Erlenbach (Rheinland-Pfalz)

Datei:Verbandsgemeinden in PS.svg Erlenbach bei Dahn ist eine kleine Ortsgemeinde mit kaum 400 Einwohnern im Landkreis Südwestpfalz und gehört der Verbandsgemeinde Dahner Felsenland an – ca. 25 Kilometer südöstlich von Pirmasens gelegen (Kartenskizze 'Landkreis Südwestpfalz', Hagar 2010, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)

 

In dem nahe der Grenze zum Elsass gelegenen Dorfe Erlenbach gab es seit der Mitte des 18.Jahrhunderts eine jüdische Kultusgemeinde. Ihre Angehörigen waren zunächst Schutzjuden der Freiherren Schenk von Waldenburg und stellten bis ins 19.Jahrhundert einen relativ großen Anteil an der Dorfbevölkerung. Ihren Lebensunterhalt verdienten die Erlenbacher Juden zunächst als „Handelsmänner“, einige als Metzger. Gegen Mitte des 19.Jahrhunderts soll etwa die Hälfte der jüdischen Familien vom Ackerbau gelebt haben.

Ein erster Hinweis auf die Existenz einer Synagoge in Erlenbach findet sich für das Jahr 1760; es dürfte sich dabei allerdings nur um einen bescheidenen Betraum gehandelt haben. In den ersten Jahrzehnten des 19.Jahrhunderts plante die Kultusgemeinde mehrfach, ein eigenes Synagogengebäude zu erstellen; 1842 konnte dann das Vorhaben schließlich realisiert werden; das schlichte Gebäude - ein verputzter Bau aus Bruchsteinen auf einem rückwärtigen Grundstück an der Hauptstraße - verfügte auch über einen Schulraum mit Lehrerwohnung. Gemeinsam mit Busenberg beschäftigte man einen Religionslehrer, der gleichzeitig auch als Vorbeter und Schächter tätig war.

            

Bauzeichnung des Synagogen- u. Schulgebäudes                              Anzeige im „Der Israelit“ vom 4.5.1891

Zu den Gemeindeeinrichtungen gehörte auch eine Mikwe, die spätestens seit den 1820er Jahren nachweisbar, aber vermutlich älter ist; das Frauenbad war in einem Kellerraum eines Privathauses untergebracht.

Die verstorbenen Erlenbacher Juden wurden ab den 1830er Jahren auf dem jüdischen Verbandsfriedhof in der Busenberger Gemarkung „Bei der Lehmgrube“ begraben.

Seit Beginn des Ersten Weltkrieges gehörten auch die wenigen Juden der ehemaligen Kultusgemeinde Vorderweidenthal der Erlenbacher Gemeinde an. Ihren Höchststand hatte die Judenschaft Vorderweidenthals um 1825 mit ca. 80 Angehörigen erreicht.

Für die Gemeinde zuständig war das Bezirksrabbinat Zweibrücken.

Juden in Erlenbach:

         --- um 1760 ..................... einige (?) Familien,

    --- 1808 ........................ 34 Juden (ca. 12% d. Bevölk.),

    --- 1825 ........................ 47   “  ,

    --- 1835 ........................ 53   “  ,

    --- 1836 .................... ca. 80   “   (in 12 Familien),

    --- 1848 ........................ 73   “  ,

    --- 1857 ........................ 51   “  ,

    --- 1863 ........................ 63   “   (ca. 14% d. Bevölk.),

    --- 1875 ........................ 60   “  ,

    --- 1900 ........................ 33   “  ,

    --- 1910 ........................ 25   “  ,

    --- 1920 ........................  9 jüdische Familien,

    --- 1932 ........................ 25 Juden,

    --- 1936 ........................ 22   “  ,

    --- 1938 ........................ 18   “  ,

    --- 1940 ........................  2   “  .

Angaben aus: Bernhard Kukatzki, Jüdisches Leben in Erlenbach bei Dahn, S. 44

 

Zu Beginn der NS-Zeit lebten 25 Juden im Dorf, das waren knapp 8% der Gesamtbevölkerung. Systematisch wurde nun den Erlenbacher Juden ihre wirtschaftliche Basis entzogen; trotzdem verließen die meisten erst zwischen 1938 bis 1940 das Dorf.

Bereits Wochen vor dem Novemberpogrom 1938 waren Wohnhäuser jüdischer Dorfbewohner angegriffen worden; Fenster wurden zerschlagen und NS-Parolen an die Wände geschmiert. Im Monatsbericht des Reg.präsidenten Pfalz (Okt. 1938) hieß es zu den „Vorkommnissen“ in Erlenbach folgendermaßen:... Am 2.10.1938 wurde in Erlenbach (Kreis Pirmasens) eine Demonstration gegen die Juden veranstaltet. Das Haus des jüdischen Viehhändlers Pfeiffers wurde mit Steinen beworfen. Der Jude behauptet jetzt, daß ihm am 6.10.1938 für etwa 1.000 RM Einrichtungsgegenstände, Wäsche usw. gestohlen worden seien.Die Täter konnten für alle diese Vorkommnisse, die spontan aus dem Willen der Gesamtbevölkerung entstehen, nicht ermittelt werden. Die Bevölkerung will die Juden aus den Dörfern forthaben und rächt sich auf diese Art für das freche Auftreten der Juden während der Spannungszeit im September. ...

Der Erlenbacher Synagogenbau blieb während des Novemberpogroms äußerlich unbeschadet. Allerdings war bereits einen Monat zuvor die Inneneinrichtung zerstört worden und das Gebäude von Westwall-Baubehörden in Beschlag genommen worden; es diente seitdem als Zementlager. Endgültig zerstört wurde das ehem. Synagogengebäude bei einem Bombenangriff im März 1945; die Ruine wurde Jahre später niedergelegt. Die letzten beiden in Erlenbach verbliebenen jüdischen Dorfbewohner wurden Ende Oktober 1940 nach Gurs deportiert.

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem wurden elf gebürtige Erlenbacher Juden Opfer der NS-Gewaltherrschaft (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/erlenbach_ps_synagoge.htm).

 

Ende der 1970er Jahre stellte der Erlenbacher Gemeinderat die Errichtung eines Gedenksteines in Aussicht. Allerdings erinnert heute kaum etwas an die ehemaligen jüdischen Bewohner des Dorfes.

2007 hat man im Ort die ersten sog. „Stolpersteine“ verlegt.

aus: Archiv 'Arbeitskreis Judentum im Wasgau'

 

Hinweis: Im unterfränkischen Erlenbach hatte bis gegen 1860/1870 auch eine kleine israelitische Kultusgemeinde existiert.

 

 

Im Wasgau hat es noch drei weitere jüdische Gemeinden gegeben, und zwar in Busenberg, Dahn und Vorderweidenthal.

 

 

 

Weitere Informationen:

Ulrike Minor, Kein Denkmal, keine Inschrift hält die Erinnerung wach - Das Schicksal der jüdischen Bürger am Beispiel von Dahn, Erlenbach und Busenberg, in: "Die Rheinpfalz - Ausgabe Pirmasens" vom 9.11.1988

Otmar Weber, Die Dahner Synagoge - ein erhaltenswertes jüdisches Kulturdenkmal im Wasgau, Dahn 1993

Leonhard Scherg/Martin Harth, Juden im Landkreis Marktheidenfeld - Beiträge zur Geschichte und Kultur der Juden im ehemaligen Landkreis Marktheidenfeld, Hrg. Historischer Verein Marktheidenfeld und Umgebung e.V., Marktheidenfeld 1993, S. 51 - 57

Bernhard Kukatzki, Jüdisches Leben in Erlenbach bei Dahn, in: "SACHOR - Beiträge zur Jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit in Rheinland-Pfalz", Heft 12/1996, S. 44 - 54

Otmar Weber, Wie eine weiße Lilie in ihrer ersten Blüte ..., Der jüdische Friedhof Busenberg - Die zentrale Begräbnisstätte im Wasgau, Dahn 1998

Stefan Fischbach/Ingrid Westerhoff (Bearb.), “ ... und dies ist die Pforte des Himmels. Synagogen. Rheinland-Pfalz Saarland, Hrg. Landesamt für Denkmalpflege, Mainz 2005, S. 146/147

Otmar Weber, Die Synagogen in der Pfalz von 1800 bis heute. Unter besonderer Berücksichtigung der Synagogen in der Südwestpfalz, hrg. von der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Pfalz (Landau), Dahn 2005, S. 221/222

Erlenbach, in: alemannia-judaica.de (mit einigen Dokumenten zur jüdischen Ortsgeschichte)

Otmar Weber (Red.), Zweite Stolpersteinverlegung in Dahn, Busenberg und Erlenbach, hrg. vom Arbeitskreis Judentum im Wasgau, Nov. 2007