Neu(en)dorf-Zips/Spišská Nová Ves (Slowakei)
Spišská Nová Ves (ung. Iglo) ist mit derzeit ca. 37.000 Einwohnern eine der größten Städte in der Ostslowakei - ca. 30 Kilometer südöstlich von Poprad/Deutschendorf gelegen (Karte aus: sk.wikipedia.org).
Jüdische Ansiedlung in Neu(en)dorf - Zips erfolgte gegen Mitte des 19.Jahrhunderts; alsbald gründete sich hier eine Gemeinde (um 1870). Zu den gemeindlichen Einrichtungen – Bethaus, Mikwe, Schlachthaus - zählte auch eine 1872 eröffnete Elementarschule.
Seit den 1880er Jahren war Spišská Nová Ves Sitz eines Bezirksrabbinats; erster Rabbiner war der hier ca. vier Jahrzehnte im Amt tätige Aaron Kraus.
Ein im Stile des Neoklassizismus erstellter Synagogenneubau datiert von 1899.
Synagoge - hist. Postkarte/Aufn. (aus: filip-foto.estranky.sk und judaica.cz)
Am östlichen Stadtrand wurde um 1870 ein jüdischer Friedhof angelegt, der nach der Jahrhundertwende durch ein angrenzendes Gelände vergrößert wurde.
Juden in Neu(en)dorf/Spišská Nová Ves:
--- 1857 ...................... 38 Juden,
--- 1869 ...................... 156 “ ,
--- 1880 ...................... 356 “ (ca. 5% d. Bevölk.)
--- 1890 ...................... 429 “ ,
--- 1900 ...................... 620 “ (ca. 7% d. Bevölk.),
--- 1921 ...................... 694 “ ,
--- 1930 ...................... 733 “ ,
--- 1941 .................. ca. 1.000 “ ,
--- 1945/46 ............... ca. 200 “ ,
--- 1948 .................. ca. 140 “ .
Angaben aus:The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust (Vol. 3), S. 1227
und Spisska Nova Ves” – Encyclopaedia of Jewish communities
Jüdische Familien dominierten in Neu(en)dorf das wirtschaftliche Leben in der Stadt: mehr als 60 Geschäfte/Gewerbebetriebe und einige größere Produktionsstätten waren im Eigentum von Juden.
Zionistische Ideen fanden nach 1900 vor allem bei der hiesigen jüngeren Judenschaft Gehör.
In den 1930er Jahren trennten sich ca. 20 Familien von der bestehenden Gemeinde und gründeten eine eigene orthodox ausgerichtete Gemeinschaft.
Mit der Etablierung des faschistischen Staates - mit tatkräftiger Unterstützung des hier ansässigen deutschen Bevölkerungsteils - wurden Juden ausgegrenzt und in kürzester Zeit ihrer Wirtschaftsgrundlage beraubt (“Arisierung”).
Ehe die Deportationen begannen, erreichten noch ca. 300 jüdische Flüchtlinge aus Preßburg/Bratislava die Stadt (1941). Ziele der dann durchgeführten Deportationen waren Majdanek, Auschwitz und die Region um Lublin.
Ende 1944 wurde das Synagoengebäude in Brand gesetzt und völlig zerstört.
Nach Kriegsende bildete sich aus Überlebenden kurzzeitig eine Gemeinde, die sich aber durch Emigration (vor allem in den neugegründeten Staat Israel) bald wieder auflöste.
Nach 1945 wurde ein Teil des Friedhofsgeländes überbaut, Grabsteine zerstört bzw. abgeräumt und das Areal der Verwahrlosung preisgegeben. Um 1990 begann man mit der Wiederherrichtung des Geländes; dank der Initiative einer hiesigen Schule wurden die Sanierungsmaßnahmen fortgeführt. Der jüdische Friedhof ist das einzige bauliche Element in der Stadt, das an die ehemalige jüdische Gemeinde erinnert.
Jüdischer Friedhof (Aufn. aus: navstevnik.spisskanovaves.eu/)
Im nahen Dorfe Marksdorf (slow. Markušovce) war eine ältere jüdische Gemeinde beheimatet gewesen, die 1910 noch mehr als 100 Angehörige hatte; zwei Jahrzehnte später waren es kaum noch 40.
Weitere Informationen:
The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust (Vol. 3), New York University Press, Washington Square, New York 2001, S. 1227
Madeleine Isenberg (Bearb.), Spisska Nova Ves” – Encyclopaedia of Jewish communities, Slovakia (Spišská Nová Ves, Slovakia), online abrufbar unter: jewishgen.org
Maros Borský, Synagogue Architecture in Slovakia towards creating a memorial landscape of lost community, Dissertation (Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg), 2005, S. 201
The Jewish Community of Spisska Nova Ves (Zipser Neudorf), Hrg. Beit Hatfutsot – The Museum of the Jewish People, online abrufbar unter: dbs.bh.org.il/place/spisska-nova-ves
Spišská Nová Ves – Jewish Cemetery, online abrufbar unter: slovak-jewish-heritage.org