Balbronn (Elsass)
Der kleine Weinbauort Balbronn (derzeit ca. 650 Einw.) liegt etwa 25 Kilometer westlich von Straßburg bzw. nordwestlich von Mutzig an der heutigen Elsässer Weinstraße (Ausschnitt aus hist. Landkarte von 1905 ohne Eintrag von Balbronn, aus: wikipedia.org, gemeinfrei und Kartenausschnitt mapdata, aus: commons.wikimedia.org, CC BY 2.0).
Die Wurzeln der jüdischen Gemeinde im unterelsässischen Balbronn reichen bis in die Zeit des 17.Jahrhunderts zurück; erstmals sind jüdische Bewohner im Jahre 1665 genannt. Gegen Mitte des 19.Jahrhunderts erreichte die Zahl der Gemeindeangehörigen mit ca. 200 Personen ihren höchsten Stand; sie soll eine „der größten frömmsten und musterhaftesten Gemeinden des Elsass“ gewesen sein. Auch schon gegen Ende des 18.Jahrhunderts war die Zahl der jüdischen Familien in Balbronn nicht gering.
Ein bereits im 18.Jahrhundert existierender Betraum (vermutlich um 1730 eingerichtet) wurde 1894/1895 durch einen im neo-romanischen Stil errichteten Synagogenneubau in der Frauengasse ersetzt. Neben 100 Plätzen für Männer wies das Gebäude ca. 60 für Frauen auf.
Über die Einweihung berichtete die „Allgemeine Zeitung des Judentums” (Heft 1/1896) wie folgt:
Ausschnittsvergrößerung, hist. Bildpostkarte um 1900 und Aufn. um 1980, aus: Rothé/Warschwaski
Zu den gemeindlichen Einrichtungen gehörten eine Schule und ein Frauenbad.
Stellenausschreibung aus dem Jahr 1913
Verstorbene Gemeindeangehörige wurden auf dem jüdischen Zentralfriedhof in Rosenweiler/Rosenwiller – ca. 15 Kilometer südlich von Balbronn – beerdigt.
Der jüdische Friedhof in Rosenweiler/Rosenwiller ist der größte jüdische Friedhof im Elsass und zugleich einer der größten jüdischen Verbandsfriedhöfe in Mitteleuropa. Folgende israelitische Gemeinden bestatteten hier ihre Toten: Baldenheim, Barr, Bergheim, Biesheim, Bischheim, Bonhomme, Brumath, Buswiller, Dambach, Dangolsheim, Diebolsheim, Dinsheim, Duppigheim, Duttlenheim, Eckbolsheim, Epernay, Epfig, Ettingen, Fegersheim, Grusenheim, Gunstett, Kaysersberg, Kolbsheim, Krautergersheim, Kuttolsheim, Lingolsheim, Molsheim, Mutzig, Niedernai, Obernai, Oberschaeffolsheim, Osthoffen, Ottrott-le-Bas, Rosheim, Scharrachbergheim, Schirmeck, Soultz, Stotzheim, Strasbourg, Traenheim, Valff, Zellwiller (Anm.: Teilweise haben diese Gemeinden im 18. oder 19. Jahrhundert dann eigene Friedhöfe angelegt). Auf dem ca. 40.000 m² großen Begräbnisgelände in Rosenwiller werden nahezu 6.500 Grabstätten gezählt; die meisten vorhandenen Grabsteine stammen aus der Zeit des 18. und frühen 19.Jahrhunderts.
Teilansicht (Aufn. R.Hammann, 2012, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 4.0)
Die Gemeinde Balbronn gehörte zum Bezirksrabbinat Westhofen (Westhoffen), ab den 1920er Jahren dann zu dem von Oberehnheim (Obernai).
Juden in Balbronn:
--- 1785 ............................ 33 jüdische Familien (ca. 170 Pers.),
--- 1805 ............................ 184 Juden,
--- 1840 ........................ ca. 200 “ ,
--- 1861 ............................ 184 “ ,
--- 1870 ............................ 196 " ,
--- 1910 ............................ 144 “ ,
--- 1936 ............................ 62 “ ,
--- 1940 (Dez.) ..................... keine.
Angaben aus: Michel Rothé/Max Warschawski, Les synagoges d’Alsace et lieur histoire
Bildpostkarte Balbronn um 1910 (Abb. aus: alemannia-judaica.de)
Nach der Besetzung des Elsass durch die Deutsche Wehrmacht wurden die bis dahin noch nicht geflüchteten jüdischen Bewohner nach Südfrankreich deportiert.
Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem sind nachweislich 26 aus Balbronn stammende bzw. längere Zeit hier ansässig gewesene Juden Opfer der NS-Verfolgung geworden (namentliche Nennung der betreffenden Personen siehe: alemannia-judaica.de/balbronn_synagogue.htm).
Eine Restaurierung des nunmehr 100 Jahre alten Synagogengebäudes ist bisher nicht realisiert worden; auch das in den 1990er Jahren aufgekommene Vorhaben, die Synagoge abzubrechen und in der israelischen Stadt Pizgat Zeev wieder aufzubauen, scheiterte.
Frontseite des Synagogengebäudes (Aufn. Ralph Hammann, 2015, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 4.0)
Im Museum in Buchsweiler (Bouxwiller) ist ein Modell der Synagoge von Balbronn ausgestellt.
Modell der Synagoge Balbronn (Musée Judéo Alsacien in Bouxwiller und R. Hammann, 2015, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)
In Balbronn wurden bisher zwei „Stolpersteine“ verlegt.
In Dangolsheim – einem abgelegenen Dorf südöstlich von Balbronn – sind jüdische Familien vermutlich zu Beginn des 14.Jahrhunderts ansässig gewesen, die sich vor den Pest-Pogromen hier in Sicherheit brachten. Gegen Mitte des 16.Jahrhunderts sollen im Dorf sieben jüdische Familien gelebt haben.
Aus einer aus dem 16.Jahrhundert stammenden Urkunde ist ein jüdischer Friedhof belegt. Bis ins beginnende 19.Jahrhundert haben in Dangolsheim Juden gelebt; die letzte Familie soll 1806 nach Westhoffen abgewandert sein. 1820 wurde der Friedhof endgültig aufgegeben und geschlossen.
Dorfstraße in Dangolsheim
Weitere Informationen:
Verschwundene Gemeinde: DANGOLSHEIM, Auszug aus: "Bulletin des nos communautès", 1956, online unter: judaism.sdv.fr
Michel Rothé/Max Warschawski, Les synagoges d’Alsace et lieur histoire, Jerusalem 1992
Jean Daltroff, La Route du Judaisme en Alsace, Rosheim 2006, S. 41
Balbronn, in: alemannia-judaica.de (mit diversen Bilddokumenten)