Odenbach/Glan (Rheinland-Pfalz)
Odenbach am Glan mit seinen derzeit ca. 850 Einwohnern zählt heute zur Verbandsgemeinde Lauterecken-Wolfstein im nordöstlichen Teil des Landkreises Kusel – ca. 30 Kilometer südwestlich von Bad Kreuznach gelegen (Ausschnitt aus hist. Karte mit Odenbach am rechten oberen Kartenrand, aus: europe1900.eu und Kartenskizze 'Verbandsgemeinde Lauterecken-Wolfstein' im Landkreis Kusel, Hagar 2010, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0).
Im 19.Jahrhundert war in Odenbach die größte jüdische Gemeinde im damaligen Kreis Kusel beheimatet; hier lebte etwa ein Fünftel aller Juden des Kreises.
Ein erster urkundlicher Nachweis einer in Odenbach ansässigen jüdischen Familie stammt aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges. In der Folgezeit haben stets nur wenige Juden im Dorfe gelebt; zu Beginn des 19.Jahrhunderts nahm ihre Zahl deutlich zu und erreichte um 1850/1860 mit fast 140 Personen ihren Höchststand.
In Odenbach richtete die hier und in der Umgebung lebende Judenschaft 1752 eine Betstube ein, die zunächst im privaten Eigentum einer jüdischen Familie (vom "Judenschultheiß Salomon Meyer") war und erst 50 Jahre später in den Besitz der Kultusgemeinde gelangte. Das äußerlich unauffällige Gebäude inmitten des alten Ortskerns in der Kirchhofstraße war im Inneren mit wertvollen Malereien ausgestattet. Während die Männer durch ein Portal den Gebetsraum betraten, führte eine Holztreppe zur Frauenempore, die wahrscheinlich 1835 im Zuge der Erweiterung angebaut worden war.
Eingangspforte (Aufn. Förderverein ehemalige Synagoge Odenbach e.V).
Über dem Eingang waren im Türsturz in hebräischer Schrift die folgenden Psalmworte eingemeißelt „Dies ist das Tor des Herrn, Gerechte gehen dort hinein“ sowie die Jahreszahl 5512 (=1752).
Die kleinflächige Begräbnisstätte der Odenbacher Juden - außerhalb der Ortschaft in Richtung Adenbach gelegen - stammt aus der Mitte des 19.Jahrhunderts; zuvor waren Verstorbene auf dem jüdischen Friedhof in Meisenheim beerdigt worden.
Zur jüdischen Gemeinde Odenbach gehörten auch die in Lauterecken lebenden jüdischen Personen.
Die Kultusgemeinde gehörte zum Bezirksrabbinat Kaiserslautern.
Juden in Odenbach:
--- 1717 .......................... 4 jüdische Familien,
--- 1752 .......................... 59 Juden,
--- 1776 .......................... 9 jüdische Familien,
--- 1808 .......................... 13 “ “ (ca. 60 Pers.),
--- 1823 .......................... 74 Juden (ca. 8% d. Dorfbev.),
--- 1835/37 ....................... 109 “ ,
--- 1854 .......................... 139 “ (ca. 10% d. Dorfbev.),
--- 1875 .......................... 70 “ ,
--- 1883 .......................... 63 “ ,
--- 1900 .......................... 56 “ ,
--- 1920 .......................... 47 “ ,
--- 1936 .......................... 34 “ ,
--- 1938 .......................... 23 “ ,
--- 1940 .......................... 2 “ .
Angaben aus: Dorothee Dittrich, Die alte Synagoge in Odenbach
und Stefan Fischbach/Ingrid Westerhoff, Synagogen. Rheinland-Pfalz und Saarland, S. 301
Im Jahre der sog. "Machtübernahme" setzte sich die jüdische Gemeinde aus ca. 35 Personen zusammen.
In der Pogromnacht des November 1938 versuchten auswärtige SA-Angehörige, das Synagogengebäude in Brand zu setzen, wurden aber von Dorfbewohnern, die ein Übergreifen des Feuers auf die Nachbarhäuser befürchteten, davon abgehalten. Die Inneneinrichtung wurde vermutlich von hiesigen Schülern geplündert; so sollen fünf Thorarollen entwendet und anschließend öffentlich verbrannt worden sein.
1939 ging das Synagogengrundstück zunächst in Besitz einer ortsansässigen Familie über. Einige Jahre nach Kriegsende wurde es an die Jüdische Kultusgemeinde Rheinpfalz rückübertragen, die es ihrerseits erneut an einen Privatmann veräußerte; dieser nutzte das Gebäude als Lagerraum. Am 22.Oktober 1940 wurden ca. 40 Juden aus dem Kreis Kusel ins südfranzösische Gurs deportiert; zwei von ihnen stammten aus Odenbach.
Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden ..." sind nachweislich 26 gebürtige bzw. längere Zeit in Odenbach wohnhaft gewesene jüdische Bürger Opfer der NS-Gewaltherrschaft geworden; aus Grumbach waren es fünf Personen (namentliche Nennung der betreffenden Personen siehe: alemannia-judaica.de/odenbach_glan_synagoge.htm).
Die ehemalige Synagoge Odenbach ist der älteste erhaltene Synagogenbau in der Pfalz. Nachdem 1985 zufällig spätbarocke Wand- und Deckenmalereien entdeckt worden waren, rückte das Gebäude in den Fokus der Öffentlichkeit. Ende der 1980er Jahre wurde das Gebäude vom neu gegründeten „Förderverein ehemalige Synagoge Odenbach e.V.” angekauft, um es vor dem endgültigem Verfall zu retten. Mit erheblichen öffentlichen Mitteln wurde das nun inzwischen unter Denkmalschutz gestellte Gebäude restauriert. 1995 waren diese Arbeiten abgeschlossen, so dass das Gebäude seitdem der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden konnte.
Ehem. Synagoge Odenbach vor und nach der Renovierung (Aufn. Förderverein, 2008, in: wikipedia.org, CC BY 3.0)
Relikte von Malereien in der ehem. Synagoge (Aufn. M. Ohmsen)
Nahe der Synagoge richtete man im Jahre 2017 eine Holocaust-Gedenkstätte ein: ein Mahnmal – bestehend aus einer beschrifteten Glasscheibe zwischen zwei Stelen - nennt namentlich die 26 deportierten Odenbacher Juden.
Gedenkstätte (Aufn. aus: westpfalz.wiki)
Im Ortsteil Lauterecken erinnern seit 2014/2015 insgesamt 13 "Stolpersteine" an Angehörige der jüdischen Familien Frank, Löb uind Spiegel.
an drei Standorten verlegte Gedenkquader in Lauterecken (Aufn. M., 2022, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 4.0)
Die Gebeine der in Lauterecken beigesetzten Juden - hier gab es ein kleines vom Kommunalfriedhof abgegrenztes jüdisches Areal - wurden in den 1970er Jahren nach Odenbach umgebettet, da ein Straßenprojekt den ehemaligen Friedhof durchquerte. Etwa 70 Grabsteine finden sich heute auf dem Gelände des israelitischen Friedhofs von Odenbach.
jüdischer Friedhof (Aufn. Förderverein ehem. Synagoge Odenbach e.V.)
[vgl. Offenbach/Glan (Rheinland-Pfalz)]
Weitere Informationen:
Karl Fücks/Michael Jäger, Synagogen der Pfälzer Juden. Vom Untergang ihrer Gotteshäuser und Gemeinden, Eigenverlag 1988
Bernhard Kukatzki, Ein Kleinod im Kreis Kusel - die Odenbacher Synagoge, in: "Westrich-Kalender", Kusel 1988, S. 79 f.
Alfred Wendel, Ein Beitrag zur Geschichte der Synagoge von Odenbach, in: Rainer J. Bender (Hrg.), Die pfälzischen Juden und ihre Kultuseinrichtungen, Mannheim 1988
Alfred Hans Kuby (Hrg.), Juden in der Provinz. Beiträge zur Geschichte der Juden in der Pfalz zwischen Emanzipation und Vernichtung, Verlag Pfälzische Post, Neustadt a.d.Weinstraße 1989, S. 217
Dorothee Dittrich, Die alte Synagoge in Odenbach, in: Westricher Heimatblätter - Heimatkundliche Mitteilungen aus dem Kreis Kusel, Hrg. Landkreis Kusel, März 1989, No.1, S. 54 f.
Hilde Dittrich, Handschriften aus der ehemaligen Synagoge Odenbach in London ausgestellt, in: "SACHOR", Ausg. 1/1993, Heft 4, S. 58 - 60
Bernhard Kukatzki, Jüdische Volkskunst - Fundstücke aus der Odenbacher Synagoge, in: "Westrich-Kalender 1993", S. 132 - 138
Hermann Arnold, Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde von Odenbach, in: "Die Rheinpfalz - Westricher Rundschau", No. 55/1996 vom 5.3.1996
Odenbach/Glan, in: alemannia-judaica.de
Stefan Fischbach/Ingrid Westerhoff (Bearb.), “ ... und dies ist die Pforte des Himmels “. Synagogen. Rheinland-Pfalz Saarland, Hrg. Landesamt für Denkmalpflege, Mainz 2005, S. 301 - 304
Otmar Weber, Die Synagogen in der Pfalz von 1800 bis heute. Unter besonderer Berücksichtigung der Synagogen in der Südwestpfalz, Hrg. Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Pfalz (Landau), Dahn 2005, S. 132
Alfred Wendel: Chronik Odenbach - Band III: Jüdisches Leben, hrg. vom Förderverein Ehemalige Synagoge Odenbach, 2008
Odenbach/Glan mit Lauterecken, in: alemannia-judaica.de (mit diversen Bilddokumenten zur jüdischen Ortshistorie)
Förderverein ehemalige Synagoge Odenbach e.V., online abrufbar unter: ehemalige-synagoge.odenbach.de (detaillierte Darstellung der jüdischen Ortshistorie)
N.N. (Red.), Kleinod jüdischen Lebens in Odenbach, in: lifePr vom 26.2.2019
Sabrina Schreiner (Red.), Die Synagoge muss dringend saniert werden, in: „Die Rheinpfalz“ vom 16.3.2021
Herwig Buntz (Red.), Neben der Straße: Mahnmal für die früheren jüdischen Mitbürger, in: „Die Rheinpfalz“ vom 25.3.2021
Sabrina Schreiner (Red.), Ehemalige Synagoge Odenbach: Vom Abstellraum zur Gedenkstätte, in: „Die Rheinpfalz“ vom 12.4.2022
Herwig Buntz (Red.), Neben der Straße: Mahnmal für die früheren jüdischen Mitbürger, in: „Die Rheinpfalz“ vom 25.3.2021