Ittersweiler (Elsass)

Kreis Schlettstadt.png Ittersweiler - ein kleines Dorf mit derzeit kaum 250 Einwohnern am Fuße der Vogesen, nördlich von Schlettstadt (Sélestat) - ist das an der Elsässischen Weinstraße gelegene heutige Itterswiller (Ausschnitt aus hist. Karte ohne Eintrag von Itterweiler, aus: wikipedia.org gemeinfrei).

 

Im unterelsässischen Ittersweiler existierte seit dem 18.Jahrhundert eine jüdische Gemeinde, die zwischen 1840 und 1860 in ihrer Blüte stand; damals setzte sich die Kultusgemeinde aus ca. 200 Personen zusammen. Ein neues Synagogengebäude wurde Anfang der 1840er Jahre errichtet. Etwa ein halbes Jahrhundert später wurde das Gebäude umfassend renoviert und danach erneut eingeweiht. Ein Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Sept. 1894 berichtete darüber wie folgt: "Ittersweiler, 1. September. Gestern Nachmittag wurde die hiesige Synagoge von Herrn Rabbiner Dr. Staripolski aus Oberehneheim neu eingeweiht. An der Feierlichkeit beteiligten sich die Spitzen der Behörden. ...  Die Festlichkeiten verliefen durchaus imposant und korrekt. Die Renovation ist seit Ostern im Gange und kostet nahe an 10.000 Mark, wozu die Regierung 2.500 DM beigesteuert hat. Der Rest wurde von der israelitischen Gemeinde aufgebracht. Nach dem Weihegebet und der Anrede des Rabbiners folgte das Gebet für seine Majestät und das kaiserliche Haus, worauf die Nationalhymne angestimmt wurde. Hiermit schloß die erhebende Feierlichkeit.  Die Einweihungsfeier war zugleich der erste Besuch, den der Herr Rabbiner dieser Gemeinde seines weit ausgedehnten Rabbinatsbezirkes abstattete. Der Empfang gestaltete sich daher ebenso herzlich wie feierlich. Der Herr Bürgermeister ließ es sich nicht nehmen, den Herrn Rabbiner persönlich vom Bahnhof in seinem eigenen Wagen abzuholen, was wohl der beste Beweis sein dürfte von dem konfessionellen Frieden, welcher unter den verschiedenen Religionen herrscht. ... In seiner Einweihungsrede entwickelte der Rabbiner anknüpfend an die Worte des Propheten Haggai bei Einweihung des Zweiten Tempels 'und an diesem Ort will ich euch Frieden geben...' den Gedanken, daß die Synagoge nichts anderes sein und bewirken will als den Frieden, den Frieden mit der ganzen Welt im Kreise der Menschenliebe."

Die jüdische Gemeinde von Ittersweiler zählte zum Rabbinatsbezirk Niederehnheim, später zu Oberehnheim; gegen Mitte des 19.Jahrhunderts war das Rabbinat zeitweilig nach Ittersweiler verlegt worden. 

Verstorbene Juden aus Ittersweiler wurden auf dem großen jüdischen Friedhof in Rosenweiler (Rosenwiller) begraben.

Juden in Ittersweiler:

         --- 1784 ........................  19 jüdische Familien,

    --- 1807 ........................ 110 Juden,

    --- 1846 ........................ 208   “  ,

    --- 1861 ........................ 184   “  ,

    --- 1870 ........................ 190   “  ,

    --- 1900 ........................  79   “  ,

    --- 1910 ........................  63   “  ,

    --- 1936 ........................  19   “  ,

    --- 1953 .................... ca.  10   “  .

Angaben aus: Michel Rothé/Max Warschawski, Les synagogues d’Alsace et lieur histoire, S. 34

 

Nach dem Dt.-Französischen Krieg (1870/71) verließen zahlreiche jüdische Familien Ittersweiler und verzogen meist in französische Städte.

Anfang der 1930er Jahre war die israelitische Gemeinde in Auflösung begriffen. Die Synagoge wurde auch dann noch benutzt, als Ittersweiler keinen Minjan mehr stellen konnte; so wurden zur Abhaltung von Gottesdiensten an Feiertagen auswärtige Glaubensgenossen hinzugezogen.

                 Aufruf der Gemeinde mittels Stempel (um 1920 ?)

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des „Gedenkbuches – Opfer der Verfolgung der Juden ...“ wurden insgesamt zwölf aus Ittersweiler stammende bzw. längere Zeit hier ansässig gewesene jüdische Bewohner Opfer der Shoa (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/itterswiller_synagogue.htm).

Das während des Zweiten Weltkrieges teilzerstörte Synagogengebäude ist heute noch erhalten und befindet sich in Privateigentum.

                               Synagogengebäude (Aufn. aus: Rothé/Warschawski, um 1960)

 

 

 

Weitere Informationen:

Michel Rothé/Max Warschawski, Les synagogues d’Alsace et lieur histoire, Jerusalem 1992, S.88

Itterswiller, in: alemannia-judaica.de