Damboritz (Mähren)

Gaya: Europe's Belle Epoque in colour - Europa1900Lage des Okres Hodonín Die mährische Ortschaft Damboritz (auch Damborschitz bzw. Damborschütz) – 1534 zur Stadt erhoben - ist das heutige tschech. Dambořice mit derzeit ca. 1.500 Einwohnern im Kreis Hodonin (Göding) etwa 35 Kilometer südöstlich von Brünn (Brno) bzw. westlich von Gaya (Kyjov) gelegen (Ausschnitt aus hist. Karte, D. am linken Kartenrand, aus: europe1900.eu  und  Kartenskizze 'Tschechien' mit Lage von Hodonin farbig markiert).

 

In den Jahrzehnten um 1800 war etwa jeder 5. Bewohner von Damboritz mosaischen Glaubens.

Im Marktflecken Damboritz, einer Ortschaft im westlichen Bezirk von Gaya, sind Juden etwa seit der Zeit des Dreißigjährigen Krieges nachweisbar; sie waren Untertanen der Herrschaft von Steinitz. Seit Anfang des 18.Jahrhunderts regelte eine Verordnung des Prinzen Maximilian von Liechtenstein die Rechte und Pflichten der jüdischen Einwohner. Von der christlichen Bevölkerung wurde um 1710 der jüdische Wohnbezirk durch Schranken abgesperrt.

Die meisten Behausungen der Juden und die Synagogen fielen den großen Bränden von 1769, 1807 und 1824 zum Opfer. Dazu kamen die stetigen Steuererhöhungen, die die Judengemeinde an den Rand des Ruins brachte; auch Cholera, Überschwemmungen und große Brände führten immer wieder zu Nöten.

1868 ließ die Damboritzer Judenschaft eine neue Synagoge* bauen; in den Zeiten zuvor hatten Schadensfeuer mehrfach das Gotteshaus vernichtet bzw. stark beschädigt.

*Möglicherweise handelte es sich um eine grundlegende Renovierung der bereits 1824 erstellten Synagoge.

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Synagoge von Damboritz (Skizze nach einem Foto, Opec Dambořice)  -  Innenraum (hist. Aufn.)

Zur Gemeinde Damboritz gehörten zahlreiche kleinere Ortschaften in der Umgebung.

Eine Religionsschule gab es in Damboritz schon frühzeitig; 1862 wurde eine eigene deutsche Schule eingerichtet, die zunächst als Privatschule, ab 1872 als öffentlich anerkannte Schule betrieben wurde; unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg wurde sie geschlossen.

Der jüdische Friedhof – in Hanglage ca. 300 Meter östlich der Ortsmitte - soll bereits um 1620 (oder möglicherweise noch früher) angelegt worden sein.

Juden in Damboritz:

--- um 1640 ................... ca.  10 jüdische Familien,

--- um 1750 ................... ca.  50     “        “   ,

--- 1798 ..........................  57     “        “   (ca. 320 Pers.),

--- 1830 .......................... 386 Juden,

--- 1848 .......................... 405   “  (ca. 19% d. Bevölk.),

--- 1857 .......................... 476   “  ,

--- 1869 .......................... 355   “  ,

--- 1880 .......................... 202   “  ,

--- 1890 .......................... 181   “  ,

--- 1900 .......................... 144   “  ,

--- 1910 ..........................  96   “  ,

--- 1929 ..........................  46   “  .

Angaben aus: Hugo Gold, Gedenkbuch der untergegangenen Judengemeinden Mährens, S. 44

 

Die Juden von Damboritz bestritten ihren Lebensunterhalt im 18. und 19.Jahrhundert als Hausierer, Viehhändler, Schafzüchter und Kleinkaufleute.

... Die Hausierer versammelten sich am Sonntag morgens bei der Kirche, um ihren Weg für die Woche festzusetzen; es gab ein stilles Übereinkommen, wonach keiner in das Dorf ging, in dem der andere mühevoll sein karges Auskommen suchen wollte. Draußen nährten sie sich von mitgenommenen Speisen und schliefen bei Bauern. Sie kehrten am Donnerstag abends zu ihrer Familie zurück, um die Vorbereitungen für den Schabbat zu treffen. Der Mittelpunkt des Lebens war das Haus und die Familie, das köstlichste Gut der Gemeinde war der Tempel, der an Festtagen kaum ausreichte, da auch aus der Umgebung Beter herbeiströmten. Dann boten die Gässchen ein Bild regen Lebens. Jedes Haus nahm über die Festtage fremde Gäste auf. ...” (aus: Hugo Gold, Gedenkbuch der untergegangenen Judengemeinden Mährens, S. 44)

Die Judengemeinde erreichte um 1860 mit ca. 480 Angehörigen ihren Höchststand und stellte damit einen Anteil von knapp 25% der Einwohnerschaft der Kleinstadt. Danach setzte eine verstärkte Abwanderung ein - vor allem in die Industrie- und Handelszentren Brünn und Wien. Lebten um die Jahrhundertwende noch ca. 150 Juden in der Stadt, so waren es in den 1920er Jahren dann nur noch etwa 15 jüdische Familien.

Während der deutschen Okkupation wurden Anfang 1943 die letzten ca. 45 jüdischen Einwohner von Dambořice nach Theresienstadt und von dort in die Vernichtungslager abtransportiert. Keiner der Dambořicer Juden kehrte nach Kriegsende zurück.

 

Von den ca. 65 Wohnhäusern jüdischer Familien im einstigen Ghettobezirk sind heute noch ca. 40 vorhanden. Das Synagogengebäude wurde bereits 1948 abgebrochen.

Das fast 3.500 m² große jüdische Friedhofsgelände weist heute noch mehr als 400 Grabmale auf, darunter auch einige Grabsteine aus der Zeit um 1700, der älteste datiert sogar von 1657. Das Tahara-Haus wurde Anfang der 1960er Jahre abgebrochen.

Dambořice, židovský hřbitov (3).jpg

Alte Grabstätten (Aufn. Palickap, 2019  und  J.Denton-Barker, 2023, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 4.0)

 

 

Weitere Informationen:

Theodor Haas, Die Juden in Mähren. Darstellung der Rechtsgeschichte und Statistik unter besonderer Berücksichtigung des 19.Jahrhunderts, Jüdischer Buch- und Kunstverlag, Brünn

Robert König, Geschichte der Juden in Damboritz, in: Hugo Gold (Hrg.), Die Juden und Judengemeinden Mährens in Vergangenheit und Gegenwart, Jüdischer Verlag, Brünn 1929, S. 177 - 181

Hugo Gold, Gedenkbuch der untergegangenen Judengemeinden Mährens, Olamenu-Verlag, Tel Aviv 1974, S. 43 – 45

Adolf Huber, Die jüdische Gemeinschaft zu Damborice 1870 – 1943, Phoenix/USA 1997

Židovská obec - Židovská náboženská obec v Dambořicích, online abrufbar unter: damborice.cz

Jewish families from Dambořice (Damboritz), online abrufbar unter: geni.com