Jastrow (Westpreußen)

 Mapa Jastrowie - plan Jastrowia. Zobacz gdzie leży Jastrowie na mapie Polski  Das im Kreis Deutsch Krone nördlich von Schneidemühl an der Verkehrsader Berlin/Königsberg gelegene Straßendorf Jastrow - erhielt zu Beginn des 17.Jahrhunderts Stadtrechte. Bei der 1.Teilung Polens (1772) fiel es unter preußische Herrschaft. Das während des Zweiten Weltkrieges stark zerstörte Städtchen kam nach 1945 unter polnische Verwaltung, heißt heute Jastrowie und besitzt derzeit ca. 8.600 Einwohner (Abb. Ausschnitt aus hist. Karte, aus: wikipedia.org, gemeinfrei und Kartenskizze 'Polen' mit Jastrowie markiert, aus: mapa.livecity.pl).

 

Um 1600 wanderten Juden im Dorfe Jastrow ein und wurden hier ansässig; ihr erstes Privileg erhielt die jüdische Gemeinde schon wenige Jahre später; doch war ihnen der Besitz eigener Häuser zunächst nicht erlaubt.

Doch bereits im 16.Jahrhundert hatten jüdische Händler die Jahrmärkte in Jastrow aufgesucht, durften aber nicht im Ort wohnen. Im Jahre 1610 erteilte der Jastrower Stadtrat drei Juden das Bürgerrecht. Im dazu angefertigten Schriftstück hieß es: „Wir Burgermeister und Radt dieses stedleins Jastrow thuen kuhnt und bekennen, das wir uff der Herren Burgermeisters und Rades ihre Schreiben, haben angenommen. In unser Burgerl. Recht die ungleubigen, nahmhafftig Marcussa Jajetha, Joseff Mirafczik und Jacob Jochim, und haben alle drei Burgerpflicht abgegeben uber bein drey thall weil sie alle drei wollen zusammen wohnen, aber es ist unser verdrach mit ihnen also, wen sie nicht zusammen wohnen, sol ein jeder auch seine Burgerpflicht abgegeben.“

Neben dem Handel betätigten sich die drei Juden auch im Schlachtgewerbe, später dann auch im Woll- und Tuchhandel. Erst nach 1700 kam es zu einem weiteren Zug jüdischer Familien nach Jastrow.

Mit dem Erwerb des Jastrower Bürgerrechtes durch Hirsch Ephraim Simon begann der Aufstieg der späteren bekannten Tabakfabrik Simon, die bis zur „Arisierung“ (1938) bestanden hat. Sein im Jahre 1812 ausgestellter Bürgerbrief hatte folgenden Wortlaut:            

,,Ich Hirsch Ephraim Simon schwöre bei Adanai, dem Gott Israels, einen wahren Eid, daß ich, nachdem ich von dem Magistrat zum Bürger hiesiger Stadt angenommen worden, Sr. Königl. Majestät von Preußen, meinem allergnädigsten König und Herrn untertänigst treu und hold, auch dem Magistrat dieser Stadt gehorsam und gegenwärtig, sein will. Ferner schwöre ich für das Beste dieser Stadt und Bürgerschaft nach meinem höchsten Vermögen zu würken, alle mir als Bürger obliegende Pflichten gewissenhaft zu erfüllen und insonderheit der Bestimmungen der allgemeinen Stadtordnung vom 19. November 1808 mich unweigerlich zu unterwerfen und solche aufrecht zu erhalten, überhaupt aber mich in allen Verhältnissen so zu zeigen, wie es einem ordentlichen Bürger eignet und gebührt. Wenn ich falsch schwöre, so müßen mich alle die Strafen treffen, welche mir in der Geschehenen Vermahnung angedeutet worden. Amen!" abgeleistet zum Bürger hiesiger Stadt angenommen hat, und ihn dadurch der einem hiesigen Bürger zustehenden Rechte und Wohltaten, insofern seine Staats-Bürger-Verhältniße und deren Einschränkungen solches gestatten, theilhaftig machen wollen, zu welchem Ende dieser Bürgerbrief ausgefertigt und ertheilt wird.

Geschehen Jastrow, den 6. Juli 1812

(aus: Festschrift zum 100jährigen Bestehen der Fabrik H. E. Simon 1912)

Über eine kleine Synagoge verfügte die damals in recht ärmlichen Verhältnissen lebende Judenschaft schon im ausgehenden 18.Jahrhundert; an ihrer Stelle entstand um die Mitte des 19.Jahrhunderts ein neuer Synagogenbau, der 1867 eingeweiht wurde. Bereits vor 1800 gab es in Jastrow eine einklassige jüdische Schule, die sich im Laufe des 19.Jahrhunderts erheblich vergrößerte. Auf Veranlassung des städtischen Magistrats wurde die Schule geschlossen, lebte aber schon wenig später wieder auf; auch jüdische Kinder des ländlichen Umlandes suchten sie auf. 1890 wurde die Schule erst vorübergehend, 1905 dann endgültig geschlossen.

Ein Beerdigungsareal war schon um 1730 angelegt worden; für dessen Einrichtung musste zweimal im Jahr eine Abgabe an die katholische Kirche entrichtet werden.

Der Jastrower Gemeinde war die Judenschaft aus Zippnow – in den 1880er Jahren aus ca. 50 - 60 Personen bestehend - als Filialgemeinde angeschlossen.

Juden in Jastrow:

--- 1771 .......................... 121 Juden,

--- 1788 .......................... 254   “  ,

--- 1804 .......................... 421   “  (ca. 18% d. Bevölk.)

--- 1816 .......................... 494   “  ,

--- 1839 .......................... 485   “  (ca. 15% d. Bevölk.),

--- 1849 .......................... 509   “  ,

--- 1871 .......................... 417   “  ,

--- 1880 .......................... 422   “  (ca. 8% d. Bevölk.)

--- 1900 ...................... ca. 250   “  ,

--- 1911 .......................... 215   “  ,

--- 1930 ...................... ca. 160   “  ,

--- 1935 .......................... 134   “  ,

--- 1939 (Mai) ................ ca.  80   “  .

Angaben aus: Max Aschkewitz, Zur Geschichte der Juden in Westpreußen, S. 27

und                 Gerhard Salinger, Zur Erinnerung und zum Gedenken. Die einstigen jüdischen Gemeinden Westpreußens, S. 2

 Töpferstraße, um 1900 (aus: commons.wikimedia.org, CCO)

 

Mit der Vertreibung bzw. Deportation der noch in Jastrow verbliebenen jüdischen Familien endete die Geschichte der israelitischen Gemeinde. Bereits 1938 war die hiesige Synagoge zerstört worden.

Vom jüdischen Friedhof haben sich noch einige wenige Grabsteine erhalten; das Areal wird immer mehr von der Vegetation eingenommen.

 Jastrowie, cmentarz żydowski , 2 poł .XVIII.JPGJastrowie , cmentarz żydowski ,2 poł .XVIII.JPG

 Friedhofsgelände von Jastow (Aufn. Janacieslak, 2015, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0)

    zwei alte Grabsteine (Aufn. Janusz Justyna)

 

 

 

In der kleinen Ortschaft Zippnow (poln. Sypniewo, derzeit ca. 1.200 Einw.) lebte eine jüdische Gemeinschaft, die auch über ein Bethaus verfügte. Im ausgehenden 19.Jahrhundert setzte diese sich aus ca. 60 Personen zusammen. Da nach dem Ersten Weltkrieg nur noch drei jüdische Familien in Zippnow wohnten, fanden hier keine Gottesdienste mehr statt; fortan suchten die wenigen Juden die Synagoge im nahen Jastrow auf. 

Am 9.November 1938 wurde am alten Bethaus in Zippnow Feuer gelegt; es brannte völlig nieder. Auch ein jüdisches Geschäft wurde zerstört. Wenige Wochen später haben die wenigen Juden ihren Heimatort verlassen; die allermeisten wurden ca. drei Jahre später von ihren neuen Wohnorten „in den Osten“ deportiert.

 

 

 

Weitere Informationen:

Friedrich Schulz, Chronik der Stadt Jastrow, o.O. 1896

Max Aschkewitz, Zur Geschichte der Juden in Westpreußen, in: Wissenschaftliche Beiträge zur Geschichte und Landeskunde Ost-Mitteleuropas, hrg. vom Johann Gottfried Herder-Institut No. 81, Marburg 1967

Gerhard Salinger, Zur Erinnerung und zum Gedenken. Die einstigen jüdischen Gemeinden Westpreußens, Teilband 2, New York 2009, S. 287 - 314

Jastrowie, in: sztetl.org.pl

B.Krüger/P. u.N. Lüdtke (Bearb.), Die Synagoge von Zippnow, online abrufbar unter: deutsch-krone.com/zippnow-Synagoge.htm