Jarotschin (Posen)

File:Jarocin map.png - Wikimedia CommonsJarotschin - ca. 25 Kilometer nordwestlich von Pleschen gelegen - ist das polnische Jarocin mit derzeit ca. 26.000 Einwohnern (Ausschnitt aus hist. Karte, aus: wikipedia.org, gemeinfrei und Kartenskizze 'Polen' mit Jarocin rot markiert, K. 2006, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0).

 

In Jarotschin gab es eine jüdische Gemeinde, deren Wurzeln bereits im 17.Jahrhunderts gelegt wurden (Erwähnung eines Bethauses). Zuzüge erfolgten vor allem aus Kalisch und Posen. Neben dem Handel bestritten im 19.Jahrhundert zahlreiche jüdische Familien ihren Lebensunterhalt im Handwerk (als Schneider und Kürschner).

Ein jüdischer Friedhof wurde vermutlich in der zweiten Hälfte des 18.Jahrhunderts angelegt. Das großflächige Areal mit einer Trauerhalle war ehemals mit einer hohen, aus roten Ziegelsteinen gefertigten Mauer umgeben.

Die Gemeindesynagoge stammte aus den 1840er Jahren, die einen älteren Bau - um 1795 erstellt – ersetzte.

                        Synagoge in Jarotschin (hist. Aufn., aus: sztetl.org.pl)

Vermutlich gab es ab ca. 1800 eine Seder-Schule (für Jungen).

Zur Gemeinde zählten auch die jüdischen Familien aus dem Landkreis.

Juden in Jarotschin:

--- 1674 ..........................  37 Juden,

--- 1777 ...................... ca. 100   “  ,

--- 1793 .......................... 321   “  ,

--- 1816 .......................... 208   “  ,

--- 1830 .......................... 531   “  ,

--- 1840 .......................... 548   “  ,

--- 1851 .......................... 628   “  ,

--- 1871 .......................... 435   “  ,

--- 1895 .......................... 292   “  ,

--- um 1910 ................... ca. 200   “  ,

--- 1921 .......................... 113   “  ,

--- 1932 ....................... ca. 50   “  ,

--- 1939 ........................... 52   “  .

Angaben aus: Jarocin, in: sztetl.org.pl

 

In den 1920er Jahre kam es hier zu schweren Pogromen, die von der polnischen Bevölkerungsmehrheit ausgingen; Folge war die Abwanderung zahlreicher jüdischer Familien in größere deutsche Städte.

Anfang der 1930er Jahre lebten noch ca. 120 jüdische Bewohner in der Kleinstadt.

Im Oktober 1939 wurden die verbliebenen jüdischen Bewohner von der deutschen Besatzungsmacht in den Ostteil Polens vertrieben; die allermeisten fanden in den Ghettos und Lagern den Tod.

Das während der NS-Zeit im Innern demolierte Synagogengebäude ist baulich bis auf den heutigen Tag erhalten und diente als Lagerhaus bzw. als Sporthalle.

 Ehem. Synagogengebäude (Aufn. Jacques Lahitte, 2005, aus: wikipedia.org, CC BY 2.5)

Vom ehemaligen jüdischen Friedhof sind nur wenige steinerne Fragmente erhalten; ansonsten wird das Gelände von Bäumen eingenommen.

 

 Der bedeutendste Sohn der jüdischen Gemeinde war Eduard (Jizchak) Lasker (1829–1884), Sohn eines Fabrikanten; er erhielt eine traditionell-jüdische Erziehung. Nach einem Jura-Studium wandte er sich der Politik zu. In der Bismarck-Ära war er zunächst in der Nationalliberalen Partei an herausragender Stelle politisch tätig war; danach wechselte er zur Freisinnigen Partei, er stand in Gegnerschaft zum Reichskanzler Bismarck. Während eines USA-Aufenthaltes verstarb er 1884.

 

 

 

Weitere Informationen:

A.Heppner/J.Herzberg, Aus Vergangenheit und Gegenwart der Juden und der jüdischen Gemeinden in den Posener Landen, Koschmin - Bromberg 1909

The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust (Vol. 2), New York University Press, Washington Square, New York 2001, Vol.1, S. 563

Jarocin, in: sztetl.org.pl

K. Bielawski/Erwa Hejduk (Bearb.), Jarocin, in: cmentarze-zydowskie.pl

Jarocin, in: iajgsjewishcemeteryproject.org/poland/jarocin.html