Diedenhofen (Lothringen)

Kreise Metz und Diedenhofen.png Das von 1870 bis 1919 zum Deutschen Reich gehörende Diedenhofen ist das französische Thionville mit derzeit ca. 41.000 Einwohnern im Département Moselle - nördlich von Metz gelegen (Ausschnitt aus hist. Landkarte von 1905, aus: wikipedia.org, gemeinfrei).

 

Jüdische Bewohner in Diedenhofen können seit dem beginnenden 15.Jahrhundert nachgewiesen werden; doch erst seit Mitte des 17.Jahrhunderts siedelten sich sehr wenige Familien hier dauerhaft an; diese waren lange Zeit - besonders in der zweiten Hälfte des 18.Jahrhunderts - Anfeindungen ihrer christlichen Umwelt ausgesetzt. Um 1800 gab es ca. 100 jüdische Bewohner in Thionville; 25 Jahre später war die Gemeinde auf ca. 250 Angehörige angewachsen. Zu ihrer Blütezeit gegen Mitte des 19.Jahrhunderts erreichte die Zahl der Gemeindemitglieder immerhin etwa 350 Personen.

Eine 1805 eingerichtete Synagoge wurde kurz vor dem Ersten Weltkrieg durch einen stattlichen Synagogenneubau ersetzt.

Synagoge in Diedenhofen (hist. Ansichtskarte um 1920)

Ein Begräbnisplatz ist erstmals bereits für Mitte des 16.Jahrhunderts nachgewiesen.

Von 1904 bis 1940 war Thionville Sitz eines Regionalrabbinats.

Juden in Diedenhofen:

    --- um 1780 ........................   2 jüdische Familien,

    --- 1795 ...........................  14     “       “    ,

--- um 1800 .................... ca. 100 Juden,

--- 1831 ........................... 310   “  ,

--- 1871 ........................... 187   “  ,

--- 1880 ........................... 183   “  ,

    --- 1910 ........................... 332   “  ,

--- 1930 ....................... ca. 280   “  .

Angaben aus: Statistische Mitteilungen über Elsaß-Lothringen (1912) und Angaben des Stadtarchivs Thionville

   Guide pittoresque 059 Thionville cropped.jpg Thionville um 1840 (Abb. aus: wikipedia.org, CCO)

 

In den Jahren nach 1900 war eine Zuwanderung von Juden aus Osteuropa zu verzeichnen, die die Gemeinde deutlich anwachsen ließ.

Im Juli 1940 - zur Zeit der deutschen Besetzung im Zweiten Weltkrieg - wurde die Synagoge niedergebrannt, die Ruine abgetragen und deren steinernen Überreste für den Straßenbau verwendet. Auch der jüdische Friedhof blieb von Zerstörung nicht verschont. Mehr als 30 jüdische Familien wurden von Thionville aus deportiert.

 

Nach der Befreiung im November 1944 kehrten jüdische Familien nach Thionville zurück und fanden sich zu einer neuen Gemeinde zusammen. 1947 zählte man hier immerhin 90 jüdische Familien; in den 1970er Jahren gehörten der Gemeinde mehr als 400 Angehörige an.

In den 1950er Jahren ließ die relativ große Gemeinde einen Synagogenneubau errichten (eingeweiht 1957).

        Synagoge in Thionville (Aufn. Aimelaime, 2011, aus: wikipedia.org, CCO) 

Auf dem jüdischen Friedhof in Thionville - das Gelände wurde in den Nachkriegsjahren neu angelegt - befindet sich ein Mahnmal, das aus zerschlagenen Grabsteinen - vom alten Begräbnisgelände stammend - zusammengefügt ist.

http://s-www.republicain-lorrain.fr/images/C010514A-8EC9-43C7-8219-EDD2B71F4861/LRL_v0_04/en-1940-apres-avoir-incendie-et-rase-la-synagogue-de-thionville-les-nazis-ont-profane-le-cimetiere.jpg Mahnmal (Aufn. aus: republicain-lorrain.fr)

 

 

In Hayingen (frz. Hayange, derzeit ca. 16.000 Einw.) – die Kleinstadt liegt nur wenige Kilometer westlich von Diedenhofen - gründete sich in den 1850er Jahren eine israelitische Gemeinde; doch bereits in den Jahrzehnten zuvor hatten vereinzelt jüdische Familien hier gelebt. Ein provisorischer Betsaal wurde 1863 durch einen Synagogenneubau ersetzt. Ihren zahlenmäßigen Zenit mit etwa 100 Familien erreichte die Gemeinde in den 1920er Jahren.

Die 1940 zerstörte Synagoge wurde an gleicher Stelle in den 1950er Jahren durch ein neues Gebäude ersetzt.

Die 1957 eingeweihte Synagoge (Aufn. A., aus: wikipedia.org, gemeinfrei)

Im Laufe ihres Bestehens verfügte die jüdische Gemeinde über zwei Friedhöfe; ein 1866 angekauftes Gelände diente bis zu dessen völliger Belegung als Begräbnisstätte; in den 1950er Jahren legte man einen neuen Friedhof an.

alter Friedhof (Aufn. Aimelaime, 2012, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)

 

  

In Metzerwiese (frz. Metzervisse, derzeit ca. 2.300 Einw.) – etwa zehn Kilometer südöstlich von Diedenhofen (Thionville) – bestand jüdische Ansässigkeit seit dem beginnenden 17.Jahrhundert. Um die Mitte des 18.Jahrhunderts waren etwa 15 bis 20 jüdische Familien im Ort wohnhaft; ca. ein Jahrhundert später machte der jüdische Bevölkerungsanteil immerhin ca. 17% aus; 1890 war dann ihre Anzahl auf ca. 70 Personen (10% d. Bevölk.) zurückgefallen. Ihren Lebenserwerb bestritten die Juden Metzerwieses zumeist als Viehhändler/Metzger und als Landesproduktenhändler.

Seit ca. 1750 ist eine Synagoge in Metzerwiese nachweisbar; im Keller befand sich eine Mikwe. Während der deutschen Okkupation wurde die Synagogen demoliert und danach zweckentfremdet.

Reste des Thoraschreins (Aufn. A., 2013, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)

Der jüdische Friedhof von Metzerwiese diente Verstorbenen aus dem gesamten Bezirk als Ruhestätte; er wird bis auf den heutigen Tag genutzt.

                       Aufn. A., 2012, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0

 

 

Im Dorf Büdingen (frz. Buding, derzeit ca. 600 Einw.) - ca. zehn Kilometer östlich von Diedenhofen – bestand seit dem 17.Jahrhundert eine israelitische Gemeinde, die im Laufe ihres Bestehens eine ihre 1757 eingerichtete Synagoge bzw. den Nachfolgebau (um 1840/50) nutzte. Das letztgenannte, inzwischen in einem schlechten Bauzustand befindliche Gebäude wird als Geräteschuppen genutzt. Im Innern sind noch originale Relikte der Einrichtung sichtbar. Auf dem Gelände befand sich auch das rituelle Bad.

  Ehem. Synagoge in Buding (Aufn. Aimelaime, 2012, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)

 

 

In der Ortschaft Lüttingen (frz. Luttange, derzeit ca. 900 Einw.) – ca. 15 Kilometer südöstlich von Diedenhofen/Thionville – gab es spätestens im 18.Jahrhundert eine jüdische Gemeinschaft, die seit ca. 1785 über eine Synagoge verfügte. Diese wurde 1923 aufgegeben und anschließend zu Wohnzwecken umgebaut.

Eine eigene Begräbnisstätte war in Lüttingen nicht vorhanden; Verstorbene wurden in Flaiweg/Flévy bzw. in Ennerchen/Ennery beerdigt.

 

 

 

Weitere Informationen:

A.J. Kohn, Die Niederlassung der Juden in Diedenhofen, in: "Jahrbuch für lothringische Geschichte und Altertumskunde", Jg. 20/1908, Metz 1908, S. 261 ff.

A.J. Kohn, Zur Geschichte der Juden in Diedenhofen: Festschrift zur Einweihung der neuen Synagoge in Diedenhofen 19.Sept. 1913, 1913

Henry Schumann, Mémoire des communautés juives de Moselle, Metz 1999

Jean-Bernard Lang, Thionville, online abrufbar unter: judaisme.sdv.fr

Jean-Pierre Bernard, Les cimetieres Israelites de Moselle, Metz 2002

Jean-Bernard Lang, Thionville - Extrait de Histoire des Juifs en Moselle, online abrufbar unter: judaisme.sdv.fr

Claude Rosenfeld/Jean-Bernard Lang (Red.), Hayange - Extrait de Histoire des Juifs en Moselle, online abrufbar unter: judaisme.sdv.fr/synagog/moselle/hayange.htm

Jacky Klejser (Red.), La Communauté Juive Metzervisse, online abrufbar unter: judaisme.sdv.fr/synagog/moselle/metzerw.htm

Francis Kalifat (Red.), Près de 40 tombes profanées dans un cimetière juif près de Thionville, in: francais.rt.com vom 1.4.2017