Bischberg (Oberfranken/Bayern)

Datei:Bischberg in BA.svg Bischberg ist eine kleine Kommune mit derzeit ca. 6.000 Einwohnern im oberfränkischen Landkreis Bamberg - am Zusammenfluss von Regnitz und Main etwa fünf Kilometer westlich von Bamberg gelegen (Kartenskizze 'Landkreis Bamberg', Hagar 2010, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0).

 

Bis gegen Mitte des 19.Jahrhundert bestand ein Bischberg eine relativ große israelitische Gemeinde; über Jahrzehnte hinweg war jeder fünfte Dorfbewohner damals mosaischen Glaubens.

300 Jahre lang existierte in Bischberg eine jüdische Kultusgemeinde, die ihre Blütezeit in den ersten Jahrzehnten des 19.Jahrhunderts hatte. Der jüdische Anteil an der Dorfbevölkerung betrug damals mehr als 20%. Die erste urkundliche Erwähnung von Juden in Bischberg stammt aus dem Jahr 1602. Im ‚Judenhof’ lebte eine größere Anzahl jüdischer Einwohner. An dieser Stelle richtete man vermutlich um 1690 auch eine Synagoge ein, möglicherweise wurde Jahrzehnte später ein Neubau errichtet. Zu den gemeindlichen Einrichtungen zählten zudem eine Religionsschule und eine Mikwe. Der von der Gemeinde angestellte Lehrer war für die Besorgung aller rituellen Handlungen verantwortlich.

                        https://www.alemannia-judaica.de/images/Images%2083/Bischberg%20Israelit%2021061882.jpg

                                                                  Stellenanzeigen aus der Zeitschrift „Der Israelit“ vom 17.7.1878 und vom 21.6.1882

Wenige Jahre später – infolge Abwanderung hatte die Zahl der Gemeindeangehörigen stark abgenommen, konnte sich die Gemeinde Bischberg keinen eigenen Lehrer mehr leisten, so dass man sich dann gemeinsam mit den Nachgemeinden Trunstadt und Viereth einen Lehrer „teilte“.

Ihre Verstorbenen begrub die Bischberger Judenschaft auf dem Friedhof in Walsdorf. Versuche, am Ort einen eigenen Begräbnisplatz anzulegen, scheiterten bzw. wurden aufgrund der starken Abwanderung gegenstandslos.

Juden in Bischberg:

         --- 1732 .........................  13 jüdische Familien,

    --- 1822 ......................... 177 Juden (ca. 22% d. Dorfbev.),

    --- 1840 ......................... 156   “   (ca. 20% d. Dorfbev.),

    --- 1852 ......................... 163   “  ,

    --- 1875 .........................  67   “  ,

    --- 1880 .........................  52   “   (ca. 5% d. Dorfbev.),

    --- 1890 .........................  22   “  ,

    --- 1900 .........................  11   “   (ca. 1% d. Dorfbev.),

    --- 1910 .........................   4   “  ,

    --- 1925 .........................   keine.

Angaben aus: Klaus Guth (Hrg.), Jüdische Landgemeinden in Oberfranken (1800 - 1942), S. 112

Dorfstraße in Bischberg, um 1910 (Abb. aus: hdbg.eu/)

 

Die jüdische Dorfbevölkerung bestritt ihren Lebensunterhalt vor allem mit dem Trödel-, Vieh- und Schnittwarenhandel. Die Matrikellisten der 1820er Jahre wiesen für das Dorf immerhin 35 Stellen auf.

Ab der Mitte des 19.Jahrhunderts setzte dann eine starke Abwanderung ein; die meisten emigrierten nach Nordamerika. Innerhalb von vier Jahrzehnten reduzierte sich die Zahl der Gemeindeangehörigen um etwa 80% (!).

Über das Zusammenleben der jüdischen und christlichen Familien schrieb Eduard Silbermann in seinen Erinnerungen:“ ... In meiner Jugendzeit waren in Bischberg vier jüdische Metzger, ein Schuhmacher, ein Schneider, ein Glaser und ein Seifensieder. Zu großem Reichtum hatten es die jüdischen Einwohner nicht gebracht, doch herrschte unter ihnen eine Art von Wohlstand. ... Die jüdischen Einwohner als solche lebten mit den christlichen im großen und ganzen in Frieden. Insbesondere fanden Störungen oder Belästigungen der ersteren in ihren rituellen Übungen und Gebräuchen nicht statt. Zur Kirchweih sandten die christlichen Familien ‘Krapfen und Kirchweihbrot’ in jüdische Häuser, während wir an Pessach uns mit Zusendung der bei der christlichen Bevölkerung sehr beliebten ‘Mazzen’ revanchierten. ... Von einem besonderen gesellschaftlichen Verkehr war naturgemäß ... keine Rede. Doch schlossen sich die Juden ... keineswegs von der christlichen Bevölkerung ab. Ein intimerer Verkehr bestand natürlich unter den jüdischen Familien. Die Sabbat- und Festtage - die sämtlich noch streng eingehalten wurden - führten die jüdischen Einwohner nicht nur in der Synagoge zusammen, sondern auch vielfach in den einzelnen Familien. ...”

Anfang der 1890er Jahre wurde die Bischberger Kultusgemeinde mit den Gemeinden von Trunstadt und Viereth vereint; der Sitz dieser Gemeinde befand sich dann in Trunstadt (siehe folgende Stellenanzeige).

                Stellenanzeige aus der Zeitschrift „Der Israelit“ vom 11.4.1892

Etwa ein Jahrzehnt später erfolgte der Anschluss an die Kultusgemeinde Bamberg. Die letzten Gottesdienste in der Synagoge wurden um 1900 gefeiert; 1908 wurde das Gebäude an einen lokalen Handwerker verkauft.

 

 

 

Weitere Informationen:

Eduard Silbermann, Erinnerungen 1871 - 1917. Auszüge in: Monika Richarz, Bürger auf Widerruf - Lebenszeugnisse deutscher Juden 1780 - 1945, Verlag C.H. Beck, München 1989, S. 197 - 224

Klaus Guth (Hrg.), Jüdische Landgemeinden in Oberfranken (1800 - 1942). Ein historisch-topographisches Handbuch, Bayrische Verlagsanstalt Bamberg, Bamberg 1988, S. 109 - 115

Israel Schwierz, Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern - Eine Dokumentation, Hrg. Bayrische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, München 1992, S. 211

Bischberg, in: alemannia-judaica.de (mit einigen Dokumenten zur jüdischen Lokalhistorie)

Andreas Schenker (Bearb.), Konflikte zwischen Juden und Herrschaft Bischberg in der zweiten Hälfte des 18.Jahrhunderts – Handlungsspielräume in einem herrschaftlich zersplitterten Dorf, in: Michaela Schmölz-Häberlein (Hrg.), Jüdisches Leben in der Region: Herrschaft, Wirtschaft und Gesellschaft im Süden des Alten Reiches, Ergon-Verlag Baden-Baden 2018, S. 101 - 120

Bischberg – Jüdisches Leben in Bayern, online abrufbar unter: hdbg.eu/juedisches_leben/gemeinde/bischberg