Leitomischl (Böhmen)

Die Stadt Leitomischl (oder Leutomischl) – etwa 15 Kilometer nordwestlich von Zwittau (Svitavy) am östlichen Rande Böhmens im Kreis Pardubitz gelegen – ist das heutige tsch. Litomyšl mit derzeit ca. 10.000 Einwohnern (Ausschnitt aus Karte um 1900, aus: wikipedia.org, PD-alt-100).

Veduta Litomyšle z roku 1798.jpg

Leitomischl um 1800 (Abb. S. Kohlneder, aus: wikipedia.org, gemeinfrei)

 

In Leitomischl entstand in der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts eine jüdische Gemeinde; bereits im 15./17.Jahrhundert sollen sich in Leitomischl zeitweilig jüdische Familien aufgehalten haben, sich aber nicht dauerhaft haben ansiedeln dürfen. Erst nach 1848 wanderten jüdische Familien in nennenswerter Zahl zu, die ihren Lebensunterhalt mit traditionellem Handel und im Kleingewerbe bestritten. Vor 1848 war nur zwei Familien erlaubt gewesen, in der Stadt zu leben.

Zu den kultisch-gemeindlichen Einrichtungen gehörten ein Friedhof aus dem Jahre 1876 (andere Angabe: 1897) – angelegt etwa zwei Kilometer nördlich des Stadtzentrums - und eine in den Jahren 1909/1910 erbaute Synagoge im neoromanisch-maurischen Mischstil.     

Holocaust a Litomyšl Synagoge in Leitomischl (aus: holocaustlitomysl.cz/synagoga/) 

Um die Jahrhundertwende erreichte die jüdische Bevölkerungsminderheit mit ca. 220 Angehörigen ihren zahlenmäßigen Zenit. Anfang der 1930er Jahre lebten im ostböhmischen Leitomischl noch etwa 165 Bewohner mosaischen Glaubens.

Während des Zweiten Weltkrieges wurde die Gemeinde völlig liquidiert. Anfang Dezember 1943 wurden alle Juden aus der Stadt per Eisenbahntransport von Pardubitz aus nach Theresienstadt deportiert; von hier ging für die meisten der Weg nach Auschwitz-Birkenau. Nur 13 ehemalige jüdische Gemeindeangehörige sollen die Vernichtungslager überlebt haben.

 

In der Nachkriegszeit wurde das unzerstört gebliebene Synagogengebäude als Lagerhaus benutzt; 1968 erfolgte dessen Abriss. Am Nachfolgebau wurde eine Gedenktafel angebracht, die den einstigen Standort der Synagoge markiert. Inzwischen hat man die unscheinbaren Gedenktafeln durch eine eiserne Stele ersetzt.

ältere Gedenktafeln (Aufn. aus: waymarking.com)

Das vor den Toren der Stadt gelegene, ca. 1.500 m² große jüdische Friedhof hat seit der NS-Zeit (und vor allem danach) schwer gelitten; Grabsteine wurden zweckentfremdet, andere zerschlagen. Erst nach der Jahrtausendwende sind Bemühungen zu erkennen, das Friedhofsgelände wieder als solches herzurichten; so ist das kleine Taharahaus restauriert und ein Teil der noch vorhandenen Grabsteine wieder aufgerichtet worden.

Holocaust and Litomyšlundefined

Jüdischer Friedhof (Aufn. von 2003 und Vojta Kabrhel, 2017, aus: wikidata, org) 

 

 

 

Weitere Informationen:

Dana Christianová/David Zeman, Židovský hřbitov v Litomyšli (seminární práce 1993/1994, Škola restaurování a konzervačních technik Litomyšl)

Dagmar Burdówa, Jews in Litomyšl (online abrufbar unter: zmizeli-sousede.cz)

Jörg Osterloh, Nationalsozialistische Judenverfolgung im Reichsgau Sudetenland 1938 - 1945, in: "Veröffentlichungen des Collegium Carolinum", Band 105, Verlag R. Oldenbourg, München 2006

International Jewish Cemetery Project – Czechoslowakia

Václav Pechanec, Synagoga Litomyšli, online abrufbar unter: holocaustlitomysl.cz/synagoga/

Petr Tmj, Jüdischer Friedhof in Litomyšli, online abrufbar unter: holocaustlitomysl.cz/en/jewish-cemetery/