Kappel (Baden-Württemberg)

Bildergebnis für Bad Buchau landkarte Kappel ist seit der 1971 erfolgten Eingemeindung ein Ortsteil der Stadt Bad Buchau im Landkreis Biberach in Oberschwaben - ca. 50 Kilometer südwestlich von Ulm gelegen (Kartenskizze 'Landkreis Biberach', Hagar 2010, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0).

 

Auf dem Territorium des freiweltlichen Damenstiftes Buchau lebten bereits im Mittelalter Juden.

"Buchau Statt und Stifft" - Stich M. Merian um 1645 (Abb. aus: wikipedia.org, gemeinfrei)

Seit den 1790er Jahren waren in Kappel - damals noch dem Stift Buchau zugehörig - mehrere jüdische Familien ansässig; sie wohnten zwischen Kirch- und Riedlinger Straße. Ihre Ansiedlung hatte die damalige Fürstäbtissin ermöglicht. Trotz stets enger Verbindungen zur nahen Buchauer Gemeinde verfügten sie bald über eigene gemeindliche Einrichtungen; so wurde 1802 ein neues Synagogengebäude eingeweiht. Um den Bau finanzieren zu können, war ein Jahr zuvor in 28 jüdischen Gemeinden Südwestdeutschlands eine Kollekte durchgeführt worden. Bei der Einweihung durch Rabbiner Maier Wolf war auch die Fürstäbtissin Maria Maximiliana Esther von Stadion zu Tannhausen und Warthausen anwesend.

 

                         Synagoge in Kappel (Skizze)                                Zeichnungen der Synagoge u. des Thora-Schreins (D. Wallensteiner, um 1880)

Anm.: Die farbigen Zeichnungen stammen von David Wallensteiner (gest. 1938), der diese um 1875/1880 angefertigt hat (Abb. aus Privatbesitz von Menahem Shaham/Israel).

Der Rabbiner Buchaus wurde verpflichtet, einmal im Monat einen Gottesdienst in Kappel abzuhalten; so blieben die engen Beziehungen zwischen den Kappeler und Buchauer Juden bestehen. Bis 1835/1840 mussten die jüdischen Kinder die christliche Schule Buchaus besuchen; danach stand ihnen die neu eingerichtete israelitische Konfessionsschule in Kappel zur Verfügung.

Über eine „nicht alltägliche“ Auszeichnung für den jüdischen Lehrer Leopold Nathan Hofheimer (geb. 1810 in Laupheim ) wurde 1847 wie folgt berichtet:

http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20327/Kappel%20AZJ%2027091847.jpg aus: "Allgemeine Zeitung des Judentums" vom 27.Sept. 1847

Auf dem jüdischen Friedhof in (Bad) Buchau nahe Kappel - er existierte bereits lange vor der Gründung einer jüdischen Gemeinde in Kappel - fanden auch verstorbene Juden aus der unmittelbaren Region ihre letzte Ruhestätte.

 Friedhof in Bad Buchau (Aufn. Veit Feger, 2008, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)

Juden in Kappel:

         --- 1793 ...........................   12 jüdische Familien,

    --- 1807 ...........................   52 Juden,

    --- 1824 ...........................  108   “  ,

    --- 1831 ...........................  112   “  ,

    --- 1843 ...........................  155   “  (ca. 30 Familien),

    --- 1869 ...........................   63   “  ,

    --- 1886 ...........................   23   “  ,

    --- um 1900 ........................   keine.

Angaben aus: Siegfried Kullen, Spurensuche. Jüdische Gemeinden im nördlichen Oberschwaben, S. 28

 

Die jüdischen Familien lebten fast ausnahmslos in recht ärmlichen Verhältnissen. Ab den 1850er Jahren wanderten vermehrt jüdische Familien aus Kappel ab, was in relativ kurzer Zeit zu einem starken Rückgang der Zahl der Juden in Kappel führte. 1867 wurde die jüdische Schule aufgelöst; die Kinder suchten fortan die israelitische Schule in Buchau auf. Regelmäßige Gottesdienste fanden auch nicht mehr statt; nur an Feiertagen kam der Buchauer Lehrer Lazarus Bernheim nach Kappel.

Mit dem letzten Gottesdienst in der Synagoge Kappel im Mai 1873 endete auch die Geschichte der dortigen jüdischen Gemeinde; seitdem gehörten die wenigen Familien der Kultusgemeinde Buchau an.

Das Synagogengebäude wurde nach dem Wegzug fast aller jüdischen Bewohner 1882 abgerissen; ein Teil der Kultgegenstände war zuvor der Gemeinde Buchau übertragen worden. Bereits kurz nach der Jahrhundertwende lebten keine Juden mehr in Kappel.

Eine der bedeutendsten Persönlichkeiten der Kappeler Juden war der 1808 geborene Maier Hirsch Landauer. Er war einer der frühesten modernen Forscher auf dem Gebiet der Kabbala; vor seinem Tod 1841 war er kurzzeitig Rabbinatsverweser in Braunsbach.

 

[vgl. (Bad) Buchau (Baden-Württemberg)]

 

 

 

Weitere Informationen:

Paul Sauer, Die jüdischen Gemeinden in Württemberg und Hohenzollern. Denkmale - Geschichte - Schicksale, Hrg. Archivdirektion Stuttgart, Kohlhammer Verlag, Stuttgart 1966, S. 31 f.

Hans Garbelmann, Die jüdische Gemeinde in Kappel, in: "Rosch Haschana 5728 (1968)", S. 26 f.

Joseph Mohn, Kappel - das Dorf über dem Federsee. Aus der Geschichte von Stadt und Stift Buchau, Bad Buchau 1971

Joachim Hahn, Erinnerungen und Zeugnisse jüdischer Geschichte in Baden-Württemberg, Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1988, S. 124/125

Siegfried Kullen, Spurensuche. Jüdische Gemeinden im nördlichen Oberschwaben, in: "Blaubeurer Geographische Hefte", 5/1995

Charlotte Mayenberger, Moritz Vierfelder. Leben und Schicksal eines Buchauer Juden, Hgr. Landkreis Biberach - Geschichte und Kultur, Band 4, Bad Buchau 2000

Jürgen Hahn/Joachim Krüger, “Hier ist nichts anderes als Gottes Haus ...” Synagogen in Baden-Württemberg, Teilband 2: Orte und Einrichtungen, Konrad Theiss Verlag GmbH, Stuttgart 2007, S. 16 - 18

Kappel, in: alemannia-judaica.de (mit Text- u. Bilddokumenten zur jüdischen Ortshistorie)

Charlotte Mayenberger, Juden in Buchau, Hrg. Landkreis Biberach - Geschichte und Kultur, Band 8, Bad Buchau 2008