Hochstadt (Hessen)

Main-Kinzig-Kreis Karte Hochstadt ist heute ein Stadtteil von Maintal mit derzeit ca. 6.200 Einwohnern im äußersten Westen des Main-Kinzig-Kreises - ca. 15 Kilometer östlich von Frankfurt/M. (Kartenskizze 'Main-Kinzig-Kreis', aus: ortsdienst.de/hessen/main-kinzig-kreis).

 

Anfänge jüdischer Ansässigkeit in Hochstadt reichen bis ins ausgehende 16.Jahrhundert zurück, als vier Familien erlaubt war hier zu leben. Die Entstehung einer Gemeinde fällt ins 18.Jahrhundert; diese bildeten die Juden Hochstadts gemeinsam mit denen aus Bischofsheim und Dörnigheim. Die jüdischen Familien lebten mehrheitlich vom Viehhandel; ab Mitte des 19.Jahrhunderts bildete der Kleinhandel, manchmal auch das Handwerk eine weitere Lebensgrundlage. Nach jahrzehntelanger Nutzung eines Betraumes in einem der jüdischen Wohnhäuser wurde um 1850 ein schlichtes Synagogengebäude erbaut, das jeweils 50 Plätze für Männer und Frauen aufwies.  

  aus der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8.12.1887 und 16.10.1899

Anfang der 1870er Jahre wollten die 13 in Dörnigheim lebenden jüdischen Familien eine eigene Gemeinde gründen; obwohl dort bereits Gottesdienste abgehalten wurden, blieb der Wunsch unerfüllt.   
Verstorbene wurden auf dem jüdischen Friedhof in Hanau beerdigt; noch im 18.Jahrhundert hatte es eine Begräbnisstätte („Judenkirchhof“) ganz in der Nähe Hochstadts gegeben.  

Juden in Hochstadt:                              

    --- 1585 ...........................  4 jüdische Familien,

    --- um 1630 ........................  2     “       “    ,

    --- um 1675 ........................  8     “       “    ,

    --- um 1700 ........................ eine   “       “  (),

    --- 1754 ........................... 10 Juden,

    --- 1835 ........................... 35   “  ,

    --- 1861 ........................... 42   “  ,

    --- 1905 ........................... 43   “  ,

    --- 1924 ........................... 35   “  ,

--- 1939 ...........................  5   “  .

Juden in Dörnigheim:

                              --- um 1850 ........................ 18 Juden,

    --- 1835 ........................... 28   “  ,

    --- 1861 ........................... 63   “  ,

    --- 1905 ........................... 14   “  ,

--- 1924 ........................... 10   “  .

Juden in Bischofsheim:

    --- 1825 ........................... 29 Juden,

    --- 1861 ........................... 22   “  ,

    --- 1905 ........................... 34   “  ,

--- 1924 ........................... 25   “  .

                          Angaben aus: Hochstadt, in: alemannia-judaica.de

 

Nach 1933 ist ein Teil der jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und Repressalien verzogen, vor allem nach Frankfurt/M., oder nach Übersee emigriert. Beim Novemberpogrom 1938 wurde von SA-Angehörigen die Inneneinrichtung der Synagoge zerstört; knapp zwei Jahre später ging das Gebäude in den Besitz der Ortsgemeinde über. Der „Hanauer Anzeiger“ vermeldete am 9.Aug. 1940, dass der Ort „endlich judenfrei (sei), nachdem nunmehr auch der letzte hier ansässig gewesene Jude seinen Auszug gehalten (hat). Das in seinem Besitz befindliche Anwesen ist in das Eigentum der Gemeinde übergegangen“.

Von Hochstadt aus wurden die letzten hier noch lebenden fünf jüdischen Personen 1942 nach Theresienstadt deportiert.

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden ..." sind 22 aus Hochstadt, 16 aus Bischofsheim und 18 aus Dörnigheim stammende jüdische Bewohner Opfer der "Endlösung" geworden (namentliche Nennung der betreffenden Personen siehe: alemannia-judaica.de/hochstadt_synagoge.htm).

 

Zur Erinnerung an einen Teil der aus obig genannten Orten umgekommenen Personen mosaischen Glaubens wurden in den vergangenen Jahren etwa 80 sog. „Stolpersteine“ verlegt; vor allem im Ortsteil Wachenbuchen ist deren Zahl vergleichsweise hoch [vgl. Wachenbuchen (Hessen)].   

Stolperstein Joseph Stern, 1, Schwanengasse 4, Dörnigheim, Maintal, Main-Kinzig-Kreis.jpgStolperstein Ludwig Stern, 1, Schwanengasse 4, Dörnigheim, Maintal, Main-Kinzig-Kreis.jpgStolperstein Bertha Stern (1904), 1, Schwanengasse 4, Dörnigheim, Maintal, Main-Kinzig-Kreis.jpgStolperstein Klara Stern, 1, Schwanengasse 4, Dörnigheim, Maintal, Main-Kinzig-Kreis.jpgverlegt in der Schwanengasse in Dörnigheim (Aufn. G., 2022, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 4.0)

Maintal Bischofsheim-Stolpersteine-Niedergasse22-Familie WolffMaintal-Bischofsheim, Stolpersteine Niedergasse1, Familie Blumenthal und Goldschmidt

verlegt in der Niedergasse in Bischofsheim (Aufn. BoeAnn, 2021, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 4.0)                     

Hinweis: Das „Brüder-Schönfeld-Forum e.V.“ in Maintal ist ein Verein zur Förderung des Andenkens an Verfolgte, vor allem in der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft, sowie zur Förderung der Toleranz auf allen Gebieten der Kultur. Auf ihrer Homepage sind die biografischen Daten aller jüdischen Personen verzeichnet, die auf dem Gebiet der heutigen Stadt Maintal gelebt und Opfer der NS-Herrschaft geworden sind.

 

 

 

Weitere Informationen:

Heinrich Lapp, Dörnigheim in Geschichte und Gegenwart, Selbstverlag 1964

Bernd Salzmann, „Keiner will es gewesen sein“ - Dörnigheim im Nationalsozialismus, Stadt Maintal 1991

Studienkreis Deutscher Widerstand (Hrg.), Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933 – 1945, Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt, 1995, S. 217/218

Peter Heckert, Die jüdischen Gemeinden in den früheren Orten der Stadt Maintal (Dörnigheim, Hochstadt, Wachenbuchen, Bischofsheim), online abrufbar unter: peterheckert.org

Hochstadt, in: alemannia-judaica.de (mit diversen Dokumenten zur jüdischen Ortshistorie)

Brüder-Schönfeld-Forum e.V. Maintal, Angaben von 2010

N.N. (Red), Jetzt 77 „Stolpersteine“ in Maintal, in: vorsprung-online.de vom 29.6.2017

Auflistung der im Stadtgebiet von Maintal verlegten Stolpersteine, online abrufbar unter: wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Maintal_(Hessen)

N.N. (Red.), Sohn Heinrich starb im KZ Buchenwald, in: „Hanauer Anzeiger“ vom 30.10.2023 (betr: Schicksal der jüdischen Familie Hartoch)