Gallandau/Galantha (Slowakei)

File:Map slovakia galanta.png Galanta(u) - (bis 1867 Galantha, ung. Galánta) - ist eine Kleinstadt mit derzeit ca. 15.000 Einwohnern in der Westslowakei - ca. 50 Kilometer östlich von Preßburg/Bratislava gelegen (Karte ?, 2006, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0).

Unter dem Schutz der Grafen Esterhazy wurden gegen Ende des 17.Jahrhunderts jüdische Familien in Gallandau/Galantha ansässig, denen religiöse und wirtschaftliche Privilegien zugesichert waren – so z.B. in einem im Jahre 1729 gegebenen Privileg, in dem Rechte und Pflichten der christlichen und jüdischen Bevölkerung festgeschrieben worden waren.

Als erster Rabbiner wird in den Annalen der Gemeinde 1772 Rabbi Yitzhak Zeev Dukas genannt (ihm folgte Joszef Gottlieb von 1776 bis 1786), unter dessen Ägide das erste Bethaus errichtet und später eine Elementarschule eröffnet wurde. Zudem war auch eine Jeschiwa – eine der größten in der Slowakei - gegründet worden, die weit über die Region hinaus einen hohen Bekanntheitsgrad erreichte und der bekannte Rabbiner vorstanden, wie z.B. Rabbi Lichtenstein. In späterer Zeit (unter den Rabbinern Dushinsky und Buxbaum) erhielten mehr als 200 Studenten aus ganz Europa ihre theologische Ausbildung.

Zwischenzeitlich kam es dann zu einer Spaltung der Gemeinde; während der größere Teil der Gemeindeangehörigen dem Reformjudentum zugeneigt war, vertrat der andere die orthodoxe Position. Diese Spaltung blieb auch noch im beginnenden 20.Jahrhundert bestehen, so dass Galanta zwei israelitische Gemeinden besaß.

Um den Bedürfnissen der rasch wachsenden (orthodoxen) Gemeinde gerecht zu werden, wurde im Jahre 1899 ein Synagogenneubau erstellt.

Synagoge in Galanta, Postkarte um 1900 (Abb. aus: geni.com)

Bereits zu Beginn des 18.Jahrhunderts erfolgte die Anlegung eines jüdischen Friedhofs; für dessen Nutzung musste ein festgelegter Betrag an den Stadtherrn gezahlt werden. Der älteste bekannte Grabstein auf dem Gelände datiert von 1729.

Juden in Gallandau/Galanta:

--- 1728 ..........................    69 Juden,

--- 1767 ..........................    15 jüdische Familien,

--- 1787 ..........................   307 Juden(ca. 20% d. Bevölk.),

--- 1828 ..........................   148   “  ,

--- 1880 ..........................   714   “  (ca. 33% d. Bevölk.),

--- 1900 ..........................   937   “  ,

--- 1919 .......................... 1.136   “  (ca. 31% d. Bevölk.),

--- 1928 ..........................   559   “  ,

--- 1930 .......................... 1.274   “  ,*       * mit Umland

--- 1941 .......................... 1.216   “  ,*

--- 1944 ...................... ca. 1.100   “  ,

--- 1948 ..........................   253   “  .

Angaben aus: The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust (Vol. 1), S. 414

und                   Madeleine Isenberg (Red.), “Galanta” – Encyclopaedia of Jewish communities, Slovakia, Jerusalem 2003,

Während der revolutionären Unruhen der Jahre 1848/1849 gelang es der jüdischen Bevölkerung, die Angriffe von Dörflern aus der Umgebung abzuwehren.

Im Laufe des 19.Jahrhunderts wuchs der jüdische Bevölkerungsanteil auf nahezu ein Drittel der gesamten Einwohnerschaft. Zumeist bestritten sie damals ihren Lebenserwerb als Zwischenhändler für Landesprodukte (Getreide und andere Feldfrüchte). Jüdische Unternehmer wie Armin Gleicher, Jakob Schlesinger und Tibor Stein gehörten später zu denen, die durch ihre Industriebetriebe zu Wohlstand kamen und deren ökonomische Aktivitäten auch der Stadt zu Gute kamen.

Jüdisches Viertel mit Synagoge (halb verdeckt links im Bild), hist. Aufn. aus: geni.com

Auch andere jüdische Familien spielten im Wirtschaftsleben der Stadt eine herausragende Rolle: Anfang der 1930er Jahre betrieben Juden mehr als 100 Unternehmen/Geschäfte (ca. 90% aller Läden), daneben gab es 40 Handwerker- und Industriebetriebe. Auch im öffentlichen Leben der Stadt waren Juden aktiv beteiligt, so z.B als Mitglieder des hiesigen Stadtrates.

Zionistische Bestrebungen fanden ab den 1920er Jahren besonders bei der jüngeren Generation Gehör.

Mit der Annexion durch den ungarischen Staat (Nov. 1938) setzten Entrechtung und Verfolgung der mehr als 1.200 jüdischen Bewohner ein: Mehrere hundert wurden zur Zwangsarbeit verpflichtet, jüdische Geschäftsleute verloren ihren Besitz durch „Arisierung“.

Der deutschen Besetzung folgte dann eine vorübergehende Ghettoisierung (auch der jüdischen Bewohner des Umlandes), der Mitte Juni 1944 die Deportation - via Komarno - nach Auschwitz-Birkenau folgte.

Anmerkung: Wenige Kilometer nördlich von Galanta liegt die Ortschaft Sered, in der ab 1941 ein Sammel- und Transitlager für Juden eingerichtet war. Insgesamt sollen hier ca. 13.000 Personen inhaftiert gewesen sein, darunter auch österreichische Jüdinnen und Juden, die von hier aus in andere Konzentrations- bzw. Vernichtungslager verschleppt wurden. vgl. dazu: Sered (Slowakei)

Mehr als 1.800 Juden aus Galanta und Umgebung wurden Opfer der Shoa.

 

Unmittelbar nach Kriegsende hielten sich ca. 250 jüdische Personen in Galanta auf; sie waren zumeist Überlebende der Konzentrationslager und der sog. „Zwangsarbeiter-Bataillone“. Trotz vereinzelter antisemitischer „Aktionen“ ließ man die gemeindlichen Einrichtungen wieder aufleben - allerdings nur für kurze Zeit; denn die meisten Juden verließen die Kleinstadt und emigrierten 1948/1949 in den neugegründeten Staat Israel.

   Denkmal zur Erinnerung an die ehem. jüdische Gemeinde (Aufn. aus: geocaching.com)

Das Synagogengebäude wurde in den 1970er Jahren abgerissen. Ein privater Betraum diente in der jüngsten Vergangenheit den wenigen Gemeindeangehörigen als Versammlungsort.

Während das alte Friedhofsareal nur noch wenige Grabsteinrelikte aufweist, wird der neue Friedhof bis auf den heutigen Tag vereinzelt noch genutzt.

 

Weitere Informationen:

The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust (Vol. 1), New York University Press, Washington Square, New York 2001, S. 414

Madeleine Isenberg (Red.), “Galanta” – Encyclopaedia of Jewish communities, Slovakia, Jerusalem 2003, online abrufbar unter: jewishgen.org/yizkor/pinkas_slovakia/slo128.html

The Jewish Community of Galanta, hrg. Beit Hatfusot – Museum of the Jewish People, online abrufbar unter: dbs.bh.org.il/place/galanta

Jewish families from Galanta (Slovacia), online abrufbar unter: geni.com/projects/Jewish-Families-from-Galanta-Slovakia

Galanta, in: jewishvirtuallibrary.org/galanta