Gotha (Thüringen)

Feuerwehr in Thüringen - Wikiwand Datei:Karte-HSG.png Mit derzeit ca. 46.000 Einwohnern ist Gotha die fünftgrößte Stadt des Freistaates Thüringen - zwischen Erfurt (im O) und Eisenach (im W) gelegen (Kartenskizze 'Thüringen', aus: wikiwand.com  und  hist. Karte des Herzogtums Sachsen-Gotha, aus: wikipedia.org, gemeinfrei). 

Gotha war von 1640 bis 1825 Residenzstadt des Herzogtums Sachsen-Gotha-Altenburg und ab 1826 Haupt- u. Residenzstadt des Herzogtums Sachsen-Coburg und Gotha.

 

Die ersten Juden müssen sich bereits um das Jahr 1200 in Gotha angesiedelt haben; denn im Jahre 1212 wurde von einem Pogrom berichtet; ein weiteres folgte 1303 im Nachgang eines angeblichen Ritualmordes in Weißensee. Die in der ersten Hälfte des 14.Jahrhunderts in Gotha lebenden jüdischen Familien wurden während des Pestpogroms verfolgt, getötet oder vertrieben. Wenige Jahrzehnte später siedelten sich erneut Juden nahe des Marktes in der „Judengasse“ (heute "Jüdenstraße") an; die kleine Gemeinschaft, die vor allem vom Geld- und Pfandhandel lebte, unterhielt in der Stadt eine Jeschiwa mit einem Rabbiner ("Judenmeister") an der Spitze. Um 1465 sollen alle Juden aus Gotha wieder vertrieben worden sein.

Gotha um 1550/1570 - Holzschnitt (Abb. aus: wikipedia.org, gemeinfrei)

Nach Ende des Dreißigjährigen Krieges sicherte der Landesfürst "seinen" Juden Schutz „bei Handel und Wandel“ zu (1768). Gottesdienste durften sie aber nur in privaten Räumen abhalten. Ab ca. 1870 besaß die religiöse „Genossenschaft“ einen Betsaal in der Siebleber Straße.

 

Stellenangebote der jüdischen Gemeinde (links: „Der Israelit“ vom 15.4. 1868  -  rechts: "CV-Zeitung" vom 14.8.1924)

Eine Beschreibung des Gemeindelebens in Gotha ist in einem Artikel der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. April 1879 zu entnehmen; hier hieß es u.a.: „ … Diese inmitten einer fruchtbaren Umgebung gelegene, gewerbereiche, park- und schlössergeschmückte Stadt, der schönsten Perlen Thüringens Eine, welche seit Jahrhunderten den Juden ihre Thore verschlossen hatte, birgt jetzt ebenfalls eine jüdische Gemeinde in ihren Mauern. Von jüdischen Handelsleuten, namentlich Pferdehändlern, seit langen Zeiten schon viel gesucht und genannt, boten ihre Lage sowohl, als auch die humanen Regierungsgrundsätze des jetzt regierenden Herzogs gewerbe- und handelsbeflissenen Israeliten einen nicht geringen Anziehungspunkt zur Niederlassung, so daß schon 1866 sich dort eine Gemeinde constituiren konnte, welcher 1870 von der Regierung die Rechte eine juristischen Person ertheilt wurde. Die Gemeinde zählt gegenwärtig 30 -40 Mitglieder. Sie unterhält eine Religionsschule, hat eben noch keine eigene Synagoge, wohl aber bereits einen kleinen, durch freiwillige Spenden entstandenen und durch solche immer mehr anwachsenden Fond zum dereinstigen Bau einer solchen. Außer den zur Gemeinde gehörigen Israeliten wohnen auch mehrere Israeliten daselbst, welche sich dem Gemeindeverbande nicht angeschlossen haben. Im Herzogtume Coburg-Gotha herrscht nämlich Seitens des Staates kein Gemeindezwang. … Wir können ... mit Vergnügen constatiren, daß deren Leitung sich in sehr guten Händen befindet und bei dem religiösen Sinne des Vorstandes sowohl, als auch des größten Theiles der so viele hoch achtbare Mitglieder in sich schließenden Gemeinde eine Weiterentwicklung der Institutionen derselben im Geiste und im Sinne echtjüdischer Frömmigkeit zu hoffen ist. … Ein Anschluss an das Großh. Sächs. Landrabbinat oder an das Rabbinat in Erfurt dürfte sich daher der Gemeinde Gotha sehr empfehlen.“

Im Jahre 1904 weihte dann die jüdische Gemeinde ihr neues Synagogengebäude in der Hohenlohestraße (heute Moßlerstraße) ein, das im neogotischen Stile nach Plänen des Gothaer Architekten Richard Klepzig errichtet worden war.

                 In einem Bericht der „Allgemeinen Zeitung des Judentums” vom 27.Mai 1904 hieß es:

Gotha, 19.Mai. Am 11. d. M. wurde unsere neue Synagoge in wahrhaft feierlicher Weise eingeweiht. Anwesend waren der Oberbürgermeister ... Im Namen der Regierung war Staatsminister Hentig erschienen, der folgende Ansprache hielt: “Im Namen Sr. Durchlaucht des Regenten und der Herzoglichen Staatsregierung danke ich zuvörderst für die freundliche Einladung zur heutigen Feier. Jede neue Stätte, die dem Gottesdienst errichtet wird, ist ein ragendes Zeichen für die Unvergänglichkeit des religiösen Sinnes in der menschlichen Natur, ein Denkmal des fortlebenden Idealismus, der nicht aufhört, nach dem Höchsten zu suchen und den irdischen Menschen im tiefsten und innersten Zusammenhang mit dem Ewigen zu denken. Solcher Sinn kann nur im Frieden der Religionsgemeinschaften untereinander gehütet und gepflegt werden....” ... Der Minister gab den Schlüssel an den Herrn Oberbürgermeister Liebetreu weiter, der ihn mit Worten des Dankes für die Einladung und mit dem Versprechen, stets die Interessen der Gemeinde zu wahren, in Empfang nahm. Hierauf wurden die Pforten des Gotteshauses geöffnet und die Ehrengäste traten ein, von der versammelten Gemeinde mit dem Gesange des Boruch habo begrüßt. Nachdem Lehrer Roethler den Psalm 30 und dann im Wechselgesang mit dem Chor weitere Psalmen wirkungsvoll vorgetragen, sprach er ein warm empfundenes Gebet für Kaiser, Herzog und Regenten, worauf die von den Ältesten der Gemeinde getragenen Thorarollen unter den religiösen Gesängen in die heilige Lage gestellt wurden. Die Festpredigt hielt Landrabbiner Dr. Prager-Kassel. ....

http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20392/Gotha%20Synagoge%20IMG_20150618_0002.jpg

Synagoge und -innenraum in Gotha (hist. Postkarte/hist. Aufn., um 1905, Stadtarchiv Gotha)

Prägend für das jüdische Leben Gothas zeichnete der Hofbankier und Kommerezienrat Jacob Goldschmidt (geb. 1848 in Witzenhausen).

Zur Gothaer Gemeinde zählten auch Familien aus Waltershausen, Friedrichsroda, Ohrdruf, Georgenthal und Tennstedt.

Vor dem Siebleber Tore durften die seit den 1760er Jahren in Gotha lebenden Juden ihren Begräbnisplatz anlegen; dieser ca. 70 Jahre genutzte Friedhof wurde dann 1829 - mit Genehmigung der Regierung des Herzogtums Gotha (Herzog Ernst I.) – durch einen neuen „neben dem Siechhofe am Wege nach Kindleben" (an der heutigen Erfurter Landstraße) befindlichen ersetzt. Dieses Areal nutzte man etwa vier Jahrzehnte bis zur Anlegung des neuen jüdischen Friedhofs (um 1870) - stadtauswärts an der Eisenacher Straße/Abzweigung "In der Klinge" (als Teil des nicht mehr bestehenden städtischen Westfriedhofes) gelegen.

Juden in Gotha:

         --- um 1420 ........................  10 jüdische Familien,

    --- um 1770 ........................   4     “       “    ,

    --- um 1870 ........................  13     “       “    ,

    --- 1887 ...........................  62     “       “    ,

    --- 1896 ........................... 297 Juden,

    --- 1905 ....................... ca. 300   "  ,*   * Gemeindemitglieder

    --- 1913 ........................... 372   “  ,

    --- 1925 ........................... 348   “  ,*

    --- 1930 ....................... ca. 350   “  ,*

    --- 1933 (Juni) .................... 264   “  ,**    **gesamte Gemeinde ca. 400 Pers.

    --- 1939 ...........................  80   “  ,

    --- 1940 ....................... ca.  30   “  ,

    --- 1941/42 ........................  39   “  ,

    --- 1945 ...........................  keine.

Angaben aus: Die Novemberpogrome - Gegen das Vergessen - Eisenach, Gotha, Schmalkalden ...

undefinedGotha um 1850 - Stahlstich (Abb. aus: wikipedia.org, CCO)

Jüdische Gewerbetreibende besaßen bereits im ausgehenden 19. Jahrhundert eine recht bedeutende Stellung im ökonomischen Leben der Stadt; ihnen gehörten zahlreiche Geschäfte (Kaufhäuser, Schuh- u. Textilgeschäfte), Fabriken (ein lederverarbeitendes Unternehmen, eine Metallwarenfabrik u. eine Porzellanmanufaktur) und Landesprodukten- u. Viehhandlungen. 1933 praktizierten in Gotha sieben Ärzte und ein Rechtsanwalt mosaischen Glaubens. 

https://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20225/Gotha%20AZJ%2017031887.jpg http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20225/Gotha%20Israelit%2030051904.jpgStellenangebote 1887/1904

Der besonders sich in Thüringen ausbreitende Antisemitismus führte dazu, dass bereits Anfang der 1930er Jahre zahlreiche Juden Gothas ihre Heimatstadt verließen.

          http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20255/Gotha%20Israelit%2026101933.jpgaus einer Zeitungsnotiz vom Okt. 1933

In der August-Ausgabe des „Judenspiegel” (Beilage des „Gothaer Beobachter”) erschien im Jahre 1935 unter Überschrift „Beim Juden kaufen ist unmoralisch” der folgende Artikel:

Trotz unserer immerwährenden Aufklärungsarbeit über das Judentum, gibt es immer noch zahlreiche artvergessene Volksgenossen, die es nicht unterlassen können, ihre Einkäufe beim Juden zu tätigen. Wenn man nun einmal einen solchen Volksgenossen zur Rede stellt, erklärt er meistens” ‘Ja ich wußte nicht, das dies ein Judengeschäft ist’. Um hier nun ein für allemal vorzubeugen, veröffentlichen wir nachstehend sämtliche jüdischen Geschäfte in Gotha. ... Diejenigen deutschen Volksgenossen, die es aber trotzdem nicht unterlassen können, beim Juden zu kaufen, sind kein Teil des Volkes mehr, der die öffentliche Meinung darstellt. Die deutsche öffentliche Meinung vertritt vielmehr die Auffassung von dem sittlichen Unwert des Einkaufens beim Juden. ...

In der Septemberausgabe des „Judenspiegel” 1935 erschien auf der Titelseite eine Auflistung aller in der Stadt lebenden Juden mit der Aufforderung an alle „Volksgenossen“, jeden Kontakt mit ihnen abzubrechen. Ende Oktober 1938 existierten in Gotha noch 13 jüdische Geschäfte. Wiederholt wurden die „anständigen deutschen Volksgenossen“ in der lokalen NS-Presse aufgefordert, diese Geschäfte unbedingt zu meiden. Oft wurde die Tatsache bemängelt, dass in Gotha „immer noch nicht alle Judenläden jedem klar erkenntlich gemacht” worden wären. In den frühen Morgenstunden des 10.November 1938 stand die Gothaer Synagoge in Flammen und brannte - unter den Augen einer größeren Menschenmenge - bis auf die Grundmauern nieder.

Aus der lokalen NS-Presse („Gothaer Beobachter”) vom 11.November 1938:

Der Brand in der Hohenlohestraße

Wie wir gestern schon kurz berichteten, wurde auch in Gotha der feige hinterhältige Judenüberfall auf den deutschen Diplomaten in Paris mit einer Demonstration der Empörung gegen das Gothaer Judentum beantwortet. Schon kurz nach dem Bekanntwerden des Hinscheidens des Botschaftsrates 1.Klasse vom Rath hatten sich im Stadtinnern zahlreiche Volksgenossen zusammengefunden, um ihrer Empörung Luft zu machen. In der Mitternachtsstunde erreichten diese Demonstrationen ihren Höhepunkt. Jedoch vollzog sich alles reibungslos und in geordneter Disziplin. Keinem Juden wurde auch nur ein Haar gekrümmt. Aber ihre Synagoge mußte dran glauben. Die Demonstranten zogen nach der Hohenlohestraße und in kurzer Zeit stand das jüdische Bethaus in Flammen. ... Im Nu stand die Kuppel in hellen Flammen, die Feuerwehr rückte heran und sorgte dafür, daß der Brand auf das Gebäude beschränkt blieb. Nach einigen Stunden, gegen 5 Uhr morgens, ging das Feuer zurück. Die Synagoge ist mit allem Inventar vollständig ausgebrannt. Es stehen lediglich noch die Außenmauern. ... Gestern vormittag hatte sich der Brand der Synagoge in der Stadt schnell herumgesprochen, die Brandstätte wurde im Laufe des gestrigen Tages von zahlreichen Schaulustigen besucht. ...

Etwa 50 Juden aus Gotha und dem Landkreis wurden inhaftiert und z.T. ins KZ Buchenwald verbracht.

                 Aus einem Bericht der SD Außenstelle Gotha, vermutlich von Anfang Jan. 1939:

„ ... Die großen politischen Ereignisse haben dazu geführt, daß endlich auch die Teile der Bevölkerung, die ... noch ständig Kunden der jüdischen Geschäftsleute waren, mehr und mehr ihre Fehler einsehen, sodaß die noch bisher in Gotha gewesenen jüdischen Geschäfte immer geringeren Zuspruch hatten. ... Wie im gesamten Reich, so wurde auch in Gotha in der Nacht vom 9. zum 10.11.1938 eine allgemeine Aktion gegen die Juden durchgeführt. Hierbei wurden aus dem Stadt- und Landkreis Gotha insgesamt 52 männliche Juden in Haft genommen, von denen 28 in das Konzentrationslager Weimar-Buchenwald überführt wurden.

Während die Verhaftungen durchgeführt wurden, brannte die Gothaer Synagoge nieder. Diese Aktion hat unter der Bevölkerung Gothas stärkste Befriedigung ausgelöst. ... Infolge der im ganzen Reich durchgeführten Arisierung der jüdischen Geschäfte gingen auch in Gotha der größte Teil der jüdischen Kaufhäuser und Betriebe in arischen Besitz über. ... Die meisten jüdischen Geschäftsleute und Ärzte haben auch ihren Haushalt aufgelöst und sind zum Teil ausgewandert oder verzogen. ...”

                   Die Synagogentrümmer wurden im Frühjahr 1939 auf Kosten der jüdischen Gemeinde abgetragen.

Die wenigen noch in der Stadt lebenden jüdischen Bewohner wurden 1941/1942 deportiert.

Mehr als 100 gebürtige bzw. längere Zeit in Gotha wohnhaft gewesene jüdische Bürger wurden nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden..." Opfer des Holocaust (namentliche Nennung der Opfer siehe: alemannia-judaica.de/gotha_synagoge.htm).

Eine einzige Überlebende kehrte nach Kriegsende aus Theresienstadt nach Gotha zurück.

Seit 1988 erinnert ein Denkmal an die 1940 abgerissene Synagoge in der Moßlerstraße; die Plastik des Gothaer Künstlers Hans Klein ist in Form von zwei abgewinkelten Stahlprofilen gestaltet, die die Pfähle eines Zaunes und zerborstene Fenster einer Synagoge symbolhaft darstellen sollen (Abb. C., 2015, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0); eine Tafel mit folgender Beschriftung ist dort angebracht:

An dieser Stelle stand die im Jahre 1904 geweihte Synagoge der jüdischen Gemeinde Gotha.

Sie wurde in der Pogromnacht des 9.November 1938 von den Faschisten durch Brandstiftung zerstört.

Anm.: Diese freistehende Gedenkstele ist jüngst abgebaut worden und soll künftig in einem auf dem Gelände neu entstehenden Einkaufszentrums wiederzufinden sein.

Der 2020 eingeweihte Gedenkort auf dem Gelände des neu entstandenen Fachmarktzentrums zwischen Garten- und Moßlerstraße besitzt neben einem Modell der Synagoge ein großes Relief des Davidsterns, zudem zwei Stelen und Informationstafeln.

 

Gothaer Synagoge - Modell erstellt von Thomas Strauß (Aufn. S.Woelk, 2020, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 4.0)

Ein Teilstück der Lenaustraße (zwischen der Moßlerstraße und der Gartenstraße, an dem die Synagoge stand) wurde von der Stadt Gotha 1991 in „An der Synagoge“ umbenannt.

Der jüdische Friedhof der Stadt Gotha an der Eisenacher Straße besitzt auf einer Fläche von ca. 2.800 m² noch etwa 170 markierte Grabstätten. Seit 1988 erinnert ein Gedenkstein am Standort der einstigen Trauerhalle (abgerissen Anfang der 1980er Jahre) an das Schicksal der verfolgten und ermordeten jüdischen Bürger der Stadt. In den Jahren 2004 und 2008 wurde der Friedhof geschändet.

 Gotha-Jüdischer-Friedhof-1-CTH.JPG

Jüdischer Friedhof in Gotha (Aufn. G., 2015, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 4.0  und A., 2014, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)

Beginnend im Jahre 2006 wurden in bislang 18 Etappen insgesamt nahezu 100 sog. „Stolpersteine“ in das Gehwegpflaster Gothaer Straßen verlegt, die Opfern der NS-Gewaltherrschaft gewidmet sind (Stand 2024).

Stolperstein Mohrenstraße 2, Gotha-Markus Prinz.JPGStolperstein Mohrenstraße 2, Gotha-Sophie Prinz.JPGStolperstein Hünersdorfstraße 13, Gotha-Gertrud Ledermann.JPGStolperstein Hünersdorfstraße 13, Gotha-Elsa Ledermann.JPGStolpersteine Hünersdorfstr. 22, Gotha-Oswald Schleyen.JPGStolpersteine Hünersdorfstr. 22, Gotha-Bertha Schleyen.JPG Stolpersteine Hünersdorfstr. 22, Gotha-Bernhardt Schleyen.JPGStolperstein Gartenstraße 32b, Gotha-Betty Heilbrunn.JPGStolperstein Gartenstraße 32b, Gotha-Margot Heilbrunn.JPGStolperstein Gartenstraße 32b, Gotha-Leo Heilbrunn.JPG

 "Stolpersteine" in der Mohrenstraße, Hünersdorfer Straße u. Gartenstraße (Aufn. aus: wikipedia.org, CCO bzw. CC BY-SA 3.0)

 

 

 

In Friedrichroda – südwestlich von Gotha gelegen - lebten seit Mitte des 19. Jahrhunderts wenige jüdische Familien, ohne dass es je zu einer Gemeindegründung kam; die hiesigen jüdischen Bewohner waren der Kultusgemeinde Gotha angeschlossen. Mehrere jüdische Kureinrichtungen und Pensionen gab es im Ort. Unter den jüdischen Restaurants ist besonders das streng rituell geführte „J.Weil´s Witwe“ zu nennen (es war in den Jahren zuvor in Bad Liebenstein).

                                                                                             Anzeige von 1904

Nachweislich wurden neun gebürtige bzw. länger in Friedrichsroda lebende jüdische Einwohner Opfer der Shoa.

In den Gehwegen Friedrichrodas erinnern einige sog. „Stolpersteine“ an ehemalige jüdische Einwohner, die ihre Heimat verlassen mussten; allein sieben Steine sind Angehörigen der Familie Kahn gewidmet, die die NS-Herrschaft nicht überlebten.

 undefinedundefinedundefinedundefinedundefinedundefinedundefined verlegt Rosenau (Aufn. T., 2024, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 4.0)

Stolperstein in Friedrichroda, Schreibersweg 3 für Rosa Pfeffer-CTH.jpgStolperstein in Friedrichroda, Schreibersweg 3 für Bettina Pfeffer-CTH.jpgStolperstein in Friedrichroda, Schreibersweg 3 für Helene Misch-CTH.jpg Friedrichroda-Stolperstein-Wilhelmstraße 1-CTH.JPG

verlegt im Schreibersweg und Wilhelmstraße (Aufn. C., 2017, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 4.0)

 

 

 

Auch in Waltershausen – zweitgrößte Stadt im Landkreis Gotha mit derzeit ca. 13.000 Einwohnern - hält man das Gedenken an die ehemaligen jüdischen Einwohner mit sog. „Stolpersteinen“ wach.

Anfang der 1930er Jahre hatten in Waltershausen neun jüdische Familien gelebt, die der Gothaer Kultusgemeinde angehörten. Rund um den Marktplatz (in der Hauptstraße, Bremerstraße, Quer- und Beckengasse) hatten die zumeist als Kaufleute tätigen Juden ihre Geschäfte, vorwiegend Textilläden. Durch Emigration und Deportation wurden die Waltershäuser Juden ihrer Heimat beraubt; nur eine einzige überlebende Jüdin kehrte 1945 aus den Lagern zurück

Mehrere sog. „Stolpersteine“ erinnern im Ort an ehemalige jüdische Bewohner, die der NS-Gewaltherrschaft zum Opfer fielen oder aus ihrer Heimat vertrieben wurden; eine letztmalige Verlegung von zwei Steinen fand 2020 statt: in der Bremer Straße wird seitdem an das jüdische Ehepaar Leopold u. Rita Linz erinnert.

Stolperstein Quergasse 2, Waltershausen.JPGStolperstein Bremerstraße 1, Waltershausen.JPGStolperstein in Waltershausen, Bremerstraße 2, für Fritz Weinstein-CTH.jpg Stolperstein in Waltershausen, Bremerstraße 2, für Irmgard Reinmann-CTH.jpgStolperstein in Waltershausen, Bremerstraße 2, für Edith Reinmann-CTH.jpg

Fünf "Stolpersteine" (Aufn. A., 2015 aus: wikipedia.org und CT., 2017, wikipedia.org, CC BY-SA 4.0)

 

 

Weitere Informationen:

Germania Judaica, Band III/1, Tübingen 1987, S. 457 – 460

Die Novemberpogrome - Gegen das Vergessen - Eisenach, Gotha, Schmalkalden. Spuren jüdischen Lebens, Hrg. Landesjugendpfarramt der Evangelisch-Lutherischen Kirche Thüringens, Eisenach 1988, S. 37 ff.

Helmut Eschwege, Geschichte der Juden im Territorium der ehemaligen DDR, Dresden 1990, Band II, S. 860 f.

Zeugnisse jüdischer Kultur - Erinnerungsstätten in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen, Tourist Verlag GmbH, Berlin 1992, S. 272/273

M.Brocke/E.Ruthenberg/K.U.Schulenburg, Stein und Name. Die jüdischen Friedhöfe in Ostdeutschland (Neue Bundesländer/DDR und Berlin), in: "Veröffentlichungen aus dem Institut Kirche und Judentum", Hrg. Peter v.d.Osten-Sacken, Band 22, Berlin 1994, S. 374/375

Ausstellung ‘Jüdische Mitbürger in Gotha’, Schülerprojekt (Gotha 1996/97)

Werner Keyl, Die Familie Ruppel in Gotha, in: "Familienforschung in Mitteldeutschland", No.38/1997, Heft 2, S. 55 ff.

Monika Kahl, Denkmale jüdischer Kultur in Thüringen. Kulturgeschichtliche Reihe, Band 2, Hrg. Thüringisches Landesamt für Denkmalpflege, Leipzig 1997, S. 91 f.

Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus - Eine Dokumentation II, Hrg. Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 1999, S. 827 - 829

Spurensuche nach jüdischem Leben in Thüringen, Hrg. Thüringer Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien, Bad Berka 2004

Thomas Ritter, Gegen das Vergessen - vor 100 Jahren wurde die Synagoge geweiht, 34 Jahre später zerstört, in: "Gothaer Heimatbrief", Band 45 (2004), S. 30/31

Sigmar Löffler, Geschichte der Stadt Waltershausen, Bd. I u. II, Erfurt/Waltershausen 2004

Monika Gibas (Hrg.), Quellen zur Geschichte Thüringens: ‘Arisierung’ in Thüringen (1.Halbband). Entrechtung, Enteignung und Vernichtung der jüdischen Bürger Thüringens 1933 - 1945, Landeszentrale für politische Bildung Thüringen, Erfurt 2006, S. 50/51

Maike Lämmerhirt, Juden in den wettinischen Herrschaftsgebieten. Recht, Verwaltung und Wirtschaft im Spätmittelalter, in: "Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Thüringen, Kleine Reihe", Band 21, Böhlau-Verlag, Köln/Weimar/Wien 2007, S. 12 u. S. 284 ff.

Israel Schwierz, Zeugnisse jüdischer Vergangenheit in Thüringen. Eine Dokumentation, hrg. von der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen, Sömmerda 2007, S. 140 – 145

Monika Gibas, „Ich kam als wohlhabender Mensch nach Erfurt und ging als ausgeplünderter Mensch davon“ – Schicksale 1933 – 1945, hrg. von der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen, Erfurt 2008, S. 39 – 50 (Industriellenfamilie Ruppel aus Gotha/Saalfeld)

Gotha mit umliegenden Orten, in: alemannia-judaica.de (mit zahlreichen Dokumenten zur jüdischen Ortshistorie)

N.N. (Red.), Gothaer stolpern über vierte Steinverlegung, in: „Thüringische Landeszeitung“ vom 11.8.2009

Klaus-Dieter Simmen (Red.), Zum sechsten Mal verlegt Gunter Demnig Stolpersteine in Gotha, in: „Thüringische Landeszeitung“ vom 29.9.2011

Peter Ernst (Red.), Juden in Waltershausen, online abrufbar unter: hainichland.de/2016/10/07/juden-in-waltershausen/

N.N. (Red.), Aktion Stolpersteine gegen das Vergessen wird fortgesetzt, in: „Thüringer Allgemeine“ vom 26.9.2013

Claudia Klinger (Red.), Fünf neue Stolpersteine in Gotha verlegt, in: „Thüringer Allgemeine“ vom 5.8.2014

Florian Böttner/Jonas Hildebrand/ChristineLang/Lisa Rothe, Spuren jüdischen Lebens in Gotha, hrg. vom Verein der Freunde und Förderer der Herzog-Ernst-Schule, Gotha 2015

N.N. (Red.), 10. Stolpersteinverlegung und -vortrag in Gotha, in: "Gotha aktuell – Stadtzeitung 'Oscar'" vom 30.9.2015

Julia Löffler (Red.), Gedenken an Opfer der Nazizeit, in: „Thüringer Allgemeine“ vom 18.3.2017

TA (Red.), Acht weitere Stolpersteine, in: „Thüringer Allgemeine“ vom 8.3.2018 (betr. Friedrichsroda und Waltershausen)

Auflistung der Stolpersteine im Landkreis und der Stadt Gotha, online abrufbar unter: wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_im_Landkreis_und_in_der_Stadt_Gotha

Wolfgang Möller (Red.), Das Schicksal der Waltershäuser Juden, in: „Thüringische Landeszeitung“ vom 17.3.2018

Franziska Gräfenhan (Red.), Gotha: Handeln gegen das Vergessen, in: „Thüringer Allgemeine“ vom 26.1.2019

Franziska Gräfenhan (Red.), Drei Mahnmale erinnern an jüdische Familien in Gotha, in: „Thüringer Allgemeine" vom 28.2.2019

N.N. (Red.), Stolpersteine zur Erinnerung im Kreis Gotha, in: „Thüringer Allgemeine“ vom 14.2.2020

Judy Slivi, Die Jüdische Gemeinde Gotha, in: „Heimat Thüringen - Zeitschrift des Heimatbundes Thüringen e.V.", 27. Jg., Heft 2/2020, S. 18 - 20

Wieland Fischer (Red.), Gotha: Mahn- und Gedenkort rückt mitten ins Leben, in: „Thüringer Allgemeine“ vom 26.11.2020

N.N. (Red.), In Gotha werden Stolpersteine für polnische Juden verlegt, in: „Thüringer Allgemeine“ vom 19.8.2021

Matthias Wenzel (Red.), Neue Stolpersteine in Gotha erinnern an Eheleute Pick, in: „Thüringische Landeszeitung“ vom 7.11.2021

Matthias Wenzel (Red.), Von der Synagoge bis zum Porzellanschlösschen, in: "Thüringer Allgemeine“ vom 17.12.2021 (betr. Wirken des Architekten/Baumeisters Richard Klepzig)

Wieland Fischer (Red.), Stolpersteine in Gotha erinnern an jüdische Familie Gutmann, in: „Thüringische Landeszeitung“ vom 20.9.2022

Thomas Strauß/Uta Heinold, Jüdisches Leben in Gotha: die Gothaer Synagoge, Verlag Rockstuhl Bad Langensalza 2022

Claudia Klinger (Red.), Zahl der Stolpersteine in Gotha steigt auf 90, in: „Thüringer Allgemeine" vom 18.2.2023

Matthias Wenzel (Red.), Sieben wohlhabende jüdische Familien in Gotha nachweisbar, in: „Thüringer Allgemeine“ vom 12.5.2023

Matthias Wenzel (Red.), Historie: Die Gothaer Synagoge war sein Lebenswerk, in: „Thüringische Landeszeitung“ vom 16.6.2023

Maike Lämmerhirt (Bearb.), Jüdische Familien in und von Gotha im Mittelalter, in: „Gotha Illustre: Jahrbuch für Stadtgeschichte …“, Band 7/2024, S. 23 - 49

N.N. (Red.), 18.Stolpersteinverlegung in Gotha, März 2024

Rainer Borsdorf, Juden in Thüringen: Vom Kaiserreich bis zum Ende der DDR, hrg. von der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen, 2024 (S. 59)