Bastheim (Unterfranken/Bayern)

Die beiden Partnerregionen  Datei:Bastheim in NES.svg Bastheim ist mit derzeit ca. 2.000 Einwohnern die größte Gemeinde im „Besengau“ im unterfränkischen Landkreis Rhön-Grabfeld – ca. zwölf Kilometer nördlich von Neustadt a.d.Saale gelegen (Kartenskizzen 'Unterfranken', aus: bezirk-unterfranken.de  und 'Kreis Rhön-Grabfeld', Hagar 2010, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0).

 

Die Anfänge einer israelitischen Gemeinde im Dorfe Bastheim liegen vermutlich im 18.Jahrhundert. 

Bei der Erstellung der Matrikellisten (1817) sind für Bastheim und Reyersbach insgesamt 17 jüdische Familienoberhäupter genannt; ihren Lebenserwerb bestritten sie mehrheitlich mit Viehhandel.

Die kleine jüdische Gemeinde besaß eine im Jahre 1851 eingerichtete Synagoge, die einen älteren Betsaal ablöste. Die letzte Renovierung des Synagogengebäudes soll noch 1931 erfolgt sein.

Ein eigener Friedhof war nicht vorhanden; Verstorbene wurden auf dem jüdischen Beerdigungsgelände in Großbardorf oder - einer anderen Angabe zufolge - in Oberwaldbehrungen begraben. 

Die kleine Gemeinde - zuletzt gehörten ihr die sehr wenigen Juden aus Reyersbach an - unterstand dem Bezirksrabbinat Bad Kissingen.

Juden in Bastheim:

         --- 1699 ........................ 30 Juden,

    --- 1803 ........................ 16 jüdische Familien,

    --- 1816 ........................ 42 Juden,

    --- 1837 ........................ 50   "  (ca. 13% d. Bevölk.),

    --- 1856 ........................ 35   “  ,

    --- 1869 ........................ 46   "  ,

    --- 1883 ........................ 49   “  (ca. 9% d. Bevölk.),

    --- 1890 ........................ 42   "  ,

    --- 1897 ........................ 47   “  ,

    --- 1900 ........................ 53   "  (ca. 9% d. Bevölk.),

    --- 1910 ........................ 25   “  (ca. 4% d. Bevölk.),

    --- 1925 ........................ 22   “  ,

    --- 1933 ........................ 20   “  ,

    --- 1935 (Juni) ................. 15   "  ,

    --- 1938 (April) ................  4   "  ,

    --- 1942 (Juli) ................. keine.

Angaben aus: Privatarchiv Hermann Leicht

und                  Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann, Die jüdischen Gemeinden in Bayern 1918 - 1945, S. 271

und                  W. Kraus/H.-Chr. Dittscheid/G. Schneider-Ludorff (Hrg.), Mehr als Steine … - Synagogengedenkband Bayern, Teilband III/2.1: Unterfranken, S. 680

 

Zu Beginn der NS-Zeit lebten im Dorf nicht einmal mehr 20 Einwohner jüdischen Glaubens; sie wanderten bis 1939 fast alle ab.

Ein beabsichtigter Verkauf des Synagogengebäudes wurde im September 1938 durch gewalttätige ‚Vorfälle’ zunichte gemacht: Im Zusammenhang der „Sudetenkrise“ kam es in Bastheim zu massiven antijüdischen Ausschreitungen. Dabei drangen Dorfbewohner in die Synagoge ein, zerschlugen den Thoraschrein, zerrissen Thorarollen und entweihten andere Ritualgegenstände; anschließend wurden die Ritualien in die Synagoge Unsleben gebracht; hier wurden sie während des Pogroms einige Wochen später gänzlich vernichtet. Die letzten zwei jüdischen Dorfbewohner wurden 1942 deportiert Sie kehrten nicht zurück.

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden ..." wurden nachweislich 15 aus Bastheim stammende bzw. hier längere Zeit ansässig gewesene jüdische Bewohner Opfer der "Endlösung" (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/bastheim_synagoge.htm).

 

Das im Besitz der Kommune befindliche Synagogengebäude dient seit den 1950er Jahren als „Kolping-Haus“.

https://www.alemannia-judaica.de/images/Images%2060/Bastheim%20Synagoge%20101.jpg ehem. Synagogengebäude (Aufn. J. Hahn, 2005)

Eine Gedenktafel informiert über die Geschichte des Hauses:

Dieses Gebäude diente der jüdischen Kultusgemeinde Bastheim bis 1938 als Synagoge.

Zur Erinnerung und Mahnung

 

Im Gedenken an die 27 Personen aus Bastheim und Reyersbach, die Opfer des Holocaust geworden sind, beteiligt sich auch die Kommune Bastheim mit einer "Kofferskulptur" am Würzburger "DenkOrt Deportationen 1941-1944". Doubletten werden auch in beiden Ortschaften – versehen mit den Namenstafeln der Ermordeten – aufgestellt.

  Aufn. Michael Stolz, 2020, aus: denkort-deportationen.de

Zudem erinnert eine Namenstafel am Bastheimer Rathaus an die 27 jüdischen Einwohner, die in Bastheim und in Reyersbach aufgewachsen und während der NS-Herrschaft gewaltsam ums Leben kamen.

 

 

 

Im nahen Reyersbach - seit 1972 der Kommune Bastheim angeschlossen - gab es nachweislich seit 1700 eine jüdische Gemeinde, die bis in die Zeit des Ersten Weltkrieges bestanden hat. Anfangs lebten die Familien im sog. "Judenhof". Den Juden aus Reyersbach waren fünf Matrikelstellen übertragen. Die stets kleine Gemeinde verfügte auch über einen bescheidenen Betraum, der um 1910 wegen Baufälligkeit nicht mehr genutzt werden konnte. Die letzte jüdische Familie verließ Reyersbach wenige Jahre vor der sog. NS-Machtübernahme.

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden ..." wurden nachweislich acht aus Reyersbach stammende bzw. hier längere Zeit ansässig gewesene jüdische Bewohner Opfer der Shoa (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/bastheim_synagoge.htm).

 

 

 

Weitere Informationen:

Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann, Die jüdischen Gemeinden in Bayern 1918 - 1945. Geschichte und Zerstörung, Oldenbourg-Verlag, München/Wien 1979, S. 271/272

Israel Schwierz, Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation, Hrg. Bayrische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, München 1992, S. 45 und S. 115

Dirk Rosenstock (Bearb.), Die unterfränkischen Judenmatrikeln von 1817. Eine namenkundliche und sozialgeschichtliche Quelle, in: "Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg", Band 13, Würzburg 2008, S. 201/202

Bastheim mit Reyersbach, in: alemannia-judaica.de

Eckhard Heise (Red.), Verknüpfung von Gegenwart und Vergangenheit. Bastheim beteiligt sich an Würzburger Erinnerungsstätte, in: "Main-Post" vom 14.11.2018

Hermann Leicht/Wolfgang Wagner, Chronik Bastheim, Mellrichstadt 2019, S. 167 ff.

Gerhard Gronauer/Cornelia Berger-Dittscheid (Bearb.), Bastheim mit Reyersbach, in: W.Kraus/H.-Chr. Dittscheid/G. Schneider-Ludorff (Hrg.), Mehr als Steine … - Synagogengedenkband Bayern, Teilband III/2.1: Unterfranken, Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg/Allgäu 2021, S. 671 - 683

Klaus-Dieter Hahn (Red.), 27 Namen und 27 Schicksale. Bastheim und Reyersbach erinnern an ihre früheren jüdischen Mitbürger, in: „Main-Post“ vom 24.12.2023