.eu

Jan Opielka (Red.), Als Gliwice noch Gleiwitz hieß. Eine neue Dauerausstellung dokumentiert die deutsch-jüdische Geschichte Oberschlesiens bis 1945, in: “Jüdische Allgemeine” vom 14.3.2019

Beata Pomykalska/Pawl Pomykalski, Auf den Spuren der Juden Oberschlesiens, Hrg. Haus der Erinnerung an die Juden Oberschlesiens – Zweigstelle des Museums in Gliwice 2019

Jacek Manlecki/Marek Wojcik, Vom Lieben, Leben und Sterben. Die Geschichte der Gleiwitzer Juden (polnische und deutsche Ausgabe), hrg. vom Museum Gleiwitz/Muzeum w Gliwicach, 2017/2023