Diedelsheim (Baden-Württemberg)

Datei:Bretten im Landkreis Karlsruhe.pngDiedelsheim mit derzeit ca. 3.500 Einwohnern ist seit 1975 ein Stadtteil von Bretten (Landkreis Karlsruhe) - etwa 25 Kilometer östlich von Karlsruhe gelegen (Kartenskizze F. Paul, 2009, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0 und Kartenausschnitt 'Westbahn Württemberg', kj. 2007, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0).

 

Erstmals wurden jüdische Bewohner im badischen Diedelsheim - das Dorf gehörte bis ca. 1750 den Freiherren Kechler von Schwandorf - Mitte des 16.Jahrhunderts erwähnt. Als das Dorf 1748 in kurpfälzischen Besitz überging, lebten in Diedelsheim mehr als 20 jüdische Familien. Da die meisten ihr Leben in sehr ärmlichen Verhältnissen fristeten, wurden sie von Behörden als „Bettler und Lumpen“ bezeichnet; nur einige wenige wohlhabende Juden sollten hier verbleiben und ihre Duldung mit entsprechenden Schutzgeldzahlungen erkaufen. Die Wohnungen der jüdischen Bewohner lagen vor allem im „Judengässle“, der heutigen Brühlstraße, wo auch das jüdische „Gasthaus Zum Lamm” lag.

Bis ca. 1820 benutzten die Diedelsheimer Juden die rituellen Einrichtungen der Gemeinde Bretten, ehe dann seit 1822 eine eigene Synagoge und eine Mikwe zur Verfügung standen. Bis zum Ersten Weltkrieg diente das Gebäude gottesdienstlichen Zwecken; als sich 1920 die Kultusgemeinde auflöste, wurde es an die Kommune veräußert.

 

Zwei Stellenangebote von 1840 („Großherzoglich Badisches Anzeige-Blatt für den See-Kreis") und vom Mai 1885 („Der Israelit“)

Ihre Verstorbenen begrub die Diedelsheimer Judenschaft auf dem Beerdigungsgelände in Obergrombach.

Seit 1827 zählte die Diedelsheimer Gemeinde zum Bezirksrabbinat Bretten.

Juden in Diedelsheim:

         --- um 1750 ........................  20 jüdische Familien,

    --- 1809 ...........................  70 Juden,

    --- 1825 ...........................  89   “   (ca. 10% d. Bevölk.),

    --- 1850 ........................... 112   “  ,

    --- 1864 ........................... 118   “   (in 23 Familien),

    --- 1875 ...........................  78   “  ,

    --- 1890 ...........................  36   “  ,

    --- 1900 ...........................  32   “  ,

    --- 1925 ...........................   9   “  ,

    --- 1933 ...........................   4   “  ,

    --- 1940 ...........................   keine.

Angaben aus: Jürgen Stude, Geschichte der Juden im Landkreis Karlsruhe, S. 325

 

Um 1860 arbeiteten die am Orte lebenden jüdischen Familien in folgenden Berufen: fünf als Viehhändler, vier als Händler, drei als Pelzhändler, drei als Lumpensammler, zwei als Metzger und je einer als Handelsmann, Weißgerber und Wirtshausbesitzer.

Das Zusammenleben zwischen christlicher und jüdischer Bevölkerung war bis weit ins 19.Jahrhundert hinein von Konflikten geprägt. Im Zusammenhang der März-Unruhen von 1848 kam es auch in Diedelsheim - wie in anderen Kraichgau-Orten - zu antijüdischen Demonstrationen, die sich gegen eine rechtliche Gleichstellung der Juden Badens richteten.

Ab ca. 1870 war eine deutliche Abwanderung jüdischer Familien aus Diedelsheim zu verzeichnen; innerhalb nur dreier Jahrzehnte reduzierte sich die Zahl der Juden am Ort um ca. zwei Drittel. Offiziell aufgelöst wurde die Kultusgemeinde im Frühjahr 1920; die wenigen verbliebenen Juden Diedelsheims schlossen sich der Gemeinde in Bretten an.

Zeitgleich mit der Liquidation der Gemeinde wurde das Synagogengebäude versteigert; den Zuschlag erhielt die Kommune.Fortan diente das Gebäude als öffentliches Badehaus.

Zu Beginn der NS-Zeit lebten nur noch vier jüdische Bewohner am Ort.

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden ..." wurden 13 aus Diedelsheim stammende jüdische Personen Opfer der NS-Gewaltherrschaft (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/diedelsheim_synagoge.htm).

http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%2016/Diedelsheim%20Synagoge%20003.jpg Ehem. Synagogengebäude in Bildmitte (Aufn. J. Hahn, um 1985)

Nachdem das ehemals als Synagoge und nach 1945 als Werkstatt genutzte Gebäude (Ecke Brühlstraße/Schwandorfstraße) jahrelang leer gestanden hatte, wurde es im Jahre 2010 verkauft, kurz danach abgebrochen und auf dem freigewordenen Gelände ein Parkplatz angelegt.  

 

[vgl. Bretten (Baden-Württemberg]

 

 

 

Weitere Informationen:

F.Hundsnurscher/G.Taddey, Die jüdischen Gemeinden in Baden - Denkmale, Geschichte, Schicksale, Hrg. Archivdirektion Stuttgart, Kohlhammer Verlag, Stuttgart 1968

Otto Bickel, Diedelsheim - vom ritterschaftlichen Dorf zum Brettener Stadtteil, Bretten 1985, S. 458 ff.

Jürgen Stude, Geschichte der Juden im Landkreis Karlsruhe, Hrg. Landratsamt Karlsruhe, Verlag Regionalkultur 1997, S. 325 - 327

Diedelsheim, in: alemannia-judaica.de (mit Dokumenten zur jüdischen Ortshistorie)

Joachim Hahn/Jürgen Krüger, “Hier ist nichts anderes als Gottes Haus ...” Synagogen in Baden-Württemberg, Teilband 2: Orte und Einrichtungen, Konrad Theiss Verlag GmbH, Stuttgart 2007, S. 65/66