Kobern/Mosel (Rheinland-Pfalz)

Datei:Landkreis koblenz.jpg – Wikipedia Bildergebnis für ortsdienst karte mayen koblenz Kobern ist heute ein Teil der Kommune Kobern-Gondorf (im Kreis Mayen-Koblenz), die seit 2014 Sitz der Verbandsgemeinde Rhein-Mosel ist - östlich von Mayen bzw. ca. 20 Kilometer von Koblenz moselaufwärts gelegen (Ausschnitt aus hist. Karte von 1905, aus: wikipedia-org CCO  und  Kartenskizze 'Landkreis Mayen-Koblenz' ohne Karteneintrag von Kobern, aus: ortsdienst.de/rheinland-pfalz/mayen-koblenz).

 

Vermutlich haben sich Ende des 16.Jahrhunderts unter der Duldung des Erzstiftes Trier wenige jüdische Familien in Kobern niedergelassen. Ein „Judenkirchhof“ in Kobern wird erstmals 1585 erwähnt; dessen Lage ist aber heute nicht bekannt. - Auf einem Begräbnisgelände - unweit der Flurgrenze nach Gondorf - fanden seit Mitte des 19.Jahrhunderts auch Verstorbene aus den umliegenden Ortschaften Gondorf, Lehmen, Dieblich, Ober- und Niederfell ihre letzte Ruhe.

Eine „Judenschule“ - 1768 erstmals genannt - war in einem Fachwerkbau untergebracht; sie wurde Ende der 1870er Jahre durch ein neues Synagogengebäude ersetzt; dieser im Stile der Neoromanik gestaltete Bau stand am Fuße des Burgberges.

                                  Giebel des ehem. Synagogengebäudes (Aufn. J. Hahn, 2009) 

Juden in Kobern:

    --- 1808 ...........................  19 Juden,

    --- 1906 ...........................  39   “  ,

    --- 1927 ...........................  16   “  ,

    --- 1933 ...........................  15   “  ,

    --- 1941 ...........................  13   “  .

Angaben aus: Elisabeth Haas-Reck, Juden in Kobern

Blick auf Kobern, um 1900 (aus: wikipedia.org, gemeinfrei)

 

Ihren Lebensunterhalt verdienten die Juden Koberns im Kleinhandel mit Dingen des alltäglichen Bedarfs. Um 1900/1910 hatten es die jüdischen Familien zu bescheidenem Wohlstand gebracht; nur ein im Dorfe lebender Weinhändler besaß ein größeres Vermögen; einen Teil seines Immobilienvermögens vermachte er einer wohltätigen Stiftung zu Gunsten der Kommune Kobern.

Während des Novemberpogroms von 1938 wurde die Koberner Synagoge in Brand gesetzt; das Gebäude selbst blieb aber erhalten. Auch die Häuser der jüdischen Dorfbewohner waren Ziel gewalttätiger Übergriffe. Im Laufe der Jahres 1942 wurden die letzten Koberner Juden deportiert; von den 13 betroffenen Personen überlebten nur zwei den Holocaust.

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem und des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden ..." wurden nachweislich 27 gebürtige bzw. längere Zeit am Ort ansässig gewesene Juden aus Kobern Opfer des Holocaust; aus dem Ortsteil Gondorf waren sieben jüdische Bewohner Opfer der NS-Herrschaft geworden. Das Dorf Lehmen zählte neun jüdische Bewohner, die verfolgt und ermordet wurden (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/kobern_synagoge.htm).

 

An dem Hause, in dem sich erste Betraum befand, erinnert heute eine Inschrift (siehe Abb.).

Aufn. J. Hahn, 2009

Das Synagogengebäude, das die Inbrandsetzung äußerlich fast unversehrt überstand, wurde später vom neuen Besitzer zu einem Wohnhaus umgebaut.

Ehem. (neues) Synagogengebäude (Aufn. J. Hahn, 2009)  http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20229/Kobern%20Synagoge%20181.jpg

Der Friedhof in der Obermarktstraße - Gemarkung Gondorf - besitzt heute noch ca. 65 Grabsteine.

http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20229/Kobern%20Friedhof%20170.jpg

Eingangstor und Friedhofsgelände Gondorf (Aufn. J. Hahn, 2009 und GFreihalter, 2010, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)

In jüngster Vergangenheit wurden in Kobern - initiiert von Schüler/innen der Realschule und der FOS Untermosel - 18 sog. „Stolpersteine“ verlegt; allein acht Steine vor ihrem ehemaligen Wohn- u. Geschäftshaus sind Angehörigen der Familie Koppel gewidmet. Fünf weitere messingfarbene Gedenkquader wurden 'Im Mühlgraben' für Angehörige der Familie Grünewald Anfang 2022 verlegt.

Seit 2023 informiert eine Gedenktafel in der Marktstraße über die ehemalige jüdische Gemeinde.

 

 

 

Nahe Kobern liegt die Ortschaft Dieblich, in der es während des 19.Jahrhunderts auch eine kleine jüdische Gemeinschaft gab; Ende des 19.Jahrhunderts betrug die Zahl ihrer Angehörigen ca. 40 Personen. Suchten die Juden Dieblichs anfänglich die Synagoge in Brodenbach auf, so richteten sie Anfang der 1820er Jahre einen eigenen Betraum ein, den zeitweise auch Juden aus Niederfell nutzten.

https://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20210/Dieblich%20Israelit%2025081902.jpg Kleinanzeige aus "Der Israelit" vom 25.8.1902

Zu Beginn der 1930er Jahre lebten noch ca. 20 jüdische Personen in Dieblich; in den folgenden Jahren verließ ein Teil auf Grund der Folgen des Wirtschaftsboykotts und der Repressalien den Ort und verzog in größere Städte bzw. ging in die Emigration. 

Im Bethaus fanden bis November 1938 Gottesdienste statt, ehe es von NS-Sympathisanten demoliert wurde. Nachweislich wurden zwölf jüdische Einwohner Dieblichs Opfer der Shoa (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/dieblich_synagoge.htm).

 

 

In Lehmen – moselabwärts von Kobern-Gondorf – sind seit jüngster Zeit Bestrebungen zu verzeichnen, an die in der NS-Zeit vertriebenen und ermordeten jüdischen Bewohner mit der Aufstellung eines Gedenksteines (oder eines Reliefs) auf dem Razejungeplatz zu erinnern. Angedacht ist eine Plastik in Form eines Rebstocks, die den Lehmener Familien mosaischen Glaubens gewidmet ist.

Initiiert wurde das Vorhaben als Folge einer Recherche nach den Nachfahren der jüdischen Familie Feiner, die im Sommer 1942 deportiert und ermordet worden war.

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des „Gedenkbuches – Opfer der Verfolgung der Juden ...“ sind zehn gebürtige bzw. längere Zeit am Ort lebende jüdische Bewohner Opfer der NS-Herrschaft geworden.

 

 

 

Weitere Informationen:

Elisabeth Haas-Reck, Juden in Kobern, in: Ortsgemeinde Kobern-Gondorf (Hrg.), Kobern-Gondorf. Von der Vergangenheit zur Gegenwart, Kobern-Gondorf 1980, S. 245 – 247

Anja Schellhaas, Das Schicksal der jüdischen Bevölkerung des Moselortes Dieblich zur Zeit des Nationalsozialismus, Facharbeit im Fach Geschichte, Görres-Gymnasium Koblenz 1989

Josef May, Die Vertreibung deutscher Juden aus Alken, Brodenbach, Burgen, Dieblich, Gondorf, Hatzenport, Kobern, Lehmen, Löf und Niederfell, in: Volkshochschule Unteremosel (Hrg.), Mosel-Kiesel, Kobern-Gondorf 1/1998, S. 163 – 181

Helga Schmidt/Anette Schröter, Jüdisches Leben an der Untermosel. Eine Dokumentation der 9.Schuljahre der Regionalen Schule Untermosel, Kobern-Gondorf 2001

Cäcilie Bongers, Der jüdische Friedhof in Kobern-Gondorf - Zeuge und Mahnung, in: "Moselkiesel", Bd. 3, S. 167 -1 78, Volkshochschule Untermosel 2002

Stefan Fischbach/Ingrid Westerhoff (Bearb.), “ ... und dies ist die Pforte des Himmels “. Synagogen. Rheinland-Pfalz Saarland, Hrg. Landesamt für Denkmalpflege, Mainz 2005, S. 135/136 (Dieblich) und S. 214 (Kobern-Gondorf)

Kobern, in: alemannia-judaica.de

Dieblich, in: alemannia-judaica.de

Daniela Tobias (Bearb.), Familie Salomon Gärtner, Kobern-Gondorf – Familiengeschichten aus dem Rheinland, online abrufbar unter: tobiasherz.de

Uwe Petersen (Red.), Ein Stein – ein Name – ein Mensch, in: „Rhein-Mosel-Media“ vom 15.3.2016

Uwe Petersen (Red.), Stolpersteinverlegung für Familie Wolff aus Kobern-Gondorf, in: „Blick Aktuell“ vom 23.10.2019

SWR (Red.), Weshalb eine Familie aus Lehmen 80 Jahre lang Geschirr aufbewahrte, in: SWR-Fernsehen – Landesschau Rheinland-Pfalz“ vom 16.6.2021

Erwin Siebenborn (Red.), Stolpersteine erinern an Familie Grünewald - Gunter Demnig verlegt fünf Messingtafeln in Kobern-Gondorf, in: "Rhein-Zeitung" vom 7.2.2022

N.N. (Red.), Gedenktafel für jüdische Gemeinde, in: „Blick aktuell“ vom 11.1.2023

Stefan Pauly (Red.), Gegen das Vergessen, in: „Wochenspiegel“ vom 3.2.2023

Ulrich Offerhaus, „Aber sie kamen nicht zurück" – Jüdische Familien in Lehmen an der Mosel, Hrg. Ortsgemeinde Lehmen, 2023 (betr. Jüdische Familie Feiner aus Lehmen)

Bruno Nonninger (Red.), Ein Versprechen von 1942 führt zu neuer Ortschronhik in Lehmen, in: SWR Aktuell vom 20.3.2023

Stefanie Braun (Red.), Jüdische Familien in Lehmen: Krippenbauer will Erlös für Gedenkstein spenden, in: „Rhein-Zeitung“ vom 18.12.2023