Niederhagental (Elsass)

Kreis Mülhausen.png Das im Oberelsass liegende Niederhagental ist die heutige kleine französische Ortschaft Hagenthal-le-Bas mit derzeit ca. 1.200 Einwohnern - ca. zehn Kilometer südwestlich von Basel (Ausschnitt aus hist. Karte von 1905 ohne Eintrag von Niederhagental, aus: wikipedia.org, gemeinfrei).

 

Eine jüdische Gemeinde entstand in Niederhagental vermutlich im Laufe des 17.Jahrhunderts; gegen Ende des 18./Anfang des 19.Jahrhunderts erreichte die Niederhagentaler Judengemeinde ihren Höchststand mit knapp 500 Angehörigen. Ihren Lebensunterhalt verdienten die Familien im Handel, vor allem in Regionen der Nordwestschweiz.

Eine zu Beginn des 18.Jahrhunderts gebaute Synagoge musste wegen fehlender herrschaftlicher Genehmigung wieder abgerissen werden. 1740 durfte dann die hiesige Judenschaft eine neue Synagoge errichten. Wegen der größer gewordenen Zahl der Gemeindeangehörigen wurde das Gebäude um 1805 erweitert. Im Revolutionsjahr 1848 wurde das Synagogengebäude im Zusammenhang der antijüdischen Unruhen geplündert und verwüstet. Nach einer Restaurierung der Synagoge wurde diese im Sept. 1859 erneut eingeweiht.

http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20103/Niederhagenthal%20Ben%20Chananja%20011860.jpgaus der Zeitschrift "Ben Chananja", No. 1/1860

 Der aus Hagental stammende Abraham Ris war von 1812 bis 1834 Rabbiner der Aargauer Gemeinden Endingen und Lengnau.

Während der antijüdischen Unruhen im Revolutionsjahr 1848 wurde die Synagoge geplündert und verwüstet; etwa zehn Jahre später wurde sie umfassend renoviert und in Anwesenheit des Großrabbiners Klein aus Straßburg erneut eingeweiht.

Eine jüdische Begräbnisstätte bestand an einem östlich der Ortschaft gelegenen Hang seit Mitte des 18.Jahrhunderts; obwohl die Gemeinde sich um 1920 aufgelöst hatte, wurde der Friedhof auch weiterhin belegt.

Juden in Niederhagental:

         --- 1689 .......................  12 jüdische Familien,

    --- 1766 .......................  41     "       "    ,                  

    --- 1784 .......................  67     “       “   (ca. 360 Pers.),

    --- 1846 ....................... 452 Juden,

    --- 1861 ....................... 453   “  ,

    --- 1871 ....................... 321   “  ,

    --- 1905 .......................  93   “  ,

    --- 1910 .......................  71   “  ,

    --- 1920 .......................  keine.

Angaben aus: Michel Rothé/Max Warschawski, Les synagogues d’Alsace et lieur histoire, S. 47

 

Wie fast überall in den elsässischen Landgemeinden wanderten auch hier in der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts viele Juden aus. Wenige Jahre nach dem Ersten Weltkrieg löste sich die Niederhagentaler israelitische Gemeinde völlig auf.

Bereits 1910 war das hier für einige Jahrzehnte beheimatete Rabbinat aufgegeben worden. Anfang der 1920er Jahre lebten keine Einwohner mosaischen Glaubens mehr im Ort. Das nun nicht mehr genutzte Synagogengebäude wurde veräußert und lange Jahre als Werkstatt genutzt; seit 2004 befindet sich im restaurierten Gebäude ein privates Kunstatelier.

   ehem. Synagogengebäude in Hagenthal-le-Bas (Aufn. J. Hahn, um 2005)

Auf dem Areal des jüdischen Friedhofs in Hagenthal-le-Bas findet man heute noch ca. 350 Grabsteine.

Teilansicht des jüdischen Friedhofs (Aufn. J. Hahn, 2004) http://www.alemannia-judaica.de/images/Alsace%201/Hagenthal-le-Bas%20Cimetiere%20109.jpg

 

Im nicht weit entfernten Oberhagental (Hagenthal-le-Haut) war eine israelitische Gemeinde existent, die aber nicht ganz die Größe der Niederhagentals besaß; doch immerhin lebten hier Ende des 18.Jahrhunderts mehr als 50 jüdische Familien. Ende des 19.Jahrhunderts löste sich die Gemeinde auf; das Synagogengebäude wurde verkauft und im Jahre 1902 abgerissen. Die Nachfahren der Oberhagentaler Juden lebten danach zumeist in der Schweiz.

[vgl. Oberhagental (Elsass)]

 

 

 

Weitere Informationen:

A. Nordmann, Über Wanderungs- und Siedlungsbeziehungen zwischen elsässischen und schweizerischen Judentum, in: "Jahrbuch der Gesellschaft für die Geschichte der Israeliten in Elsaß-Lothringen", 1/1917, S. 1 - 10

Michel Rothé/Max Warschawski, Les synagogues d’Alsace et lieur histoire, Jerusalem 1992

Léa Rogg, La communauté juive de Hagenthal (Aufsatz), o.J. 

Hagenthal-les-Bas, in: alemannia-judaica.de