Krojanke (Westpreußen)
Krojanke, ca. 25 Kilometer nördlich von Schneidemühl und wenige Kilometer südlich der Kreisstadt Flatow gelegen, fiel nach der 1.Teilung Polens (1772) an Preußen; es ist die heutige Kleinstadt Krajenka mit derzeit ca. 3.500 Einwohnern in der polnischen Woiwodschaft Großpolen (hist. Karte des Kreises Flatow von 1905, aus: wikipedia.org, gemeinfrei und Kartenskizze 'Polen' mit Krajenka rot markiert, aus: mapa.livecity.pl).
Um 1800 erreichte die Zahl der in Krojanke ansässigen jüdischen Familien ihren Höchststand; sie stellten damals fast die Hälfte der Ortsbevölkerung.
Ansässigkeit jüdischer Familien in Krojanke wurde erstmals 1557 erwähnt. Die Existenz eines jüdischen Friedhofs und eines Bethauses ist aus den 1680er Jahren bzw. aus der Zeit um 1715 belegt. Fünf in einem Schutzbrief namentlich aufgeführte Juden durften am Marktplatz wohnen; zudem war ihnen gestattet, eine Synagoge, ein Hospital, ein Rabbinerhaus, eine Schule mit Lehrerwohnung und eine Mikwe zu bauen; auch ein Begräbnisplatz wurde ihnen zugestanden. Handel stand ihnen in jeder Weise frei. Als Gegenleistung erhob die Grundherrschaft nicht unerhebliche Abgaben.
Bereits aus dem Jahre 1682 datierte das erste Bethaus im Ort. 1842 wurde ein Synagogenneubau erstellt und eingeweiht.
Synagoge von Krojanke - Vorderfront (hist. Aufn., aus: Leo-Baeck-Institut)
Als Krojanke 1772 an Preußen fiel, zogen vermehrt jüdische Familien zu; mit fast 700 Angehörigen erreichte die Gemeinde Krojanke um 1800 ihren zahlenmäßign Zenit. Über Jahrzehnte hinweg blieb die Zahl der Gemeindemitglieder fast konstant; erst Ende des 19.Jahrhunderts verkleinerte sich die Gemeinde stetig.
Die Anlage des jüdischen Friedhofs am Ortsrand datiert von 1712; möglicherweise wurde das Gelände bereits im 17.Jahrhundert genutzt.
Juden in Krojanke:
--- 1772 ..................... ca. 200 Juden,
--- 1799 ......................... 693 “ (ca. 44% d. Bevölk.),
--- 1804 ......................... 740 “ ,
--- 1812 ......................... 188 jüdische Haushalte,
--- 1831 ......................... 449 Juden (ca. 22% d. Bevölk.)
--- 1851 ......................... 648 “ (ca. 25% d. Bevölk.),
--- 1885 ......................... 484 “ ,
--- 1907 ......................... 434 “ (ca. 12% d. Bevölk.),
--- 1925 ..................... ca. 320 " (ca. 9% d. Bevölk.),
--- um 1930/33 ............... ca. 250 “ (ca. 6% d. Bevölk.),
--- 1936 ......................... 146 “ ,
--- 1939 (Mai) ................... 34 “ ,
--- 1940 (Dez.) .................. keine.
Angaben aus: The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust (Vol. 2), S. 679
und Gerhard Salinger, Zur Erinnerung und zum Gedenken. Die einstigen jüdischen Gemeinden Westpreußens, Teilband 2, S. 440
Lange Straße in Krojanke (hist. Postkarte, um 1910)
Als es im Frühjahr 1900 auf Grund des Mordes in Konitz in verschiedenen Orten zu Unruhen kam, war auch die Judenschaft Krojankes betroffen; es kam zu Zerstörungen jüdischen Eigentums.
Zur Zeit der NS-Machtübernahme lebten in Krojanke noch etwa 250 jüdische Einwohner. Als sich deren Lebensgrundlagen rapide verschlechterten, verließen zahlreiche Familien ihren Heimatort. Gegen Ende 1935 soll es am Ort nur noch ein einziges jüdisches Geschäft gegeben haben.
Während des Novemberpogroms von 1938 wurde das aus den 1840er Jahren stammende Synagogengebäude zerstört, jüdische Männer inhaftiert und ins KZ Sachsenhausen verschleppt. Wer 1940 noch in Krojanke lebte, wurde im Frühjahr in ein Internierungslager nahe Schneidemühl verbracht; von hier erfolgte die Deportation in Ghettos bzw. Lager im besetzten Polen.
Vom jüdischen Friedhof sind heute keine Spuren mehr zu finden; das Areal wurde während der Kriegsjahre zerstört.
ehem. jüdisches Friedhofsgelände (Aufn. um 2005, aus: jewishvilkaviskis.org)
Bekanntester Sohn der Stadt Krojanke war der 1884 geborene Erich Wolfsfeld, der sich als Maler und Grafiker einen Namen machte. Nach mehreren Studienaufenthalten im Ausland erhielt er 1920 eine Professur für Malerei und Radierkunst. Wegen seiner jüdischen Herkunft wurde er 1936 aus seinem Lehramt entlassen; drei Jahre später gelang ihm die Emigration nach Großbritannien. 1956 verstarb er in London.
Weitere Informationen:
Otto Goerke, Die Judenprivilegien der Städte Flatow und Krojanke, in: "Mitteilungen des Westpreußischen Geschichtsvereins", No. 15/1916, S. 9
The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust (Vol. 2), New York University Press, Washington Square, New York 2001, S. 679
Gerhard Salinger, Zur Erinnerung und zum Gedenken. Die einstigen jüdischen Gemeinden Westpreußens, Teilband 2, New York 2009, S. 427 – 441
Krajenka, in: sztetl.org.pl