Hermeskeil (Rheinland-Pfalz)

Trier - Europa1900 Bildergebnis für landkreis trier-saarburg ortsdienst karte Hermeskeil ist eine Kleinstadt mit derzeit knapp 6.000 Einwohnern im Landkreis Trier-Saarburg; sie ist Verwaltungssitz der gleichnamigen Verbandsgemeinde (Ausschnitt aus hist. Karte, aus: europe1900.eu  und  Kartenskizze 'Landkreis Trier-Saarburg', aus: ortsdienst.de/rheinand-pfalz/trier-saarburg).

 

Im Laufe der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts entstand im Dorfe Hermeskeil eine kleine jüdische Gemeinde, deren Angehörige sich aus niedergelassenen Händlern und Kaufleuten zusammensetzte; die erste Familie, die sich in Hermeskeil ansiedelte, kam 1840 aus Thalfang. Der um 1850 eingerichtete Gebets- und Andachtsraum der Hermeskeiler Juden befand sich im Obergeschoss eines Hauses in der Martinusstraße; das Parterre diente Wohnzwecken.

Religiös-rituelle Aufgaben waren einem seitens der Gemeinde angestellten Religionslehrer übertragen. Im letzten Viertel des 19.Jahrhunderts wurde die Stelle oft ausgeschrieben.

http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20191/Hermeskeil%20Israelit%2020111890.jpg https://www.alemannia-judaica.de/images/Images%2073/Hermeskeil%20Israelit%2002061898.jpg 

  Stellenanzeigen in der Zeitschrift „Der Israelit“ vom 20.11.1890, vom 2.6.1898 und vom 18.7.1901

Seit den 1880er Jahren gab es in Hermeskeil nahe des evangelischen Friedhofs (Züscherstraße/Ringgraben) einen jüdischen Begräbnisplatz; zuvor war der Friedhof in Thalfang genutzt worden.

Juden in Hermeskeil:

         --- 1843 .........................   3 Juden,

    --- 1871 .........................  17   “  ,

    --- um 1885 ......................   8 jüdische Familien,

    --- 1895 .........................  34 Juden,

    --- 1925 .........................  45   “  ,

    --- 1933 ..................... ca.  45   “  ,

    --- 1938 .........................  11   “  .

Angaben aus: Stefan Fischbach/Ingrid Westerhoff, Synagogen. Rheinland-Pfalz und Saarland, S. 182                                                      

 

Erste antisemitische Vorfälle ereigneten sich bereits Ende der 1920er Jahre; so wurde der jüdische Friedhof mehrfach geschändet.

1935 wurden die Fenster von mehreren von Juden bewohnten Häusern eingeworfen. In der Pogromnacht wurde die Synagoge nicht in Brand gesetzt, da sie sich in einer geschlossenen Häuserzeile befand und die Gefahr einer Ausweitung des Feuers Brandes bestand; allerdings demolierten Nationalsozialisten die Inneneinrichtung. Anschließend wurde das Synagogengebäude anderweitig genutzt, ehe es 1945 durch einen Bombenangriff zerstört wurde. Auch die Grabstätten des jüdischen Friedhofs wurden während der „Kristallnacht“ zerstört, die Grabsteinrelikte abtransportiert und anschließend das Gelände eingeebnet.

Im Mai 1939 war Hermeskeil „judenfrei“.

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem wurden 14* gebürtige bzw. längere Zeit am Ort wohnhaft gewesene jüdische Bürger Opfer des Holocaust (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/hermeskeil_synagoge.htm)    * einer anderen Angabe zufolge sollen es 21 Pers. gewesen sein.

     Kriegszerstörte Synagoge, Frühjahr 1945 (Aufn. Landesamt)http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%2073/Hermeskeil%20Synagoge%20011.jpg

http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%2073/Hermeskeil%20Synagoge%20100.jpg Ende der 1970er Jahre wurde am ehemaligen Standort der Hermeskeiler Synagoge in der Martinusstraße eine Gedenktafel (Aufn. J. Hahn, 2006) angebracht; unter der Abbildung einer Menora ist die folgende Inschrift zu lesen:

Zum Gedenken an die vertriebenen und ermordeten jüdischen Mitbürger

und die im Jahre 1938 zerstörte Synagoge

Stadt Hermeskeil                       1978

 

Auf dem nach 1880 angelegten jüdischen Friedhof findet man heute keine Grabsteine mehr.

 http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20327/Hermeskeil%20Friedhof%20190.jpg

Zugang zum jüdischen Friedhof (Aufn. Barbara Theis, 2012) und Gedenkstein (Aufn. L. Sieht, 2012, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)

An der einstigen jüdischen Begräbnisstätte ließ die Kommune Hermeskeil einen Gedenkstein aufstellen; er trägt die (inzwischen unleserlich gewordene) Inschrift: „Zum Gedenken der Toten Mitglieder der Jüdischen Kultusgemeinde Hermeskeil”.

Während der Kriegsjahre wurden auf dem jüdischen Friedhof ums Leben gekommene Häftlinge des SS-“Sonderlagers“/KZ Hinzert begraben; 1946 wurden ihre Gebeine exhumiert und auf dem Areal der Gedenkstätte Hinzert beigesetzt.

Vor dem früheren Wohnhaus der jüdischen Familie Kahn (Trierer Straße) erinnern seit 2007 drei sog. „Stolpersteine“; nachdem die dreiköpfige Familie Hermeskeil verlassen und nach Trier verzogen war, erfolgte von dort 1943 ihre Deportation nach Auschwitz.

       Vergrößerte Ansicht des angeklickten Bildes Aufn. Axel Munsteiner, aus: "Trierer Volksfreund" vom 22.5.2019

 

 

 

Weitere Informationen:

Georg Marx, Juden in Hermeskeil, in: "Rund um Hermeskeil", No. 44 vom 3.11.1988

Georg Marx, Juden in Hermeskeil. Versuch einer Dokumentation,1999

R.Reichard/Th.Heidenblut, Synagogen im Landkreis Trier-Saarburg, Facharbeit an der Fachhochschule Rheinland-Pfalz Abt. Trier, Fachbereich Architektur, o.J., S. 42 - 45

Stefan Fischbach/Ingrid Westerhoff (Bearb.), “ ... und dies ist die Pforte des Himmels “. Synagogen. Rheinland-Pfalz Saarland, Hrg. Landesamt für Denkmalpflege, Mainz 2005, S. 182/183

Hermeskeil, in: alemannia-judaica.de (mit Dokumenten zur jüdischen Ortshistorie)

Array (Red.), Drei Stolpersteine und ein Überlebender, in: "Trierer Volksfreund" vom 3.11.2006

Thomas Müller, Kleine Gedenksteine am Straßenrand. Stolpersteine erinnern auch im Landkreis an Opfer des Nationalsozialismus, in: "Jahrbuch des Kreises Trier Saarburg 2008", S. 234 ff.

Auflistung der in Hermeskeil verlegten Stolpersteine, online abrufbar unter: wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Hermeskeil

Heinz Ganz-Ohlig, Juden im Gaumusterdorf: Auf den Spuren ehemaliger jüdischer Nachbarn in Hermeskeil, in: "Veröffentlichungen des Emil-Frank-Instituts", Band 20, Paulinus-Verlag Trier 2018

Axel Munsteienr (Red.), „Ein Thema, was nie vergessen werden darf“, in: "Trierer Volksfreund" vom 22.5.2019