Weiden/Oberpfalz (Bayern)
Weiden ist eine kreisfreie Stadt mit derzeit ca. 43.000 Einwohnern im ostbayerischen Regierungsbezirk Oberpfalz; die Stadt liegt ca. 100 Kilometer östlich von Nürnberg (Kartenskizzen 'Lage von Weiden/OPf im Freistaat Bayern', 2006, aus: commons.wikimedia.org GFDL und 'Reg.bez. Oberpfalz', aus: amnesty-oberpfalz.de).
Gegen Mitte des 14.Jahrhunderts wird erstmals die Existenz von Juden in Weiden erstmals erwähnt; vermutlich handelte es sich dabei nur um sehr wenige Juden, die zeitweilig hier lebten. Judensteuer und Judenleibzoll - eingeführt unter der Herrschaft Herzog Ludwigs VII. von Bayern-Ingolstadt - fanden 1416 Erwähnung. Gegen Mitte des 15.Jahrhunderts sollen Juden aus Weiden vertrieben worden sein; spätestens in der zweiten Hälfte des 16.Jahrhunderts ist deren Ausweisung belegt. 1636 musste die Stadt Weiden auf Anweisung der Gebietsherrschaft - gegen den Willen der Bürgerschaft - acht jüdische Familien aufnehmen; deren Aufenthalt endete aber bereits wieder nach kurzer Dauer, da sich erheblicher Widerstand seitens der christlichen Einwohner regte und der Landesherr diesem nachgab und den Juden das Bleiberecht wieder entzog; allerdings schien diese Ausweisungsverfügung nicht strikt zur Ausführung gekommen sein.
Historische Ansicht von Weiden - Merian-Stich, um 1660 (Abb. aus: wikipedia.org, gemeinfrei)
Es sollte mehrere Jahrhunderte dauern, bis sich Ende der 1880er Jahre ein Synagogenverein in Weiden gründete, aus dem 1895 eine selbstständige Gemeinde erwuchs; die Mitglieder kamen vor allem aus der Landgemeinde Floß. Grund für den Zuzug war sicherlich die Tatsache, dass sich Weiden nach Anschluss an das Eisenbahnnetz wirtschaftlich schnell entwickelte.
Der erste Betsaal befand sich in den Jahren 1882 bis 1889 im Privathaus von Joseph Wilmersdörfer am Oberen Tor (siehe Abb. unten). Nach der Gründung des Synagogenvereins (1889) waren Betsaal, Gemeinderäume und Schule in einem Neubau in der Ringstraße untergebracht, der am 20.Sept. 1889 durch den Floßer Rabbiner Israel Wittelshöfer feierlich eröffnet wurde. Das zweigeschossige Gebäude unterschied sich kaum von den Nachbarhäusern; nur die im neugotischen Stil gestalteten drei Fenster im Obergeschoss ließen auf die Nutzung als jüdisches Gebetshaus schließen.
Bauzeichnung der Synagoge in Weiden (1899)
In einem Artikel der Zeitschrift „Der Israelit“ vom 14. Nov. 1889 hieß es:
Als Jahre später gravierende Baumängel offenkundig wurden, erfolgte 1905 eine aufwändige Sanierung und Erweiterung des Gebäudes.
Zur Verrichtung religiöser Aufgaben war seitens der Gemeinde ein jüdischer Elementarlehrer angestellt; zeitweise war für das Schächten eine weitere Person tätig. Seit 1878 wurde in Weiden regelmäßiger Religionsunterricht erteilt. Knapp ein Jahrzehnt später gab es eine israelitische Elementarschule - zunächst als Privatschule geführt; diese bestand bis 1902, ehe sie dann bis Ende der 1930er Jahre als „Israelitische Volkshauptschule“ fortgeführt wurde.
Stellenangebote aus der Zeitschrift „Der Israelit“ vom 2.Mai 1885 und vom 11.Aug. 1921
... und eine Privat-Annonce des Lehrers Emanuel Strauß (1901)
Ein eigenes Friedhofsgelände hatte die Gemeinde um 1900 nordöstlich der Altstadt am Fohlenweg erworben; bis zu diesem Zeitpunkt diente der Floßer Begräbnisplatz als letzte Ruhestätte der Weidener Juden.
Bis zum Tode des Rabbiners Israel Wittelshöfer gehörte die jüdische Gemeinde Weiden dem Rabbinat Floß an, schloss sich 1896 dem Rabbinat Bayreuth an und wurde 1911 dem Distriktrabbinat Regensburg zugewiesen. Seit 1931 gehörte die Gemeinde Weiden dem neuen Bezirksrabbinat Regensburg-Neumarkt an.
Juden in Weiden:
--- um 1480 ....................... 4 jüdische Familien,
--- um 1640 ................... ca. 60 Juden,
--- 1833 .......................... 2 “ ,
--- 1875 .......................... 31 “ ,
--- 1890 .......................... 106 “ ,
--- 1910 .......................... 156 “ ,
--- 1920 .......................... 164 “ ,
--- 1925 .......................... 154 “ ,
--- 1929 .......................... 175 “ ,* * incl. Erbendorf
--- 1933 .......................... 168 “ ,*
--- 1935 (Jan.) ................... 138 “ ,
--- 1937 (Nov.) ................... 103 “ ,
--- 1939 (Okt.) ................... 16 “ ,
--- 1941 (Okt.) ................... 12 “ ,
--- 1942 (Mai) .................... keine,
--- 1945 (Dez.) ............... ca. 470 “ ,
--- 1946 (Dez.) ............... ca. 650 “ ,
--- 1962 .......................... 51 “ .
Angaben aus: Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann, Die jüdischen Gemeinden in Bayern 1918 - 1945, S. 100
und Michael Brenner, Am Beispiel Weiden - Jüdischer Alltag im Nationalsozialismus, S. 53
Marktplatz und Bahnhofstraße - hist. Postkarten, um 1915 bzw. 1905 (aus: wikipedia.org, gemeinfrei)
Die jüdischen Bewohner Weidens verdienten ihren Lebensunterhalt vor allem im Handel mit Hopfen, Glasprodukten und Stoffen; auch im Viehhandel waren sie regional engagiert; auch gab es zahlreiche kleinere Geschäftsleute, die den alltäglichen Bedarf der meist ländlichen Bevölkerung abdeckten.
Oberes Tor, Mitte rechts: Geschäfts- u. Wohnhaus von Joseph Wilmersdörfer (hist. Postkarte, Sammlung P.K.Müller)
In der Maxstraße betrieb die jüdische Familie Robert Kupfer eine große Glasfabrik.
Zu Beginn der NS-Diktatur 1933 lebten in Weiden etwa 180 Juden - bei einer Gesamtbevölkerung von knapp 23.000 Einwohnern. Die Boykottmaßnahmen des Jahres 1933 stießen bei der hiesigen Bevölkerung auf wenig Resonanz; um die Kunden vom Einkauf in jüdischen Geschäften abzuhalten, wurden „arische“ Käufer in sog. „Schandspalten“ öffentlich gebrandmarkt. Bereits im Januar 1933 waren Schaufensterscheiben zweier jüdischer Geschäfte von Nationalsozialisten zertrümmert worden; in den folgenden Wochen wurden antijüdische Parolen an Hauswänden geschmiert. Nach 1934 wurden die Juden Weidens zunehmend diskriminiert; so hatte die Stadtverwaltung bereits im Sommer 1934 Juden verboten, das städtische Schwimmbad aufzusuchen. Im Dezember des gleichen Jahres wurden Schaufenster jüdischer Geschäfte zertrümmert, vermutlich als Reaktion auf einen Hetz-Artikel in der NS-Zeitung „Bayrische Ostmark”. In Zivil gekleidete NS-Angehörige versperrten „arischen“ Kunden den Weg in jüdische Läden mit dem Hinweis: „Das ist ein jüdisches Geschäft, hier dürfen Sie nicht kaufen!” Zwischen 1937 und 1939 gaben immer mehr jüdische Geschäftsleute ihre Betriebe auf; die meist im Stadtzentrum liegenden Geschäfte verschwanden aus dem Straßenbild; ihre Besitzer emigrierten mehrheitlich.
Ende April 1938 erschienen in der Zeitung „Bayrische Ostmark” die folgenden Zeilen:
"... Die Juden wandern ab. Zum ersten Mal seit der Jahrhundertwende ist die Zahl der in Weiden ansässigen Juden unter 100 gesunken. Nach dem Stand vom 1.April 1938 sind in unserer Stadt jetzt 97 Juden ansässig. Wir hoffen, daß sich auch diese in der kommenden Zeit in stärkerem Umfang zum Weggang entschließen. ... Weiden kann sich glücklich schätzen, daß es seit dem Jahre 1933 die Hälfte seiner jüdischen Schmarotzer verloren hat. Noch glücklicher wären wir, wenn auch der letzte Jud den Staub seiner Heimat, die bisher von ihm ausgeplündert wurde, von den Füßen schütteln würde. Wir würden ihm bestimmt keine Träne nachweinen."
An den Ausschreitungen und Zerstörungen des Novemberpogroms von 1938 beteiligten sich in Weiden hauptsächlich ortsansässige SA- und SS-Leute. Diese waren nach der offizielle Gedenkfeier der NSDAP zum „Totengedenktag der Bewegung“ im nahen Neustadt zur Synagoge marschiert, hatten dort Kultgegenstände auf die Straße geworfen und versucht, das Gebäude in Brand zu stecken. Auf Initiative des Bürgermeisters wurde aber von einer Brandlegung Abstand genommen; doch die Inneneirichtung wurde vollständig zerstört. Andere SS-Angehörige verwüsteten Wohnungen von Juden. Im Laufe der Nacht wurden etwa 30 bis 40 Juden zum Rathaus geschleppt und teilweise auch verprügelt, danach von Polizisten ins Landgerichtsgefängnis gebracht. Von hier aus verschleppte man 23 jüdische Männer - über Regensburg - ins KZ Dachau.
J-Kennkarte von Adelheid Kohner (Abb. aus: Stadtarchiv Weiden)
Zwischen 1933 und 1939 verließen etwa 140 jüdische Bewohner die Stadt; den meisten gelang es zu emigrieren. Die 16 in Weiden zurückgebliebenen Juden wurden zunächst im „Judenhaus“ untergebracht, später dann deportiert. Nach dem letzten Transport erklärte der Weidener Oberbürgermeister 1942 seine Stadt für „judenrein”.
Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem wurden 35* gebürtige bzw. längere Zeit in Weiden ansässig gewesene jüdische Bewohner Opfer der NS-Gewaltherrschaft (namentliche Nennung der Opfer siehe: alemannia-judaica.de/weiden_synagoge.htm). *andere Angabe: 56 Personen
Ende der 1940er Jahre fanden zehn Gerichtsverfahren gegen aktiv Beteiligte an den Weidener Pogromen statt; ein Teil von ihnen wurde abgeurteilt, andere wurden freigesprochen.
Ganz in der Nähe von Weiden bestand von 1938 bis Mitte April 1945 das Konzentrationslager Flossenbürg. Etwa 100.000 Häftlinge hielt die SS in Flossenbürg und seinen ca. 90 Außenlagern – verteilt über Bayern, Böhmen und Sachsen - gefangen. Sie kamen aus mehr als 30 Ländern, die meisten von ihnen aus Osteuropa. Die KZ-Häftlinge wurden im Granit-Steinbruch unter mörderischen Bedingungen ausgebeutet. Mindestens 30.000 Gefangene kamen während der Haft ums Leben. Heute befindet sich auf einem Teil des ehemaligen Lagergeländes eine Gedenkstätte.
Die Stadt Weiden war unmittelbar nach Kriegsende ein zentraler Sammelpunkt für befreite Häftlinge aus Konzentrationslagern, darunter zahlreiche osteuropäische Juden. Um die Jahreswende 1946/1947 wurden hier ca. 650 Personen gezählt. Auswanderung nach Palästina/Israel und in die USA ließen die Zahl der jüdischen Bewohner deutlich zurückgehen. Die hier verbliebenen Juden gründeten 1953 in Weiden die neue "Israelitische Kultusgemeinde Weiden". Vorsitzender der Gemeinde in Weiden war mehr als vier Jahrzehnte Hermann Zwi Brenner (1916-2004).
Anmerkung: Im Bezirk Oberpfalz existierten in den unmittelbaren Nachkriegsjahren vier DP-Lager, das temporäre Transitlager Michelsdorf, ein Sanatorium und 16 kleine DP-Gemeinden; insgesamt sollen sich damals in dieser Region etwa 8.000 Juden aufgehalten haben.
In der Konrad-Adenauer-Allee in Weiden erinnert seit 1989 eine Gedenkstele (Aufn. H. 2020, aus: commons.wikimedia.org, CCO); unter der Darstellung eines Davidsterns und einer Menora trägt das Denkmal die folgenden Worte:
Dem Andenken an die 34 jüdischen Weidener Bürger,
die in den Konzentrationslagern der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft 1933-1945 ermordet wurden.
Als ewige Mahnung gegen Rassenwahn und Intoleranz !
Im Neuen Rathaus der Stadt wurde 2020 eine Gedenktafel enthüllt, die namentlich 91 Weidener NS-Opfer nennt.
Auf dem seit 1901 belegten jüdischen Friedhof in Weiden – er befindet sich nordöstlich der Altstadt – sind heute ca. 80 Grabstätten vorhanden.
Jüdischer Friedhof in Weiden (Aufn. A. Koch, 2014, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)
Da der bestehende jüdische Friedhof in Weiden in absehbarer Zeit völlig belegt sein würde, erwarb die jüdische Gemeinde Weiden 2011 ein 1.500 m² großes Gelände nördlich des Weidener Waldfriedhofs zur Anlage einer neuen Begräbnisstätte.
2005 waren bei der Jüdischen Gemeinde Weiden mehr als 300 Juden gemeldet, davon 280 sog. „Kontingentflüchtlinge“ aus den GUS-Staaten.
In einem unscheinbaren Gebäude in der Ringstraße sind die gemeindlichen Einrichtungen untergebracht.
Synagogenraum in Weiden (Aufn. Mitterdeich.de) Rabbinerin der Weidener Gemeinde*
* Gesa S. Ederberg übernahm im Frühjahr 2003 das Amt eines Rabbiners. Sie ist die zweite Frau in Deutschland, die einer Gemeinde vorsteht.
Nach dem langjährigen Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Weiden, Hermann Zwi Brenner (geb. 1916 in Chrzanow/Kremau), wurde 2013 ein Platz an der Campus-Allee benannt. Brenner, der die Shoa überlebte, kam nach Kriegsende nach Weiden, wo er später ein Textilgeschäft betrieb. Als Gründer der jüdischen Nachkriegsgemeinde war er mehr als vier Jahrzehnte deren Vorsitzender; er starb 2004 im Alter von 88 Jahren.
Nachdem bislang von der Verlegung von sog. „Stolpersteinen“ in Weiden Abstand genommen worden war, kam es jüngst zu einer Änderung dieser ablehnenden Haltung: so wurden Ende 2022 nun erstmals in der Stadt elf messingfarbene Gedenkquader verlegt; sie erinnern in der Bahnhofstraße an ermordete und vertriebene Mitglieder der jüdischen Familie Kupfer, die in der Stadt ehemals eine Glasfabrik betrieben hatte.
in Weiden verlegte Stolpersteine (Aufn. Ann-Marie Zell, aus: "Oberpfalz-Echo")
2023 wurden weitere 18 „Stolpersteine“ verlegt, die an fünf Standorten an Angehörige verfolgter jüdischer Familien erinnern; ein Jahr später folgten nochmals 18 Steine. Derzeit zählt man nun insgesamt nahezu 70 verlegte messingfarbene Gedenkquader (2024).
Im nördlich von Weiden gelegenen Neustadt an der Waldnaab bestand vom 14.Jahrhundert bis 1684 eine jüdische Gemeinde. Im Stadtteil Freyung siedelten sich ab Mitte des 14.Jahrhundertrs - neben Handwerkern und anderen Handelsleuten - auch Juden an. Begünstigt wurde ihre Ansässigkeit dadurch, dass ihnen für die Dauer von zehn Jahren bestimmte Rechte zugestanden wurden; so u.a. waren sie von Abgaben befreit und erhielten die Garantie, ihre Waren ungehindert transportieren zu können. Dies führte zur Ansiedlung weiteter Familien und zur Gründung einer jüdischen Gemeinde. Zu den gemeindlichen Einrichtungen gehörte ein südwestlich der Altstadt angelegter Friedhof. Als dann gegen Ende des 17.Jahrhunderts die Herrschaftsgewalt in Neustadt an einen erz-katholischen Fürsten fiel, war mit der Vertreibung der jüdischen Familien das Ende der Gemeinde gekommen. In der Folgezeit verfiel der jüdische Friedhof.
Im lokalen Museum ist ein aus dem Jahre 1648 datierter Grabstein des alten jüdischen Friedhofs ausgestellt. Im Bereich des ehemaligen Begräbnisgeländes - es hatte seit Mitte des 18.Jahrhunderts als Gartenland gedient - heißt heute noch ein Straßenzug "Judengraben".
In Tirschenreuth - ca. 35 Kilometer nördlich der Stadt Weiden - waren seit den 1870er Jahren jüdische Familien ansässig; sie kamen aus dem Böhmischen, vor allem aus Kuttenplan, Muttersdorf und Tachau. Ihre Tätigkeiten in Gewerbe, Handel und Industrie führten bald zu einem wirtschaftlichen Aufschwung; so brachte besonders die Spiegelglashütte von Leopold Bloch und S. Arnstein zahlreiche Arbeitsplätze in die strukturschwache Region.
Während der NS-Zeit verloren die jüdischen Familien ihre Lebensgrundlage; in den Novembertagen 1938 wurden Geschäfte und Wohnungen jüdischer Geschäftsleute Tirschenreuths verwüstet. Im Jahre 1942 galt Tirschenreuth als „judenrein“ – wie es im NS-Jargon hieß.
Von 1945 bis 1949 existierte in Tirschenreuth eine DP-Gemeinde, die ihren Verwaltungssitz im damaligen Hotel ‚Bayrischer Hof‘ hatte und für ca. 200 Personen zuständig war.
In Erbendorf (Landkreis Tirschenreuth) wurde jüngst vom Gemeinderat der Beschluss gefasst, im Ort sog. „Stolpersteine“ zu verlegen; so soll demnächst an Angehörige zweier jüdischer Familien erinnert werden (2024).
In der Kleinstadt lebten seit der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts drei jüdische Familien, die aus Böhmen zugezogen waren, weil sie hier bessere wirtschaftliche Perspektiven sahen.
In Waldsassen – im heutigen Landkreis Tirschenreuth – lebten seit der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts einige jüdische Familien, die offiziell der jüdischen Gemeinde Floß angehörten. Für die Entwicklung der hiesigen Glas- u. Porzellanindustrie hatten jüdische Unternehmer große Bedeutung. Die Wirtschaftskrise (1929) führte zur Schließung der beiden Glasfabriken. Die Porzellanfabrik Gareis, Kühnl & Co und das Ziegelwerk überlebten zwar, doch deren jüdische Gesellschafter wurden während der NS-Zeit zur Aufgabe gezwungen.
Zu Anfang der 1930er Jahre besaß Waldsassen ca. 20 jüdische Bewohner, die in den Folgejahren zumeist verzogen bzw. sich in die Emigration flüchteten. Die wenigen noch in Waldsassen Verbliebenen wurden 1942 deportiert. Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden ..." wurden acht gebürtige bzw. länger am Ort wohnhaft gewesene jüdische Personen Opfer des Holocaust (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/waldsassen_juedgeschichte.htm).
In Altenstadt bei Vohenstrauß wurden auf Initiative von Schüler/innen der Realschule Vohenstraß jüngst zwei sog. „Stolpersteine“ in der Weidener Straße verlegt, die an die Geschwister Ernestine und Karl Kohner (die Familie stammte aus Böhmen) erinnern, die im Ghetto Theresienstadt ums Leben kamen.
Weitere Informationen:
Wilhelm Volkert, Die Juden in der Oberpfalz im 14.Jahrhundert, in: "Zeitschrift für Bayrische Landesgeschichte (ZBLG)", No. 30/1967, S. 560 f.
Gabriele Pötzl, Die Judenverfolgung in Weiden 1933 - 1942, Examensarbeit Universität Erlangen 1978
Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann, Die jüdischen Gemeinden in Bayern 1918 - 1945. Geschichte und Zerstörung, Oldenbourg-Verlag, München/Wien 1979, S. 100 - 102
Michael Brenner, Judenverfolgung im Dritten Reich - aufgezeigt am Alltag der ehemaligen und heutigen Weidener Juden unter der NS-Herrschaft, ‘Schülerwettbewerb Deutsche Geschichte” 1980/81
Heinrich Ascherl, Geschichte der Stadt und Herrschaft Neustadt a.d. Waldnaab, Hrg. Stadt Neustadt a.d. Waldnaab, 1982, S. 338 ff.
Gabriele Pötzl-Brenner, Judenemanzipation und Judenverfolgung in der Oberpfalz, Dissertation Universität Erlangen 1983
Michael Brenner, Am Beispiel Weiden - Jüdischer Alltag im Nationalsozialismus, Arena-Verlag, Würzburg 1983
Dieter Albrecht, Die nationalsozialistische Judenpolitik mit besonderer Berücksichtigung der Oberpfalz, in: H.Bungert/F.Prechtl (Hrg.), Ein Jahrtausend Amberg, Schriftenreihe der Universität Regensburg 11/1984, S. 123 ff.
Johannes Laschinger, Judenpogrome in Weiden und Amberg 1938, in: VHVO* Teil 1 im 128.Band (1988), S. 185 ff. (* Verhandlungen des Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg)
st. (Red.), Ewige Mahnung gegen Rassenwahn. Gedenkstein für die vom NS-Regime ermordeten Weidner Juden errichtet, in: „Der neue Tag“ vom 13.7.1989
Siegfried Wittmer, Juden in der Oberpfalz von den Anfängen bis 1918, in: VHVO 132/1992, S. 27 - 92
Israel Schwierz, Steinerne Zeugen jüdischen Lebens in Bayern - Eine Dokumentation, Hrg. Bayrische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, 2.Aufl., München 1992, S. 300/301
Siegfried Wittmer, Juden in der Oberpfalz von 1919 bis 1993, in: VHVO 133/1993, S. 125 – 156
Germania Judaica, Band III/2, Tübingen 1995, S. 1559/1560
Sebastian Schott, "Weiden a mechtige kehille". Eine jüdische Gemeinde in der Oberpfalz vom Mittelalter bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts (Taschenbuch), 1999 (mehrere Auflagen)
Ingild Janda-Busl, Is gewejn a Folk - Jüdisches Leben in Böhmen und der nördlichen Oberpfalz von Hof bis Weiden und von Eger bis Pilsen - Katalog zur gleichnamigen Ausstellung, Weiden/Oberpfalz 2001, S. 70 – 74
Weiden (Oberpfalz), in: alemannia-judaica.de (mit diversen Dokumenten zur jüdischen Ortshistorie)
Martin Hladik, Weiden hat eine Rabbinerin und Deutschland die zweite Frau in dieser Position, in: "Mittelbayrische Zeitung" vom 10.3.2003
A.Hager/C. Berger-Dittscheid, Weiden, in: Mehr als Steine ... Synagogengedenkband Bayern, Bd. 1, Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg/Allgäu 2007, S. 309 - 319
Sebastian Schott, Die Geschichte der jüdischen Gemeinde Weiden bis zur Mitte des 20.Jahrhunderts, in: M.Brenner/R.Höpfinger (Hrg.), Die Juden in der Oberpfalz. Studien zur Jüdischen Geschichte und Kultur in Bayern, Band 2, Oldenbourg Verlag, München 2009, S. 105 – 118
Ingild Janda-Busl, Juden in der oberpfälzischen Kreisstadt Tirschenreuth (1872 – 1942), Erich Weiß Verlag, Bamberg 2009
Ingild Janda-Busl, Juden im Landkreis Tirschenreuth, Band 1: Erbendorf und Kemnath, Erich Weiß Verlag, Bamberg 2011
Ingild Janda-Busl, Juden im Landkreis Tirschenreuth, Band 2: Bärnau und Mitterteich,, Erich Weiß Verlag, Bamberg 2012
Thomas Muggenthaler (Red.), Pionier in der Oberpfalz – Die Stadt benennt einen Platz nach Hermann Zwi Brenner, dem ehemaligen Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde, in: „Jüdische Allgemeine“ vom 23.4.2013
Ingild Janda-Busl, Juden im Landkreis Tirschenreuth, Band 3: Waldsassen, Erich Weiß Verlag, Bamberg 2013
Ingild Janda-Busel/Franz Busl (Bearb.), Drei Stationen jüdischen Lebens in Tirschenreuth, in: Veröffentlichungen des Oberpfälzer Kulturbundes von 2016, S. 217 ff.
Weiden – Jüdische DP-Gemeinde, online unter: after-the-shoah.org
Sebastian Schott (Bearb.), Jüdische Gemeindehäuser und Synagogen in der östlichen Oberpfalz und im angrenzenden Westböhmen (ehem. politischer Bezirk Tachau/Tachov) - Das jüdische Gemeindehaus in Weiden, in: Wilfried Heller (Hrg.), Jüdische Spuren im ehemaligen Sudetenland - Beiträge einer internationalen Tagung in Cheb (Eger), 2017, S. 114 - 120
Bayrischer Rundfunk (Red.), Weiden: Gedenktafel für NS-Opfer als Mahnmal für die Zukunft, online abrufbar unter: br.de/nachrichten/bayern/ vom 27.1.2020
Jürgen Wilke (Red.), Den Lebenden die Augenöffnen: Weiden enthüllt Gedenktafel, in: "Oberpfalz ECHO“ vom 30.1.2020
Helmut Kunz (Red.), Wechselvolle Geschichte der jüdischen Gemeinde Weiden, in: „Der Neue Tag – Sulzbach-Rosenberger – Amberger Zeitung“ vom 19.2.2020
Peter Kupfer, The Glassmaker‘s Son – Looking for the World My Father Left Behind in Nazi Germany, 2022
Michaela Lowak (Red.), Die ersten Stolpersteine in Weiden entstehen in der Bahnhofstraße 33, in: onetz.de vom 21.7.2022
Stadt Weiden, Stolpersteine in Weiden, Pressemitteilung der Stadt vom Nov. 2022
Friedrich Peterhans (Red.), „Bückt euch und lest“: In Weiden liegen die ersten Stolpersteine für ermordete Juden, in: onetz.devom 22.11.2022
Christine Ascherl (Red.), Stolpersteine in Weiden: Verlegung für weitere fünf Familien, in: „Oberpfalz ECHO“ vom 16.2.2023
Franz Rieger (Red.), Neue Stolpersteine: Ein starkes Statement gegen das Vergessen, in: „Oberpfalz-ECHO“ vom 29.3.2023
Fred Lehner (Red.), Alter jüdischer Friedhof in Weiden zählt über 100 Grabstätten, in: onetz.de vom 23.6.2023
Christine Ascherl (Red.), Stolpersteine verlegt: Gerade jetzt ein wichtiges Zeichen, in: „Oberpfalz ECHO“ vom 11.11.2023
Sebastian Böhm (Red.), Podcast-Serie: Als die Nazis die Weidener Glasmacher auslöschen wollten, in: onetz.de vom 14.2.2024 (betr. Biografisches zur jüdischen Familie Kupfer)
Realschule Vohenstrauß (Red.), Auf den Spuren der Familie Kohner, online abrufbar unter: realschule-vohenstrauss.de (vom 9.4.2024)
Sebastian Böhm (Red.), Von der Oberpfalz nach New York: Wie Robert Kupfer zu Robert Cooper wurde, in: onez.de vom 16.2.2024
Christine Ascherl (Red.), Erste Stolpersteine im Landkreis Neustadt/WN: Erinnerung an Geschwister Kohner, in: „Oberpfalz ECHO“ vom 3.5.2024
Christine Ascherl (Red.), Juden verstecken 1942 Dokumente in Weiden – Nachfahren gefunden, in: "Oberpfalz ECHO“ vom 9.6.2024
Luca Melzner (Red.), Stadtrat Erbendorf spricht sich für Stolpersteine zur Erinnerung an jüdische Familien aus, in: onetz.de vom 25.9.2024
N.N. (Red.), Preis für Oberpfalz-Medien: Serie überWeidens erste Stolpersteine ausgezeichnet, in: onetz.de vom 26.9.2024
Christine Ascherl (Red.), Weiden gedenkt Holocaust-Opfern mit weiteren Stolpersteinen, in: „Oberpfalz ECHO“ vom 26.9.2024
Jessica Fechner (Red.), Mahnmals aus Messing und Beton gegen das Vergessen, in: onetz.de vom 30.10.2024
Christine Ascherl (Red.), 18 weitere Stolpersteine verlegt: Angehörige aus aller Welt in Weiden, in: „Oberpfalz ECHO“ vom 12.11.2024 (Anm. mit Angabe der Adressen der Stolpersteine)