Jochsberg (Mittelfranken/Bayern)
Jochsberg ist heute ein kleiner Ortsteil der Kommune Leutershausen im mittelfränkischen Landkreis Ansbach (Kartenskizze 'Landkreis Ansbach', Hagar 2010, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0).
Die ersten Belege für jüdische Ansiedlungen in Jochsberg, einem kleinen Dorf bei Leutershausen/Altmühl, stammen aus der Mitte des 14.Jahrhunderts. Erste Spuren einer neuzeitlichen israelitischen Gemeinde sind seit dem beginnenden 18.Jahrhundert zu finden. Gegen Mitte des 19.Jahrhunderts erreichte die hiesige Judenschaft mit ca. 80 Personen ihren zahlenmäßigen Höchststand; ihren Lebensunterhalt verdienten die Familien im Vieh- und Schnittwarenhandel.
Bereits um 1700 ist eine Synagoge nachgewiesen; etwa 100 Jahre später baute man ein neues Gebäude.
Synagoge Jochsberg (hist. Aufn., um 1935, aus: dekanat-leutershausen.de)
Dort befand sich auch ein Schulraum, in dem die jüdischen Kinder Religionsunterricht erhielten; der Lehrer war von der Gemeinde auch gleichzeitig als Vorsänger angestellt. Auch eine Mikwe war im Gebäude untergebracht.
Anzeigen aus: "Der Israelit" von 1886 und 1902
Verstorbene Juden Jochsbergs fanden auf dem Friedhof in Bechhofen ihre letzte Ruhe.
Die Gemeinde von Jochsberg unterstand dem Distriktsrabbinat Ansbach.
Juden in Jochsberg:
--- um 1715 ..................... 6 jüdische Familien,
--- 1807 ........................ 14 “ “ ,
--- 1823 ........................ 12 “ “ ,
--- 1840 ........................ 68 Juden,
--- 1856 ........................ 80 " (ca. 25% d. Bevölk.),
--- 1869 ........................ 45 “ ,
--- 1880 ........................ 54 “ ,
--- 1892 ........................ 75 “ ,
--- 1900 ........................ 30 “ ,
--- 1910 ........................ 14 “ ,
--- 1925 ........................ 2 “ .
Angaben aus: Karl Ernst Stimpfig, Die Juden in Leutershausen, Jochsberg, Colmberg und Wiedersbach, S. 106
Auf Grund von Aus- und Abwanderung wurde die Jochsberger Gemeinde 1920/1921 aufgelöst; die sehr wenigen verbliebenen Juden schlossen sich der Kultusgemeinde Leutershausen an.
Kleinanzeige in der Zeitschrift „Der Israelit“ vom 8.7.1920
Ende des Jahres 1938 verließen die beiden letzten jüdischen Dorfbewohner Jochsberg in Richtung Nürnberg.
Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden ..." wurden zwölf gebürtige Jochsberger Juden Opfer der „Endlösung“ (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/jochsberg_synagoge.htm).
Das einst als Synagoge genutzte Gebäude Am Ring ist heute in Privatbesitz und wird als Wohnhaus und Stallung genutzt; Spuren der einstigen Nutzung sind kaum noch zu erkennen.
Der Hochzeitsstein der Jochsberger Synagoge befindet sich heute im Jüdischen Museum in Schnaittach.
Chuppastein (Aufn. Olaf Jaeschke)
Weitere Informationen:
Israel Schwierz, Steinerne Zeugen jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation, Hrg. Bayrische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, München 1992, S. 172/173
Karl Ernst Stimpfig, Die Juden in Leutershausen, Jochsberg, Colmberg und Wiedersbach - Eine Dokumentation, 2.Aufl., Leutershausen 2001
Gunther Reese (Hrg.), Spuren jüdischen Lebens rund um den Hesselberg, in: "Kleine Schriftenreihe Region Hesselberg", Band 6, Unterschwaningen 2011
Jochsberg, in: alemannia-judaica.de (mit Dokumenten zur jüdischen Ortshistorie)