Issum (Nordrhein-Westfalen)

Jüdische Gemeinde - Kleve (Nordrhein-Westfalen)Bildergebnis für issum Die Kommune Issum mit derzeit ca. 12.000 Einwohnern liegt am unteren Niederrhein ca. 30 Kilometer nördlich von Krefeld bzw. östlich von Geldern und gehört dem Kreis Kleve/Reg.bezirk Düsseldorf an (Ausschnitt aus hist. Karte von 1795 ohne Eintrag von Issum, aus: wikipedia.org, gemeinfrei und Kartenskizze 'Kreis Kleve', TUBS 2008, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0). 

 

Vermutlich siedelten sich Juden ab der zweiten Hälfte des 18.Jahrhunderts im niederrheinischen Issum an; ihre Zahl war aber stets gering und hat zu keiner Zeit mehr als 50 Personen betragen. Für die wenigen in Issum lebenden jüdischen Bewohner existierte bereits gegen Ende des 18.Jahrhunderts ein Betraum. Um 1855 erwarb der Vorsteher der kleinen jüdischen Gemeinschaft ein Grundstück an der Kapellener Straße, auf dessen Gelände dann zehn Jahre später die kleine Synagoge eingeweiht werden konnte.

                   Anzeige zur Synagogeneinweihung   

1869 wurden ein Schulhaus mit Lehrerwohnung und eine Mikwe gebaut; beide waren unmittelbar der Synagoge angegliedert; die Elementarschule bestand aber nur zehn Jahre; als Lehrer fungierte der Kantor der Gemeinde.

Der 1838 angelegte jüdische Friedhof von Issum lag außerhalb des Ortes (in der Bönningardter Heide); hier begrub vermutlich auch die jüdische Gemeinde Geldern bis Mitte der 1860er Jahre ihre Toten. Die Grabsteine auf diesem inzwischen geschlossenen Friedhof - die letzte Beisetzung fand 1931 statt - sind in den letzten Jahren stark verwittert.     

Juden in Issum:

         --- 1806 .........................  21 Juden,

    --- 1843 .........................  32   “  ,

    --- 1857 .........................  42   “  ,

    --- 1863 .........................  50   “  ,

    --- 1906 .........................  28   “  ,

    --- 1931 .........................  16   “  ,

    --- 1938 .........................  12   “  ,

    --- 1942 .........................  keine.

Angaben aus: Elfi Pracht-Jörns, Jüdisches Kulturerbe in Nordrhein-Westfalen, Teil II: Reg. bez. Düsseldorf, S. 337

 

Ab Ende der 1920er Jahre fanden keine Gottesdienste mehr in Issum statt; das Gebäude war bereits um 1900 in den Besitz der Synagogengemeinde Geldern übergegangen, die es 1935 an einen Privatmann veräußerte; so konnte das Synagogengebäude die NS-Zeit unzerstört überdauern. Zu Beginn der NS-Zeit lebten nur noch sechs jüdische Familien in Issum. Die zumeist älteren jüdischen Bewohner wurden 1941/1942 deportiert; am 29.März 1943 wurde offiziell seitens der Behörde vermeldet: „Issum ist judenrein“.

Nur ein einziger jüdischer Bewohner kehrte nach Kriegsende nach Issum zurück.

In den 1980er Jahren wurde man auf das inzwischen verfallene ehemalige Synagogengebäude in einem Hinterhof an der Kapellener Straße aufmerksam; nach kontroversen Diskussionen entschied man sich für eine Restaurierung des 1987 von der Kommune erworbenen Gebäudekomplexes, der zwischenzeitlich unter Denkmalschutz gestellt worden war. Das ehemalige jüdische Bethaus in Issum ist die einzige Landsynagoge am unteren Niederrhein, die heute noch erhalten ist. Im ehemaligen Schulhaus ist heute eine Dokumentation zur Geschichte der Juden am Ort und in der Umgebung sowie eine Ausstellung von jüdischen Kult- und Gebrauchsgegenständen untergebracht.

                                     Issum - Jüdische Friedhöfe in Deutschland und angrenzenden Ländern

                                     Zugang zur Synagoge (Aufn. H., 2014, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0) und Bethaus (aus: juedische-friedhoefe.info)

    Synagoge | Gemeinde IssumEhem. Synagoge Issum Innenraum (Aufn. aus: issum.de)

Der Arbeitskreis "Jüdisches Bethaus" wurde für seinen Beitrag zum kollektiven Gedenken an die ehemalige jüdische Gemeinde in Issum mit dem Josef-Diebels-Bürgerpeis 2008 ausgezeichnet.

Im Kellergeschoss des Schulhauses ist eine Mikwe erhalten geblieben.

Auf dem ca. 1.750 m² großen Friedhofsgelände am Xantener Weg sind 26 Grabsteine erhalten geblieben.

Foto von Grabsteinen am jüdischen Friedhof Jüdischer Friedhof in Issum (Aufn. Gemeinde Issum)

Im Gehwegpflaster vor vier Issumer Wohnhäusern liegen seit dem Jahre 2010 zehn sog. „Stolpersteine“, die die Lebensdaten jüdischer Frauen und Männer tragen; bevor sie der Verfolgung des NS-Regimes zum Opfer fielen, hatten sie hier ihren letzten Wohnsitz.

  Stolperstein für Sigmund MosesStolperstein für Regina Moses geb. David Zwei "Stolpersteine" - verlegt in der Neustraße

Stolperstein Issum Kapellener Straße 5 Ernst Cohen.jpg Stolperstein Issum Kapellener Straße 5 Else Lebenstein.jpg Stolperstein Issum Kapellener Straße 5 Recha Lebenstein.jpg Stolperstein Issum Kapellener Straße 5 Martha Falkenstein.jpg

vier Steine - verlegt in der Kapellener Straße (Aufn. Gmbo, 2018, aus: wikipedia.org, CCO)

[vgl. Geldern (Nordrhein-Westfalen)]

 

 

 

Weitere Informationen:

Ralph Quadflieg, Issum - Eine unbekannte jüdische Religionsstätte, in: "Denkmalpflege im Rheinland", No. 2/1987

Bernhard Keuck, Juden in Issum - Dokumentation zur Übergabe der restaurierten Synagoge in Issum am 6.5.1990, Issum 1990

Johannes van Leuck/Paul Uehlenbruck, Issum - Gemeinde in alten Bildern. Ein bebilderter Stadtrundgang durch die Gemeinden Issum und Sevelen von der Jahrhundertwende bis zur Bildung der heutigen Gemeinde Issum im Jahre 1969, hrg. von der Kommune Issum 1991

Bernhard Keuck, Issum, Geldern und das Landjudentum am Niederrhein, in: L.Heid/J.H.Schoeps (Hrg.), Wegweiser durch das jüdische Rheinland, Nicolaische Verlagsbuchhandlung., Berlin 1992

Jutta Prieur, Juden am unteren Niederrhein im 19. u. 20.Jahrhundert, in: Angela Genger/Kerstin Griese, Aspekte jüdischen Lebens - in Düsseldorf und am Niederrhein, Hrg. Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf, Düsseldorf 1997

Achim Zacharias, Als Werkstatt nicht gebrandschatzt - Die alte Synagoge in Issum, in: "Tribüne - Zeitschrift zum Verständnis des Judentums", Heft 139/1996, S. 86 - 89

Michael Brocke (Hrg.), Feuer an dein Heiligtum gelegt - Zerstörte Synagogen 1938 Nordrhein-Westfalen, Ludwig Steinheim-Institut, Kamp Verlag, Bochum 1999

Elfi Pracht-Jörns, Jüdisches Kulturerbe in Nordrhein-Westfalen, Teil II: Regierungsbezirk Düsseldorf, J.P. Bachem Verlag, Köln 2000, S. 336 - 341

www.ns-gedenkstaetten.net/nrw/de/issum

Christoph Nonn, Zeit der Blüte: Juden in Geldern und Issum 1871 - 1933, in: Bernhard Keuck/Gerd Halmanns (Hrg.), Juden in der Geschichte des Gelderlandes, in: Veröffentlichungen des Historischen Vereins für Geldern und Umgebung, Band 101/2002, Geldern 2002, S. 68 - 132

Gemeinde Issum (Hrg.), Issum und seine Ortsteile, Sutton Verlag Erfurt 2005

Kommune Issum (Hrg.), Ehemalige jüdische Gemeindeeinrichtungen in Issum, online abrufbar unter: issum.de/de/inhalt/synagoge/

Kommune Issum (Hrg.), Stolpersteine in Issum, online abrufbar unter: issum.de/de/inhalt/stolpersteine

Auflistung der in Issum verlegten Stolpersteine, online abrufbar unter: wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Issum

Anika Hegmans (Red.), Versteckte Ruhestätten im Wald, in: "WAZ – Westdeutsche Allgemeine Zeitung“ vom 8.8.2012

Ehemalige Synagoge in Issum, in: villamerlaender.de

Christine van Delden (Red.), Die alte Synagoge – Issums seltener Schatz, in: rp-online.de vom 6.4.2016

Schüler/innen des Geldener Lise-Meitner-Gymnasiums (Red.), Stolpersteine in Issum (Broschüre), hrg. von der Kommune Issum, 2018

N.N. (Red.), Geschichte um Synagoge neu belichtet, in: rp-online vom 21.3.2022