Holitsch/Holíč (Slowakei)
Das slowakische Holíč (ung. Holics) liegt im äußersten Nordwesten des Landes unmittelbar an der Staatsgrenze zu Tschechien (etwa 25 Kilometer östlich vom südmährischen Lundenburg/Břeclav) und besitzt derzeit ca. 11.000 Einwohner.
Hinweise auf die Anwesenheit einzelner jüdischer Familien reichen zurück bis ins 14.Jahrhundert. Dauerhafte Niederlassungen können urkundlich aber erst seit dem 17.Jahrhundert nachgeweisen werden - zu einer Zeit, als Holitsch/Holíč an einer wichtigen Handelsstraße lag, die zum wirtschaftlichen Aufschwung des Städtchens beitrug. Diese Tatsache veranlasste weitere Familien, hier ansässig zu werden. Im Laufe des 18.Jahrhunderts bildete sich eine organisierte jüdische Gemeinde, deren erster Rabbiner Abraham Loebel war.
Zu den gemeindlichen Einrichtungen gehörten eine Synagoge (eingeweiht 1786) und ein Gemeindehaus, eine jüdische Schule (seit 1784) und ein Friedhof mit einer Chewra Kadischa (Beerdigungsbruderschaft).
Synagoge in Holitsch/Holíč - Bildmitte (hist. Aufn.)
Im Jahre 1908 endete das Rabbinat in Holitsch/Holic; fortan gehörten die hiesigen Juden dem Rabbinatsbezirk Skalitz/Skalica an.
Juden in Holitsch/Holíč:
--- um 1735 ..................... ca. 40 jüdische Familien,
--- um 1745 ..................... ca. 50 “ “ ,
--- um 1755 ..................... ca. 65 “ “ ,
--- 1869 ............................ 1.316 Juden,
--- 1900 ............................ 712 " ,
--- 1919 ............................ 503 “ ,
--- 1930 ............................ 386 " ,
--- 1940 ............................ 360 " ,
--- 1948 ............................ 26 “ .
Angaben aus: The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust, Vol. 1, S. 1522
und The Jewish Community of Holic, in: dbs.bh.org.il/place/holic
Nach der Emanzipation durch die ungarische Gesetzgebung (1867) gewann der jüdische Bevölkerungsteil sowohl im wirtschaftlichen als auch öffentlich-kommunalen Leben mehr Einfluss. Einige Familien gelangten zu beträchtlichem Wohlstand.
Mit der Jahrhundertwende beschleunigte sich die Abwanderung jüdischer Familien; unmittelbar nach Ende des Ersten Weltkrieges waren noch ca. 500 Juden in Holíč wohnhaft, weil zahlreiche aus der jüngeren Generation ihre Zukunft in größeren Städten bzw. im Ausland sahen. Zudem trugen antijüdische Unruhen und der Wirkung der zionistischen Bewegung zum Verlassen des Heimatortes bei.
In Folge der slowakischen Staatsgründung und der Etablierung des faschistischen Regimes wurden auch die Juden in Holitsch ihrer Wirtschaftsgrundlage beraubt; Männer wurden nun zu Zwangsarbeiten herangezogen.
Im Laufe des Jahres 1942 erfolgten Deportationen in die Vernichtungslager auf polnischem Boden; nur wenige Juden blieben im Ort zurück; auch sie wurden dann im August 1944 nach Auschwitz-Birkenau verschleppt und ermordet. Nur wenige entkamen der Deportation; sie hatten sich Partisanen in der Region angeschlossen.
Nach Kriegsende kehrten nur etwa 20 bis 30 jüdische Überlebende nach Holíč zurück, verließen den Ort aber bald wieder, um nach Palästina/Israel zu emigrieren.
Von den ehemaligen gemeindlichen Einrichtungen sind nur noch wenige Relikte geblieben. Das ehemalige Synagogengebäude diente als Warenlager, wurde aber später abgerissen.
Grabsteinrelikte (Aufn. aus: iajgscemetry.org)
vgl. Skalitz/Skalica (Slowakei)
Weitere Informationen:
The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust, New York University Press, Washington Square, New York 2001, Vol. 1, S.522/523
Maros Borský, Synagogue Architecture in Slovakia towards creating a memorial landscape of lost community, Dissertation (Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg), 2005
Jewish Families from Holíč, Slovakia, online abrufbar unter: geni.com/projects/Jewish-Families-from-Hol%25C3%25AD%25C4%258D-Slovakia/26046
The Jewish Community of Holic, Hrg. Beit Hatsutfot – Museum of the Jewish People, in: dbs.bh.org.il/place/holic