Romrod (Hessen)
Romrod ist eine Kleinstadt mit derzeit ca. 3.000 Einwohnern im hessischen Vogelsbergkreis – zwischen Marburg und Fulda gelegen (Ausschnitt aus hist. Karte von 1905, aus: wikiwand.com/de/Kreis_Nidda und Kartenskizze 'Vogelsbergkreis', Andreas Trepte 2006, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 2.5).
Erste Juden siedelten sich nachweisbar um 1715 in Romrod an; doch wahrscheinlich hatten sich bereits Jahrzehnte zuvor Juden im Ort vorübergehend aufgehalten. Seit Ende des 18.Jahrhunderts existierte in Romrod eine selbstständige jüdische Gemeinde, die aber zahlenmäßig stets klein war; der für einen Gottesdienst notwendige Minjan konnte damals nur mit Hilfe auswärtiger Juden erreicht werden. Ein zweigeschossiges Fachwerkhaus im Romroder Ortskern - ursprünglich als bäuerliches Wohn- und Wirtschaftsgebäude genutzt - war seit 1837 im Besitz der Gemeinde und beherbergte - neben Schule, Lehrerwohnung und Mikwe - auch den 1843 eingeweihten Synagogenraum; eine Empore befand sich im Obergeschoss.
Skizze des Synagogengebäudes Romrod Grundriss Erdgeschoss
zwei gemeindliche Stellenangebote aus der Zeitschrift „Der Israelit“ vom 15.Aug. 1877 u. vom 7.Jan. 1884
Zur jüdischen Gemeinde Romrod, die dem liberalen Provinzial-Rabbinat Oberhessen in Gießen unterstand, zählten auch die wenigen Juden aus Zell bei Alsfeld.
Ihre Toten begrub die Romroder Judenschaft auf einem Beerdigungsgelände in der Gemarkung Angenrod.
Juden in Romrod:
--- um 1815 ........................ 28 jüdische Familien,
--- 1830 ........................... 47 Juden,
--- 1871 ........................... 74 “ ,* * vermutlich falsche Angabe
--- 1880 ........................... 41 “ ,
--- 1895 ........................... 38 “ ,
--- 1905 ........................... 33 “ ,
--- 1910 ........................... 16 “ ,
--- 1924 ........................... 15 “ ,
--- um 1935 ........................ 4 Familien,
--- 1938 (Dez.) .................... keine.
Angaben aus: Paul Arnsberg, Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn, Bd. 2, S. 231
Die vier Anfang der 1930er Jahre noch in Romrod lebenden jüdischen Familien verließen ihren Heimatort bis Ende 1938. Mit der völligen Auflösung der Romroder Gemeinde - ein Minjan war bereits in den Jahren zuvor nicht mehr zustande gekommen - ging 1935 auch das Synagogengebäude, das fast 100 Jahre der Mittelpunkt des jüdischen Lebens im Ort war, für 5.000 Reichsmark in das Eigentum eines Landwirts über; es diente nun als Vorratsscheune; so überstand das Gebäude die NS-Zeit auch ohne größeren Schaden.
Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des „Gedenkbuches – Opfer der Verfolgung der Juden ...“ wurden vier aus Romrod stammende jüdische Bewohner Opfer der NS-Gewaltherrschaft, aus Oberbreidenbach waren es sechs Personen (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/romrod_synagoge.htm).
Anfang der 1990er Jahre erwarb die Stadt Romrod das inzwischen unter Denkmalschutz stehende stark baufällige Fachwerkhaus am Ocherbach; nach seiner umfangreichen Restaurierung, die mit hohem Kostenaufwand seit 2001 erfolgte, konnte das „Kulturhaus ehemalige Synagoge“ im Jahre 2006 eröffnet werden.
Rückansicht des Synagogengebäudes (Aufn. Altaras, um 1985 - R.Hauke, 2012, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0)
Durch die restaurierte, bis heute erhaltene klassizistische Innenausstattung ist die ehemalige Synagoge ein religionsgeschichtliches Denkmal ersten Ranges.
In Schwalmtal – einer Ortschaft wenige Kilometer östlich von der Stadt Romrod - erinnern seit 2019 einige sog. „Stolpersteine“ an Angehörige jüdischer Familien, die Opfer der NS-Verfolgung geworden sind.
verlegt in der Pumpenstraße
.... und am Bleichwall, in der Gladbacher u. in der Dülkener Straße (alle Abb. Rudolpho, 2019, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 4.0)
Weitere Informationen:
Paul Arnsberg, Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn, Societäts-Verlag, Frankfurt/M. 1971, Bd. 2, S. 231
Joachim Legatis, Vogelsberger Synagogen, in: Fragmente ... jüdischen Lebens im Vogelsberg, Hrg. Kulturverein Lauterbach e.V., Lauterbach 1994, S. 61 f.
Thea Altaras, Das jüdische Rituelle Tauchbad und Synagogen in Hessen: Was geschah seit 1945, Teil II, 1994, S. 102 – 105
Katharina Jakob, Romrod: Gesetze und Konflikte, veröffentlicht vom Verein Landjudentum Vogelsberg, o.J.
Romrod mit Oberbreidenbach, in: alemannia-judaica.de (mit etlichen Aufnahmen des restaurierten Synagogengebäudes)
Mathilda Wertheim Stein, The way it was: The jewish world of rural Hesse, o.O. 2000 (Anm. in Kap.3: „The Flörsheim Family of Romrod)
Förderverein zur Geschichte des Judentums im Vogelsberg e.V. (Joachim Legatis), Alsfeld
rwh (Red.), Romrod. Den Faden der Geschichte der jüdischen Gemeinde aufnehmen, in: „Lauterbacher Anzeiger“ vom 6.1.2011 (betr. Ankündigung einer Vortragsreihe zur jüdischen Vergangenheit Romrods)
Stadt Roimrod Vogelsbergkreis (Hrg.), Die ehemalige Synagoge, online abrufbar unter: romrod.de/kultur-freizeit/geschichte/die-ehemalige-synagoge.html