Gebweiler (Elsass)

Kreis Colmar.png Els-hau-gu-gu.png Das im Oberelsass gelegene Gebweiler ist das heutige frz. Guebwiller mit derzeit ca. 11.000 Einwohnern (Ausschnitt aus hist. Karte von 1905, G. am unteren Bildrand, aus: wikipedia.org, gemeinfrei  und  Kartenskizze der Region, J. 2006, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0).

 

In Gebweiler, dem städtischen Mittelpunkt des ausgedehnten Landbesitzes der Reichsabtei Murbach, existierte bereits in der zweiten Hälfte des 13.Jahrhunderts eine organisierte jüdische Gemeinde. Sie umfasste etwa 60 bis 70 Personen. Eine Synagoge wurde erstmals um 1330 erwähnt. Ihren Lebenserwerb bestritten die in Gebweiler ansässigen Juden vor allem mit dem Geld- und Kreditgeschäft. Während der Pestpogrome fand die Gemeinde ein gewaltsames Ende; alle Juden Gebweilers sollen damals umgebracht worden sein. In den Folgejahrhunderten haben nur zeitweilig jüdische Familien in der Kleinstadt gelebt; ihre endgültige Vertreibung bzw. ein Verbot einer Ansiedlung erfolgte im Jahre 1563.

Eine neuzeitliche Gemeinde in Gebweiler gründete sich in der zweiten Hälfte des 18.Jahrhunderts; aus kleinsten Anfängen entwickelte sich im Laufe des 19.Jahrhunderts eine zahlenmäßig starke israelitische Gemeinschaft. Ausdruck dieser Größe war die 1872 fertiggestellte Synagoge, die ein kleineres, aus dem beginnenden 19.Jahrhundert stammendes Gebäude ersetzte.

          aus der Zeitschrift „Der Israelit“ vom 21.Aug. 1872

    Guebwiller Synagogue 03.JPG Eingangsportal der Synagoge (Aufn. R. Hammann, 2015, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 4.0)

Eine eher seltene Stellenanzeige einer jüdischen Gemeinde erschien im Januar 1878, als man in Gebweiler eine „Lehrerin“ (!) suchte:

  http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20118/Gebwiller%20Israelit%2009011878.jpg

Stellenangebote aus der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. bzw. 23.Januar 1879

Seit dem 17. Jahrhundert war der jüdische Friedhof in Jungholtz Begräbnisplatz von jüdischen Gemeinden einer weiten Umgebung; so wurden auch Verstorbene aus Gebweiler hier begraben. (vgl. Jungholtz/Elsass)

Seit dem Jahre 1910 war Gebweiler Sitz eines Rabbinats; bis zu diesem Zeitpunkt hatte es - über mehrere Jahrzehnte hinweg - Versuche gegeben, ein Rabbinat hier zu etablieren.

Juden in Gebweiler:

         --- 1784 ........................   7 jüdische Familien (40 Pers.),

    --- 1849 ........................ 249 Juden,

    --- 1861 ........................ 287   “  ,

    --- 1900 ........................ 298   “  ,

    --- 1910 ........................ 295   “  ,

    --- 1936 ........................ 126   “  ,

    --- 1953 ........................ 134   “  .

Angaben aus: Michel Rothé/Max Warschawski, Les synagogues d’Alsace et lieur histoire, S. 52

Anmerkung: Wesentlich andere (weit höhere) demographische Angaben werden gemacht in: The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust (Vol. 1), New York University Press, Washington Square, New York 2001, S. 467

Gebweiler Elsass Hauptstrasse Rathaus  / Guebwiller /Arrond. de Guebwiller 0 Hauptstraße in Gebweiler (hist. Postkarte, aus: oldthing.de)

 

1940 wurde die noch in Gebweiler/Guebwiller verbliebenen jüdischen Bewohner von den deutschen Besatzern nach Südfrankreich abgeschoben und von dort deportiert.

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des „Gedenkbuches – Opfer der Verfolgung der Juden ...“ wurden 34 aus Gebweiler stammende bzw. längere Zeit hier ansässig gewesene jüdische Bewohner Opfer der „Endlösung (namentliche Nennunfder betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/guebwiller_synagogue.htm) .

Die in der NS-Zeit geplünderte und demolierte Synagoge wurde in den 1950er Jahren restauriert, nachdem sich in Guebwiller wieder Bewohner jüdischen Glaubens niedergelassen hatten. Damals wurden etwa 130 Personen mosaischen Glaubens in der Stadt gezählt.

http://www.alemannia-judaica.de/images/Alsace%201/Guebwiller%20Synagogue%20103.jpg 

synagogue de Guebwiller

Synagogengebäude (Aufn. J. Hahn, 2003) und Synagogeninnenraum (Aufn. M. Rothé bzw. C., 2016, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 4.0)

 

 

Weitere Informationen:

Michel Rothé/Max Warschawski, Les synagogues d’Alsace et lieur histoire, Jerusalem 1992, S. 161

Gerd Mentgen, Studien zur Geschichte der Juden im mittelalterlichen Elsaß. Forschungen zur Geschichte der Juden, in: "Schriftenreihe der Gesellschaft zur Erforschung der Geschichte der Juden e.V.", Verlag Hahnsche Buchhandlung, Hannover 1995, S. 37 f.

Dominique Toursel-Harster, Jean-Pierre Beck, Guy Bronner, Dictionnaire des monuments historiques d’Alsace, Strasbourg 1995, S. 147/148

The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust (Vol. 1), New York University Press, Washington Square, New York 2001, S. 467

Dennis Ingold (Red.), Juifs du prince-abbé: les Juifs de Guebwiller, in: "Achives juives", Band 35-2/2002, S. 102 - 115 (auch online abrufbar unter: cairn.info/revue-archives-juives)

Guebwiller, in: alemannia-judaica.de (mit Dokumenten zur jüdischen Ortshistorie)