Dorstfeld (Nordrhein-Westfalen)

Datei:Dortmund Bezirke und Nachbargemeinden.pngDatei:Dortmund Statistischer Bezirk Dorstfeld.svg Seit 1914 ist Dorstfeld ein Stadtteil im Westen der Großstadt Dortmund (Skizze 'Dortmund - Stadtbezirke und Nachbargemeinden', Lencer, 2008, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0  und  Stadtteilkarte von Dortmund mit Dorstfeld rot markiert, Abb. TUBS 2010, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)

 

Die Judenschaft des Dorfes Dorstfeld kann zusammen mit der von Huckarde als ‘Vorstadtjudenschaft’ von Dortmund bezeichnet werden; ihre Existenz verdanken beide in erster Linie der Tatsache, dass von ca. 1600 bis 1807 jüdische Niederlassung in der Stadt Dortmund nicht erlaubt war. Urkundliche Hinweise auf jüdisches Leben in dem zum Stift Essen gehörigen Dorstfeld reichen bis zu Beginn des 18.Jahrhunderts zurück; doch könnten sie sich bereits vorher hier niedergelassen haben - zu einer Zeit, in der Juden aus Dortmund vertrieben und von der Fürstäbtissin aufgenommen worden waren. Befristete Geleitbriefe sicherten den wenigen jüdischen Familien ihr Wohnrecht im Dorf; zunächst wurden diese Schutzbriefe einzeln erteilt, ab 1793 dann als „Generalvergleitung“ für die gesamte Judenschaft von Dorstfeld und Huckarde ausgegeben. Um 1800 zählte die Judenschaft beider Dörfer immerhin insgesamt 28 Familien, wobei die Mehrzahl in Dorstfeld wohnte. Ihren Lebenserwerb verdienten die „Dorfjuden“ vornehmlich im Kleinhandel; doch auch Vieh- und Pferdehandel gehörten zu den Haupterwerbstätigkeiten der Dorstfelder Juden, die diese zumeist außerhalb ihres Wohnortes ausübten; so suchten die jüdischen Händler - gegen Entrichtung von Torgeldern - vor allem die Stadt Dortmund auf, um hier ihren Geschäften nachzugehen. Nach der Gewährung der Freizügigkeit (1812) verlegte ein Teil der jüdischen Familien seinen Wohnort nach Dortmund.

Bis 1818 war Dorstfeld noch die Hauptgemeinde der Juden im Kreise Dortmund; hier gab es auch eine Synagoge und eine kleine jüdische Privatschule; als Lehrer fungierte zunächst der Vorsteher der Gemeinde, der den jüdischen Kindern Religionsunterricht erteilte; später wurde ein Lehrer angestellt, der auch das Vorsänger- und Schächteramt ausübte. Wegen der geringen Schülerzahl lehnten die Behörden den Antrag auf Einrichtung einer jüdischen Elementarschule zunächst ab; erst Mitte der 1880er Jahre wurde eine Elementarschule ins Leben gerufen, die aber nur bis 1909 bestanden hat. Nachdem Gottesdienste zunächst in einem Privathause abgehalten wurden, erbaute die Judenschaft um 1820 in der Horststraße ein bescheidenes Synagogengebäude (Fachwerkgebäude), das auch von den Juden von Huckarde besucht wurde. 1860 wurde das Gebäude umgebaut. 1865 gab sich die Synagogengemeinde Dorstfeld erstmals ein schriftlich fixiertes Statut. Zeitweise gehörten auch die Familien aus Lüttgendortmund zur Synagogengemeinde.

Ein um 1860 neu angelegter Begräbnisplatz in der Wittener Straße ersetzte das ältere Bestattungsgelände „Auf’m Bachum“.

Hinweis: Möglicherweise gab es in Dorstsfeld noch ein weiteres jüdisches Begräbnisfeld.

Juden in Dorstfeld:

         --- 1741 ......................... ca.   4 jüdische Familien,*

    --- um 1770 ...................... ca.  18     “       “   ,*

    --- 1793 .............................  28     “       “   ,*      * incl. Huckarde

    --- 1812 .............................  46 Juden,

    --- 1818 .............................  52   “ (in 14 Familien),*

    --- 1836 .............................  81   “  ,

    --- 1842/43 ..........................  72   “  ,

    --- 1851 .............................  67   “  ,

    --- 1871 .............................  78   "  ,

    --- 1885 ............................. 110   “  ,*

    --- 1912/13 ..........................  59   “  ,

                ..........................  83   “  ,*

    --- 1935 ......................... ca. 150   "  .**   ** gesamte Gemeinde

Angaben aus: Bernhard Brilling, Geschichte der Juden in Dorstfeld und Huckarde, S. 168

und                 Günther Högl (Bearb.), Dortmund-Dorstfeld, in: Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinschaften in Westfalen und Lippe, S. 293

 

Während des Novemberpogroms von 1938 wurde die Synagoge demoliert. Anschließend wurde das Gebäude auf Kosten der Gemeinde abgerissen, und das Grundstück musste verkauft werden. 1942 begannen die Deportationen.

In Dortmund-Dorstfeld (Arminiusstraße) wurde 1989 eine Plastik/Skulptur aufgestellt (Aufn. T. Bachner, 2008, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0); auf dem sechseckigen Granitblock ist die folgende Inschrift zu lesen:

Nicht weit von hier stand die Dorstfelder Synagoge.

Als roher Judenhaß bei uns wütete, wurde sie am 9./10.November 1938 geschändet und 1940 niedergerissen.

Die jüdischen Menschen, Männer, Frauen und Kinder, wurden von 1933 bis 1945 gedemütigt, entwürdigt, vertrieben, verschleppt und ermordet.

Vergiß es nicht !

 

Der an der Wittener Straße liegende jüdische Friedhof - er besitzt eine Fläche von ca. 400 m² - diente von 1861 bis 1938 als Begräbnisstätte verstorbener Gemeindeangehörigen; auf dem Areal befinden sich derzeit ca. 60 Grabsteine. 

jüdischer Friedhof Dortmund-Dorstfeld (Aufn. Wolfgang Zimelka, 2011)

                   aufwändige Grabsteingestaltung (Aufn. V., 2019, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 4.0)

 

In den Straßen von Dorstfeld weisen sog. „Stolpersteine“ auf die letzten freigewählten Wohnsitze ehemaliger jüdischer Bewohner hin.

Am Hellweg Stolpersteine Dortmund Dorstfelder Hellweg 66.jpgDorstfelder Hellweg 11 Rosenthal Josef.jpgAufn. O., 2015, aus: wikipedia.org, FAL

 

 

[vgl. Dortmund (Nordrhein-Westfalen)]

 

 

 

Weitere Informationen:

F. Klausmeier, Die Geschichte eines Dorfes: Dorstfeld bei Dortmund, Dortmund 1934

Bernhard Brilling, Geschichte der Juden in Dorstfeld und Huckarde, in: Beiträge zur Geschichte Dortmunds und der Grafschaft Mark, Klartext-Verlag, Essen 1960, S. 131 - 168

G. Birkmann/H. Stratmann, Bedenke vor wem du stehst - 300 Synagogen und ihre Geschichte in Westfalen u. Lippe , Klartext Verlag, Essen 1998, S. 56/57

Fritz Hofmann, Synagogen und Betstuben in Dortmunder Stadtteilen, in: "Heimat Dortmund", Heft 2/2000, S. 39 - 41

Elfi Pracht-Jörns, Jüdisches Kulturerbe in Nordrhein-Westfalen - Regierungsbezirk Arnsberg, J.P.Bachem Verlag, Köln 2005, S. 104 - 106

Nils Kowalewski (Bearb), "Vom alten Dorstfelder Friedhof", in: Heimat Dortmund - Stadtgeschichte in Bildern und Berichten: Ruhe sanft. Dortmunder Friedhofsgeschichte(n), in: "Zeitschrift des Historischen Vereins für Dortmund und die Grafschaft Mark e.V. in Verbindung mit dem Stadtarchiv Dortmund", Ausgabe 3/2011, S. 44 - 47

Günther Högl (Bearb.), Dortmund-Dorstfeld, in: Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinschaften in Westfalen und Lippe – Die Ortschaften und Territorien im heutigen Regierungsbezirk Arnsberg, Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Westfalen, Ardey-Verlag Münster 2016, S. 290 – 295

Jüdischer Friedhof Dortmund-Dorstfeld - Bilddokumentation der Grabsteine, online abrufbar unter: commons.wikimedia.org/wiki/Category:Jüdischer_Friedhof_(Dortmund-Dorstfeld)?uselang=de

Auflistung der in Dortmund-Dorstfeld verlegten Stolpersteine, online abrufbar unter: wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Dortmund

Thea Ressemann (Red.), Es darf kein Vergessen geben: 20 neue Stolpersteine an Jüdinnen und Juden aus Dortmund verlegt, in: „Nordstadtblogger – Nachrichten aus Dortmund“, Juni 2021

N.N. (Red.), Wie lebten die Juden in Dorstfeld? in: „Wir in Dortmund – Magazin“ vom 3.3.2023