Acholshausen (Unterfranken/Bayern)
Im Zuge der bayerischen Gebietsreform wurde Acholshausen 1975 ein Teil der Großgemeinde Gaukönigshofen; die ca. 400 Bewohner zählende Ortschaft liegt etwa 20 Kilometer südlich von Würzburg (Kartenskizze 'Landkreis Würzburg', Hagar 2010, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0 und Ortsteile von Gaukönigshofen, aus: gaukoenigshofen.de).
Schriftliche Erwähnungen jüdischer Bewohner in Acholshausen reichen bis ins ausgehende 16.Jahrhundert zurück. Allerdings waren diese wiederholt von Ausweisung seitens der Grundherrschaft bedroht. Seit den 1730er Jahren lebten im Dorf drei jüdische Familien, die unter dem Schutz des Stifts Haug standen.
Im 19.Jahrhundert gab es in dem südlich von Würzburg gelegenen Dorf Acholshausen eine - stets kleine - jüdische Kultusgemeinde, deren Angehörige mehr schlecht als recht von Gelegenheitsgeschäften, dem „Nothandel“, aber auch vom Viehhandel lebten. In der Matrikelliste von 1817 sind namentlich neun Familienvorstände aufgezählt.
Zu den gemeindlichen Einrichtungen zählten neben einer um 1850 oder - anderen Angaben zufolge - 1882 erbauten Synagoge (Obere Gasse) auch eine Mikwe.
Seit Ende des 19. Jahrhunderts war gemeinsam mit der jüdischen Gemeinde Gaukönigshofen ein Lehrer angestellt, der auch als Vorbeter und Schochet fungierte.
Ausschreibung der Lehrerstelle in der Zeitschrift „Der Israelit“ vom 8.1.1891
Ihre Toten bestattete die Gemeinde auf dem jüdischen Bezirksfriedhof in Allersheim. Dieser Friedhof ist einer der größten Verbandsfriedhöfe im fränkischen Raum. Angelegt wurde er auf einem in Klosterbesitz befindlichen „wüst liegenden Acker“, den die Judenschaft der Umgebung angekauft hatte. Zahlreiche jüdische Gemeinden der nahen und weiteren Umgebung nutzten dieses Begräbnisgelände in den Folgejahrhunderten, so etwa die Gemeinden aus Bütthard, Fuchsstadt, Gaukönigshofen, Giebelstadt, Heidingsfeld, Höchberg (bis 1821), Kirchheim, Reichenberg, Rottenbauer, Tauberrettersheim und auch Würzburg. Die jüdische Gemeinde Acholshausen gehörte zum Distriktrabbinat Burgebrach.
Juden in Acholshausen:
--- 1638 ......................... eine Schutzjuden-Familie,
--- 1731 ......................... 3 “ “ n,
--- 1761 ......................... 4 “ “ ,
--- 1803 ......................... 42 Juden (in 8 Familien),
--- 1814 ......................... 57 “ (ca. 15% d. Dorfbev.),
--- 1835 ......................... 55 “ (in 11 Familien),
--- 1348 ......................... 50 “ (in 11 Familien),
--- 1867 ......................... 43 “ (ca. 12% d. Dorfbev.),
--- 1880 ......................... 31 “ (ca. 9% d. Dorfbev.),
--- 1900 ......................... 25 “ ,
--- 1925 ......................... 11 “ ,
--- 1933 ......................... 6 “ ,
--- 1941 ......................... 2 “ ,
--- 1942 (April) ................. keine.
Angaben aus: Jutta Sporck-Pfitzer, Die ehemaligen jüdischen Gemeinden im Landkreis Würzburg, S. 50
und Synagogen-Gedenkband Bayern (Unterfranken), Band III/1, Mehr als Steine …, S. 635
Als in Acholshausen schließlich immer weniger Juden lebten, musste die kleine Kultusgemeinde ihre Autonomie aufgeben. Die verbliebenen jüdischen Bewohner schlossen sich im Jahre 1895 der Kultusgemeinde von Gaukönigshofen an; offiziell wurde aber die Acholshausener Kultusgemeinde erst im Jahre 1937 aufgelöst.
aus: „Bayerische Israelitische Gemeindezeitung" vom 1.Aug. 1937
Während des Novemberpogroms wurde das Synagogengebäude - obwohl längst nicht mehr in Gebrauch - verwüstet. Endgültig zerstört wurde das Gebäude 1944 durch einen Luftangriff, dem nur einige Mauerreste standhielten. Das letzte noch in Acholshausen lebende jüdische Ehepaar wurde im März 1942 - gemeinsam mit Gaukönigshofener Juden - nach Izbica bei Lublin deportiert.
Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden ..." sind neun aus Acholshausens stammende Juden dem Holocaust zum Opfer gefallen (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/acholshausen_synagoge.htm).
Relikte der Synagoge (Aufn. aus: I. Schwierz, 1988)
2008 wurden zwei sog. „Stolpersteine“ in der Oberen Gasse verlegt.
verlegt in der Oberen Gasse (Aufn. W.S.bcr, 2018, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 4.0)
[vgl. Gaukönigshofen (Bayern)]
Weitere Informationen:
Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann, Die jüdischen Gemeinden in Bayern 1918 - 1945. Geschichte und Zerstörung, Oldenbourg-Verlag, München/Wien 1979, S. 247
Jutta Sporck-Pfitzer, Die ehemaligen jüdischen Gemeinden im Landkreis Würzburg, Hrg. Landkreis Würzburg, 1988, S. 50
Thomas Michel, Die Juden in Gaukönigshofen / Unterfranken (1550 - 1942), in: "Beiträge zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte", Band 38, Franz Steiner Verlag Wiesbaden GmbH 1988
Martin Umscheid, Jüdische Gemeinde in Acholshausen - Ortsteil von Gaukönigshofen, in: Broschüre des Landkreises Würzburg über die Gedenkstätte Gaukönigshofen, o.O. 1988
Hugo Wilz, Von den jüdischen Bewohnern des Dorfes Acholshausen, in: "Zur Geschichte des Dorfes Acholshausen – Heimatgeschichtliche Reihe", Heft 9, Ochsenfurt 1989
Israel Schwierz, Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation, Hrg. Bayrische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, München 1992, S. 31
Dirk Rosenstock (Bearb.), Die unterfränkischen Judenmatrikeln von 1817. Eine namenkundliche und sozialgeschichtliche Quelle, in: "Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg", Band 13, Würzburg 2008, S. 225/226
Acholshausen, in: alemannia-judaica.de
Cornelia Berger-Dittscheid (Bearb.), Gaukönigshofen mit Acholshausen, in: W.Kraus/H.-Chr.Dittscheid/G.Schneider-Ludorff (Hrg.), Mehr als Steine ... Synagogen-Gedenkband Bayern, Band III/1 (Unterfranken), Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg/Allgäu 2015, S. 613 - 639
Auflistung der in Acholshausen verlegten Stolpersteine, online abrufbar unter: wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Gaukönigshofen